: Deutschland stößt weniger Treibhausgase aus

10.08.2023 | 11:09 Uhr
Nach ersten Berechnungen stößt Deutschland im ersten Halbjahr weniger Treibhausgase aus. Die Energiewende schreite trotzdem zu langsam voran, so die Denkfabrik Agora Energiewende.
Deutschland hat im ersten Halbjahr nach Berechnungen weniger Treibhausgase ausgestoßen. (Archivbild)Quelle: dpa
Der Ausstoß von Treibhausgasen ist nach Schätzungen der Denkfabrik Agora Energiewende im ersten Halbjahr um neun Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. 340 Millionen Tonnen an CO2-Äquivalenten hat Deutschland demnach zwischen Januar und Juni ausgestoßen. Nach 374 Millionen Tonnen im ersten Halbjahr des Vorjahres.
Agora stützt sich dabei auf Daten des Umweltbundesamts und der AG Energiebilanzen. Zur besseren Vergleichbarkeit werden andere Treibhausgase in CO2-Äquivalente umgerechnet, Maßstab ist ihr jeweiliger Beitrag zur Erderwärmung im Vergleich zu Kohlendioxid.

Denkfabrik: Energiewende kommt zu langsam

Im zweiten Halbjahr 2022 stieß Deutschland den Angaben zufolge noch 372 Millionen Tonnen klimaschädlicher Gase aus. "Das ist kein Grund zur Freude", warnte der Deutschland-Direktor von Agora Energiewende, Simon Müller, mit Blick auf den sinkenden Ausstoß von Treibhausgasen. "Denn hinter dem Emissionsrückgang steckt nicht der strukturelle Umbau, den wir brauchen."
Der Ausbau der Windenergie geht immer noch viel zu langsam voran und das Gebäudeenergiegesetz reicht nicht aus, um die Klimaziele im Gebäudebereich zu erreichen.
Simon Müller, Deutschland-Direktor von Agora Energiewende

Treibhausgas-Rückgang durch Sparmaßnahmen

Der Rückgang sei einerseits auf die hohen Preise für Erdgas und Strom zurückzuführen, was insbesondere in der energieintensiven Industrie zu Produktionsrückgängen geführt habe, sagte Müller. Zweitens sei durch eine entspanntere Situation auf dem europäischen Strommarkt in Deutschland vor allem die Kohleverstromung zurückgegangen.
Wie CO2 den Treibhauseffekt verursacht und wie man das nachweisen kann - erklärt im Video:

18.10.2019 | 03:38 min
Müller merkte aber auch an: "Durch den Rückgang der Emissionen rücken unsere Klimaziele für das Jahr 2030 wieder ein Stück näher." Bis dahin will Deutschland seinen Ausstoß an Treibhausgasen um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 senken.
Nachfrage nach Wärmepumpen sinkt:

Die Nachfrage nach Wärmepumpen ist im ersten Halbjahr zurückgegangen. Es seien deutlich weniger Förderanträge als noch im Vorjahreszeitraum gestellt worden, so Medienberichten.

08.08.2023 | 00:24 min
"Diese Chance sollten wir nutzen. Indem wir zum Beispiel die Genehmigungsverfahren für Windräder an Land beschleunigen, bei den Förderbedingungen für Wärmepumpen Klarheit schaffen und die Rahmenbedingungen für klimaneutrale Fernwärme verbessern."

Die Denkfabrik Agora Energiewende ...

... bezeichnet sich als "unabhängiges Denk- und Politiklabor", welches sich den Klima- und Energiezielen verschrieben habe. Zu den Bereichen "Strom, Wärme und Industrie" möchte die Denkfabrik "wissenschaftlich fundierte und politisch umsetzbare Wege" erarbeiten, schreibt der Thinktank auf seiner Website.

Quelle: Agora Energiewende

So finanziert sich die Denkfabrik

Agora Energiewende verfügte nach eigenen Angaben im Jahr 2021 über ein Gesamtbudget von ca. 14,99 Millionen Euro. Davon stammten etwa 83 Prozent aus Spenden privater Stiftungen, heißt es auf der Website. 16 Prozent stammten von staatlichen Zuwendungen.

Quelle: Agora Energiewende

Agora Energiewende und die Graichen-Affäre

Die Denkfabrik Agora Energiewende wurde auch im Zuge der "Trauzeugen-Affäre" um Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seinen Energie-Staatssekretär Patrick Graichen bekannt. Der Thinktank ist ein ehemaliger Arbeitgeber Graichens.

Das Bundeswirtschaftsministerium veröffentliche im Zuge der Kritik Details zu finanziellen Zuwendungen an Interessensgruppen. Demnach entfielen auf die Denkfabrik Agora Energiewende seit 2018 Zuwendungen in Höhe von rund acht Millionen Euro, teilte das Ministerium mit.

Quelle: dpa, Reuters

Klimaneutralität bedeutet, dass nicht mehr klimaschädliche Gase ausgestoßen werden als auch wieder gebunden werden können.

Thinktank fordert Industriestrompreis

Müller plädierte wie auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für einen vergünstigten Industriestrompreis, allerdings nur für die energieintensivsten Unternehmen. "Denn wenn wir nichts tun, ist eine Abwanderung von Teilen der Industrie zu fürchten." Die Maßnahme solle dem Land Zeit verschaffen für den nötigen Wandel.
"Deshalb ist es wichtig, den Industriestrompreis zeitlich zu begrenzen und auf die energieintensivste Industrie zu fokussieren - das bedeutet, einen Gesamtverbrauch von 50 Terrawattstunden zu subventionieren."
Dies solle die Zeit überbrücken, bis in Deutschland deutlich mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt werden kann.
"Gleichzeitig gilt es in der Industrie den Verbrauch von Energie und Ressourcen zu senken, etwa durch mehr Effizienz und Recycling", so Müller. "Wir können uns auch über Kreislaufwirtschaft und innovative Produkte Wettbewerbsfähigkeit sichern."
Quelle: dpa

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