FAQ

: Druck durch Wirtschaftssanktionen auf Iran?

von Katja Belousova
22.04.2024 | 13:54 Uhr
Immer wieder heißt es, Deutschland sei der wichtigste EU-Handelspartner Teherans. Doch wie groß ist das Handelsvolumen? Und welchen Einfluss hat Deutschland auf Iran?
Deutschlands Handel mit dem Iran ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen.Quelle: AFP
Als Reaktion auf die iranischen Angriffe gegen Israel beraten die Außenminister der Europäischen Union an diesem Montag über weitere Iran-Sanktionen. Dabei steht auch die deutsche Wirtschaft im Fokus. Denn Deutschland ist, als größte europäische Handelsnation, auch der wichtigste EU-Handelspartner Teherans.
Wie viel exportiert Deutschland aktuell in das autoritäre Land? Und können weitere wirtschaftliche Sanktionen der EU den Druck auf das iranische Mullah-Regime erhöhen?

Neben Raketen und Drohnen des Iran ist die größte Bedrohung für die Existenz Israels vor allem das Atomprogramm der Mullahs. Wie groß ist die Gefahr einer nuklearen Eskalation?

21.04.2024 | 03:18 min

Wo liegt Iran im Handelspartner-Vergleich?

Daten des Statistischen Bundesamts zeigen: Mit Blick auf Deutschlands wichtigste Export-Partner lag der Iran im Jahr 2023 auf Rang 66 - hinter anderen Autokratien wie Russland, Belarus oder Saudi-Arabien. Bei den Importen belegte der Iran Platz 93.
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EU-weit war Deutschland laut eines Berichts der "Teheran Times" wichtigster Handelspartner des Iran, dahinter folgen Italien und die Niederlande. Das Ranking verwundert nicht: Immerhin ist Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts größter EU-Exporteur - vor den Niederlanden und Italien.

Wie viel wurde exportiert und importiert?

Die Daten zeigen auch: Der Handel mit dem Iran war, bedingt durch Sanktionen, in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Schwankungen unterlegen. Seit 2005 nimmt der Wert der in den Iran exportierten Waren aber stetig ab. Während Deutschland in dem Jahr noch Waren im Wert von fast 4,4 Milliarden Euro in das Land exportierte, betrug dieser Wert vergangenes Jahr etwa 1,2 Milliarden.
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Ähnlich verhält es sich mit den Importen. 2023 importierte Deutschland Waren im Wert von 245 Millionen Euro aus dem Iran - 2010 war der Wert mit 918 Millionen fast viermal so hoch gewesen.
Aussagekräftige Daten für 2024 liegen bislang nicht vor. Die Auswertung des Januars und Februars zeigt laut Statistischem Bundesamt jedoch, dass deutsche Exporte in den Iran gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 22,1 Prozent gestiegen und Importe aus dem Iran um 13,1 Prozent gesunken sind.

Nach dem Angriff auf Israel wurden auf dem EU-Gipfel in Brüssel schärfere Sanktionen gegen Iran beschlossen.

18.04.2024 | 00:21 min

Welche Güter werden gehandelt?

Exportiert wurden dabei vor allem:
  • Maschinen
  • pharmazeutische Erzeugnisse
  • chemische Erzeugnisse
Importiert werden hauptsächlich:
  • Nahrungsmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse
  • Textilien

Wie wichtig ist der Handelspartner Iran?

Die Bedeutung des Handelspartners Iran für Deutschland ist vor dem Hintergrund dieser Zahlen überschaubar. Sascha Lohmann, Sanktionsexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, sagt gegenüber ZDFheute:
Für die deutsche Außenhandelsbilanz spielt der iranische Absatzmarkt keine bedeutende Rolle.
Sascha Lohmann, Stiftung Wissenschaft und Politik
Umgekehrt seien deutsche Ausfuhren aber teilweise von großer Bedeutung für die iranische Wirtschaft und Gesellschaft, erklärt Lohmann. "Insbesondere bei der medizinischen Versorgung im Bereich zur Diagnostik und Behandlung bestimmter Krankheiten."

Der Politikwissenschaftler Christian von Soest hält die Auswirkung möglicher neuen Sanktionen gegen Iran für „begrenzt“. Die Aussicht auf einen Kurswechsel sei „sehr gering“.

17.04.2024 | 06:00 min

Welche Mittel haben Deutschland und die EU?

"Mit der Verlängerung der EU-Wirtschaftssanktionen im Oktober vergangenen Jahres, die unter dem Atomabkommen eigentlich hätten beendet werden sollen, hat Deutschland bzw. die EU das wirtschaftliche Druckpotential bereits weitgehend ausgeschöpft", sagt Sascha Lohmann.
Iran-Experte Cornelius Adebahr von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) gibt gleichzeitig zu bedenken, dass das Handelsvolumen alleine kein Indikator für oder gegen eine Unterstützung der Islamischen Republik sei. Wer das mache, verkenne die Bedeutung von Wirtschaft über rein politische Zwecke hinaus.
Und will womöglich über den Druck auf die Bevölkerung einen Regimewechsel herbeiführen.
Cornelius Adebahr, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

"Sanktionen sind die diplomatischste und stärkste Lösung, die wir haben", so Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel über die Möglichkeiten in Nahost. Wenn man "Iran weiter isoliert und zeigt, dass sie nicht stärker werden, ist es ein Gewinn für uns alle."

16.04.2024 | 06:33 min
Wichtiger als Handelssanktionen seien Exportkontrollen und Sanktionen im Bereich militärisch nutzbarer Technologie - also sogenannter Dual-use-Güter. Und politische Verhandlungen in der Region.
So richtig solche von der EU beschlossenen Maßnahmen auch sind, können sie jedoch nicht die bestehenden Grundkonflikte lösen.
Cornelius Adebahr, DGAP
Zu diesen Grundkonflikten gehören laut Adebahr:
  • das iranische Nuklearprogramm - "für das eine wirksame diplomatische Lösung bestand, bis die USA den Deal 2018 aufkündigten",
  • die iranische Unterstützung für militante und terroristische Gruppen in der Region,
  • die neuerlich aufgeflammte direkte Konfrontation mit Israel.
Hier solle sich Deutschland gemeinsam mit seinen europäischen Verbündeten und den USA für eine regionale Sicherheitslösung einsetzen.
Mehr zur Lage im Nahen Osten lesen Sie in unserem Liveblog:
Hinweis: Im Beitrag war der Wert der Importe aus dem Iran nach Deutschland fälschlicher Weise mit 918 Milliarden Euro angegeben, es handelt sich aber um Millionen. Die Angabe wurde korrigiert.

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