: Kein Appetit mehr auf HelloFresh

von Sina Mainitz
08.03.2024 | 16:37 Uhr
Die Aktie des Lebensmittel-Lieferdienstes HelloFresh bricht um 48 Prozent ein. Der erwartete Milliardengewinn rückt in weite Ferne.
Die Aktie von HelloFresh stürzt ab und mit ihr rauscht der M-Dax in den Keller.Quelle: dpa
Es klingt alles so lecker! HelloFresh liefert Kochboxen nach Hause, appetitlich verpackt sind die Zutaten und in der heimischen Küche bereitet man sich mit dem mitgelieferten Rezept sein leckeres Mahl zu.
In Corona-Zeiten, als Cafés und Restaurants geschlossen hatten, brachte HelloFresh einen Hauch von Restaurant-Flair an den heimischen Herd. Das Berliner Unternehmen machte einst satte Gewinne. Zwischenzeitlich lief es so gut, dass HelloFresh vor eineinhalb Jahren noch im Dax gelistet war.
Abgestiegen in den M-Dax, hat das Unternehmen an diesem Freitag zum wiederholten Male seine Ziele gekappt. Der M-Dax für mittelständische Unternehmen rauschte mit in den Keller.

Kerngeschäft von HelloFresh mit Kochboxen schwächelt

Die Wachstumsaussichten von HelloFresh sind bescheiden. Während der Corona-Pandemie erlebten die Berliner mit ihren Kochboxen einen Höhenflug, nun haben sie sich von ihrem Ziel verabschiedet, im nächsten Jahr auf zehn Milliarden Euro Umsatz und einen operativen Milliardengewinn zu kommen. Das sei "unwahrscheinlich", sagt der Vorstand.
Das Kerngeschäft mit Kochboxen brach um fast zehn Prozent ein, hingegen konnte das Geschäft mit Fertigmahlzeiten um fast 50 Prozent zulegen. Doch ist letzteres bisher deutlich weniger lukrativ. Für das laufende Jahr rechnet der HelloFresh-Vorstand daher mit einem weiteren operativen Gewinnrückgang auf 350 bis 400 Millionen Euro, bei einem Umsatzwachstum von zwei bis acht Prozent.
"Nach Corona sind wir immer noch in einem großen Normalisierungsprozess", sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt bei der Deka-Bank.
Bei allen Unternehmen findet sich gerade die Nachfrage zu einem neuen Normal.
Ulrich Kater, Chefvolkswirt Deka-Bank

HelloFresh fährt US-Märkte hoch

Weil das Geschäft mit Fertigmahlzeiten nach wie vor wächst, fährt HelloFresh vor allem die Märkte in den USA hoch. Doch das kostet viel Geld, das vor allem in Werbung und den Ausbau der Produktion fließt. Deshalb rechnet HelloFresh für das laufende Jahr mit einem Rückgang des operativen Gewinns.
Damit schockt heute das Unternehmen die Aktionäre zum zweiten Mal nach der Gewinnwarnung im Herbst. Die Aktie verlor fast die Hälfte ihres Wertes und kostet gerade mal noch etwas mehr als sechs Euro. So preiswert war sie seit mehr als fünf Jahren nicht mehr.
"Die Corona-Schocks klingen langsam ab, aber die Schatten reichen noch lange nach", so Volkswirt Kater von der Deka-Bank.
Das Stresswasser fließt erst langsam ab. Wir befinden uns 2023 und 2024 in Übergangsjahren.
Ulrich Kater, Chefvolkswirt Deka-Bank

HelloFresh-Aktie verliert über 80 Prozent binnen eines halben Jahres

Aber auch für kommendes Jahr besteht bei HelloFresh konzernintern wenig Hoffnung, dass es wirtschaftlich steil bergauf gehen könnte.

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Der jüngste Kursverlust ist bitter: Das 48-prozentige Minus von diesem Freitag bedeutet: HelloFresh ist an der Börse nur noch 1,1 Milliarden Euro wert und damit 900 Millionen weniger als am Donnerstag. Binnen eines halben Jahres hat die Aktie mehr als 80 Prozent ihres Wertes verloren.

Mangelndes Vertrauen in HelloFresh-Führung

Als Grund für den enormen Kursverlust wird von Börsenexperten vor allem mangelndes Vertrauen in die HelloFresh-Führung genannt. Ihr gelang es offenbar nicht, Investoren die genauen, wirtschaftlichen Ziele zu vermitteln. Unsicherheit mag die Börse gar nicht.
"Wer als Anleger in das fallende Messer greifen will, sollte wirklich viel Appetit auf Kochboxen und Risiko mitbringen", kommentiert Jürgen Molnar von RoboMarkets. Den meisten Kunden scheint aber das Fertiggericht oder das Restaurant lieber zu sein als das Risiko - oder man kocht ganz klassisch ohne Kochbox.
Sina Mainitz ist Redakteurin und Moderatorin im ZDF-Börsenstudio in Frankfurt.

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