: Metallindustrie vor schwieriger Tarifrunde

von Mischa Ehrhardt
11.09.2024 | 10:28 Uhr
In der Metallindustrie ist bei Konzernen wie Thyssenkrupp oder VW einiges los. Nun beginnt die Tarifrunde für die Branche. Die wird zum 75. Geburtstag der IG Metall schwierig.

Die IG Metall will ihre Forderung von sieben Prozent mehr Lohn in der Metall- und Elektroindustrie notfalls mit unbefristeten Streiks durchsetzen.

11.09.2024 | 01:13 min
Vertreter der IG Metall haben gerade alle Hände voll zu tun. In Duisburg ist der Konflikt um die Zukunft des Stahlkochers Thyssenkrupp Steel eskaliert. Volkswagen droht mit Werksschließungen und Kündigungen. Und die Wirtschaft dümpelt vor sich hin, es fehlt der Industrie an Aufträgen.

"Samstags gehört Vati mir!" - 75 Jahre IG Metall

In dieser Lage steht ab Mittwoch eine neue Tarifrunde für die 3,9 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie an. Am Verhandlungstisch fordert die IG Metall 7 Prozent mehr Lohn. "Wir haben noch viele Unternehmen mit guter Auftragslage", argumentiert Jürgen Kerner gegenüber ZDFheute. Er ist Vize-Chef der Metallergewerkschaft.
Durch die Inflation in den letzten Jahren fehlt den Beschäftigten Geld im Geldbeutel. Schließlich können wir mit dieser Forderung die Binnennachfrage auch wieder ankurbeln.
Jürgen Kerner, Vize-Chef der IG Metall
Seit der Gründung in ihrer heutigen Form vor 75 Jahren kämpft die IG Metall für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld. In den Anfängen der Nachkriegszeit stand vor allem mehr Freizeit im Fokus. Fünf statt sechs Tage Arbeit ist nach ihrer Neugründung eine der wichtigsten Forderungen der Gewerkschaft.
"Samstags gehört Vati mir", heißt es von kindlicher Stimme in einem Fernseh-Werbespot der IG Metall damals. Der freie Samstag wird einer der großen Erfolge der IG Metall sein. Doch blieben die Gewerkschafter hier nicht stehen.

Die IG Metall hat ihre Tarifforderung für die deutsche Metall- und Elektroindustrie auf sieben Prozent mehr Geld festgelegt. Valerie Haller berichtet.

09.07.2024 | 01:06 min

Einheitsgewerkschaft für alle

"Warum sollte die 40-Stunden-Woche eine gottgewollte Ordnung sein?", fragt etwa das IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans Janßen im Jahr 1983. "Mehr freie Zeit ist ein besseres Leben. Und schlimm ist es auch nicht, wenn der berufstätige Arbeitnehmer sich in jüngeren Jahren ein wenig mehr um Familie und Kinder kümmern kann. Auch das wird unserer Gesellschaft zugutekommen". Die 35-Stunden-Woche schließlich kam in der Metall- und Elektroindustrie im Jahr 1995.
Im Jahr 75 nach ihrer Gründung verzichtet die nach Mitgliedern größte Gewerkschaft in Deutschland auf eine offizielle Feier. Denn die Anfänge der Gewerkschaft reichen ins deutsche Kaiserreich hinein, wo 1891 mit dem deutschen Metallarbeiterverband der Vorläufer der IG Metall gegründet wurde. Es folgten Weltwirtschaftskrise, Weltkriege und die Gleichschaltung der Gewerkschaften unter der Nazi-Diktatur, bevor die Gewerkschaft sich 1949 neu formierte.

Er prägte maßgeblich die Gewerkschaft: IG-Metall-Chef Otto Brenner kämpfte zwei Jahrzehnte für Arbeitnehmerrechte.

15.05.1963 | 45:20 min
Seither bestimmt sie, die größte Industriegewerkschaft, als Mitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) die Tarifpolitik für die Metall- und Elektroindustrie. Als Einheitsgewerkschaft vertritt die IG Metall dabei die Interessen von Arbeitnehmern aller politischen oder religiösen Couleur.
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Arbeitgeber halten aktuelle Lohnforderung für unrealistisch

In jüngster Zeit sind es die Themen Digitalisierung und Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft, die die IG-Metall mitgestalten will. Prägend seit vergangenen Oktober die mittlerweile erste Frau an der Spitze der bis dato ausschließlich von Männern angeführten Gewerkschaft: Christiane Benner. Ihr Motto in Zeiten des Umbruchs: Groß denken und im Kleinen handeln und mitbestimmen.

IG Metall-Chefin Benner kritisiert die schlechten Rahmenbedingungen für Unternehmen in Deutschland und fordert Entlastungen bei Energiekosten sowie Investitionen in Infrastruktur.

21.04.2024 | 04:25 min
"Wir haben ja auch Investitionen in sogenannte Zukunftsbranchen wie Batterie, Halbleiter oder Kreislaufwirtschaft", sagte sie unlängst in Frankfurt. "Da sehen wir große Chancen in der Industrie. Jetzt geht es darum, dass wir diese Firmen organisieren und Tarifbindung herstellen".
Aktuell liegt der Fokus der Gewerkschaft aber natürlich auf der anstehenden Tarifrunde. Da haben sich einige Vertreter der Arbeitgeberseite bereits zu Wort gemeldet. Die seit 30 Jahren dritthöchste Forderung der IG Metall von 7 Prozent sei völlig unrealistisch und überfordere die Unternehmen der Industrie.
Solche Widersprüche sind Teil des Austarierens von Interessen in der Tarifautonomie zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern. Vor dem Hintergrund der Konflikte bei Thyssenkrupp und Volkswagen aber ist klar: Eine Lösung in der Tarifauseinandersetzung der Metaller wird nicht einfach zu finden sein.

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Quelle: ZDF
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