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FAQ

: Nahost-Eskalation: Wer hat welches Interesse?

von Jenifer Girke
14.04.2024 | 22:02 Uhr
Nach Irans Angriff ist die Frage: Wie wird Israel reagieren? Wird die Situation eskalieren? Nicht nur ein Player in der Krisen-Region hätte daran Interesse - ein Überblick.

Der Iran hat Israel erstmals direkt angegriffen.

14.04.2024 | 01:47 min
Nach dem Angriff auf Israel durch den Iran ist die internationale Sorge groß, dass der Konflikt in Nahost weiter eskalieren könnte. Israel wird wohl reagieren - aber wie und wie heftig? Davon hängt auch ab, ob es vielleicht sogar einen Krieg in der Region geben könnte. Wenn es zwischen den beiden Erzfeinden Israel und Iran weiter eskaliert, könnte das Vorteile für andere Staaten und Gruppierungen haben, da ist sich der Nahost-Experte Gil Yaron sicher.

Man habe in Teheran "die Operation für beendet" erklärt, so ZDF-Korrespondentin Phoebe Gaa in Teheran. Das sei aber "immer verbunden mit einer Drohung."

15.04.2024 | 02:29 min

Wer steht in der Region hinter Iran, wer hinter Israel?

Sowohl Iran als auch Israel haben regionale Partner: Seitens des Iran vor allem die Hisbollah im Libanon, pro-iranische Milizen in Syrien und im Irak, die Huthi-Rebellen im Jemen - sowie weitere Kräfte wie die Hamas, vorrangig im Gazastreifen. Dazukommen internationale Unterstützer, besonders Russland.
Dem gegenüber stehen Israels Verbündete in der Region, die sich vor Irans Absichten fürchten, so der Nahost-Experte Gil Yaron im ZDF-Interview: "Das sind die moderaten, pragmatischen, sunnitischen arabischen Regime. Angefangen mit Ägypten, weiter mit Jordanien, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten. Genau den Regimen, die Angst haben vor den revolutionären Bestrebungen des Iran." Wichtigster internationaler Partner sind die USA, gefolgt von Staaten wie Großbritannien, Frankreich, Deutschland.

Gil Yaron ...

Quelle: ZDF
... ist Leiter des Büros des Landes NRW für Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Jugend und Kultur in Tel Aviv. Yaron kam 1973 als Sohn deutschstämmiger Israelis in Haifa zur Welt und wuchs in Düsseldorf auf. Nach einem Studienaufenthalt in den USA kehrte Gil Yaron nach Israel zurück, um in Jerusalem an der Hebrew University Medizin zu studieren. Bis zu seiner Promotion 2006 forschte und veröffentliche er zudem im Feld der Molekularbiologie.

 

Yaron studierte Arabisch und Politik in Givat Haviva und an der Hebräischen Universität und schrieb für eine Vielzahl hebräischer, deutsch- und englischsprachiger Medien, zuletzt als Israel-Korrespondent.

(Quelle: NRW Infopunkt Israel)

Wie wird Israel reagieren?

Wie es jetzt weitergeht, hänge primär von Israel ab, so Yaron. Das Land müsse abwägen: Auf der einen Seite habe es nun einen "großen diplomatischen Vorteil". Denn bis Samstagnacht sei es isoliert gewesen, die Kritik an Benjamin Netanjahus Vorgehen im Gazastreifen wurde in letzter Zeit zunehmend lauter, sein wichtigster Verbündeter - die USA - hatten bereits gedroht, Unterstützung zu reduzieren, würde Netanjahu seine Rafah-Offensive nicht unterlassen.
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"Jetzt aufgrund der Angriffe und auch der relativ ineffizienten Angriffe [Irans] ist Israel wieder inmitten der westlichen Welt angekommen", erklärt Yaron. Nun stehe nicht mehr Jerusalem, sondern Teheran am Pranger. Andererseits habe man in Israel "Angst, dass auch andere sich ein Beispiel daran nehmen, dass man Israel ungestraft beschießen darf, wenn man nur ein Raketenarsenal hat, das groß genug ist."

"De facto führt Israel schon seit mehr als sechs Monaten einen Zwei-Fronten-Krieg", berichtet ZDF-Reporterin Anne Brühl in Tel Aviv. Eine „weitere Eskalation mit dem Iran“ werde im Land mit Sorge gesehen.

15.04.2024 | 02:26 min
Israel will also Stärke beweisen, um sich zu schützen - aber wie viel Stärke und in welcher Form? Der Iran indessen feiert seinen Angriff und lässt ausrichten: Teheran habe kein Interesse, seinen Einsatz fortzuführen, wenn Israel stillhält.

Man müsse eine "Terrorlistung der Revolutionsgarden im Iran vornehmen", so der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), und "in der Sanktionspolitik eine stärkere Gangart wählen".

15.04.2024 | 06:01 min

Wer in der Region hat an einer Eskalation Interesse?

Wer also würde von einer Eskalation profitieren? Die Antwort des Nahost-Experten ist deutlich: "Die Hamas hat ein defintives Interesse an einer Eskalation: Je mehr Israel an anderen Fronten beschäftigt ist, desto weniger Soldaten und Aufmerksamkeit kann es dem eigentlichen Kriegsziel widmen, nämlich die Hamas auszuschalten."
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Wer hat außerhalb der Region an einer Eskalation Interesse?

Doch auch Player außerhalb der Region spielen - laut Yaron - eine wichtige Rolle: "Russland könnte auch ein Interesse an einer Eskalation im Nahen Osten haben - denn je mehr die Amerikaner hier beschäftigt sind, desto weniger können sie die Ukraine unterstützen. Und natürlich hat auch China ein Interesse daran, dass die Amerikaner anderweitig angebunden werden und immer weniger Fuß fassen können in der Region."

Das israelische Kriegskabinett hat nach den iranischen Angriffen noch keine Entscheidung getroffen, wie es weiter vorgeht. Wie das zu deuten ist, berichtet Anne Brühl aus Tel Aviv.

15.04.2024 | 00:50 min
Dass Israel zurückschlägt, sei also durchaus wahrscheinlich, so der Nahost-Experte. Aber wie - ob militärisch oder etwa durch einen Cyberangriff, wo - ob im Iran oder einem iranischen Partnerland - und wann, sei noch unklar. Ebenso, welche Folgen diese Reaktion in der Region und darüberhinaus auslösen würde.
Jenifer Girke ist Reporterin und Redakteurin im "ZDF auslandsjournal”.

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