: Trotz Rom: Bischöfe bleiben auf Reformkurs

von Jürgen Erbacher
02.03.2023 | 15:35 Uhr
Trotz Gegenwind aus Rom und gegen eine kleine Gruppe von Gegnern in den eigenen Reihen, will die Mehrheit der Bischöfe Reformen in der Sexualmoral und bei der Rolle der Frauen.
In Dresden ist am Donnerstag die Vollversammlung der katholischen Bischöfe zu Ende gegangen.Quelle: dpa
Intensiv und kontrovers haben die Bischöfe in Dresden bei ihrer Frühjahrsvollversammlung über den Reformkurs der katholischen Kirche in Deutschland diskutiert. Zu Beginn hatte der Vertreter des Papstes, Erzbischof Nicola Eterovic, noch einmal Grenzen aufgezeigt. Der Weihe von Frauen erteilte er ebenso eine Absage wie dem von den Bischöfen zusammen mit den Laien geplanten Synodalen Rat.
Der Nuntius erinnerte an die vergangenen Interventionen des Vatikans gegen zentrale Reformanliegen der Deutschen.

Bätzing: Mehrheit der Bischöfe steht hinter Reformen

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, machte zum Abschluss der Vollversammlung deutlich, dass die Bischöfe die Bedenken aus Rom ernst nähmen, in der großen Mehrheit aber an dem eingeschlagenen Weg festhalten wollen. Zum Abschluss der Beratungen erklärte Bätzing:
Die breite Mehrheit der Bischöfe steht hinter den Reformanliegen des Synodalen Weges und strebt nachhaltige Veränderungen an.
Georg Bätzing, Vorsitzender der Bischofskonferenz

Besonders kontrovers diskutiert: Rolle von Frauen in der Kirche

Als Beispiele nannte er die Sexualethik sowie die Frage, "Frauen mehr Raum zu Mitgestaltung, Mitverantwortung und Entscheidung zu eröffnen". Allerdings gab es gerade bei diesen Themen großen Abstimmungsbedarf unter den Bischöfen.
In einem eigenen Studientag beschäftigten sie sich mit der Frage des Zugangs von Frauen zu allen Ämtern der Kirche, also auch dem Weiheamt, sowie die Möglichkeit der Predigt für Frauen in der Messfeier. Auch die Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften wurde diskutiert.

Abstimmung über Reformprozesse nächste Woche

Zu diesen Themen liegen Texte vor, die in der kommenden Woche bei der letzten Versammlung des Synodalen Wegs, dem Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland als Folge des Missbrauchsskandals, zur Abstimmung stehen.
Zur gültigen Annahme braucht es neben der Mehrheit der Versammlung zusätzlich eine Zweidrittelmehrheit der Bischöfe. Ob die jeweils erreicht wird, ist noch nicht klar. Die Bischöfe hätten Stimmungsbilder erhoben, erläuterte Bischof Bätzing. Allerdings wollten sie bei einzelnen Texten noch Änderungen einbringen, um die bischöfliche Zweidrittelmehrheit zu erreichen.

Bätzing will direkte Gespräche mit Vatikan

Die Einwände aus Rom gegen die Reformen will Bätzing in direkten Gesprächen mit den Verantwortlichen im Vatikan diskutieren. In einem Brief forderte er die römische Seite auf, Termine für Treffen zu benennen. Die Kritik Roms am Synodalen Rat, 'durch das neue Gremium, werde die bischöfliche Autorität beschnitten' - das wies er als Missverständnis zurück.
Zum einen gebe es noch keine Satzung oder Ähnliches für dieses Gremium, zum anderen bleibe jeder Bischof letztverantwortlich für das, was in seinem Bistum geschehe. Daran werde auch eine gemeinsame Beratung mit Laien auf Bundes- oder Bistumsebene nichts ändern.

Sexueller Missbrauch soll weiter aufgearbeitet werden

Weiterer Schwerpunkt bei den Beratungen der Bischofskonferenz in Dresden war die Neuausrichtung der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs. Hier wollen die Bischöfe einen externen Expertenrat einrichten, der das Monitoring der Arbeit der Bistümer und der Bischofskonferenz bei Aufarbeitung und Prävention übernehmen soll.
Die Bischöfe sind dazu an die Politik herangetreten, weil die Auswahl der Mitglieder des Rats unabhängig von der Kirche erfolgen soll. Zudem gibt es eine Bischöfliche Fachgruppe, in der sieben Diözesanbischöfe mitarbeiten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Prävention und Aufarbeitung zu einem Querschnittsthema innerhalb der Bischofskonferenz wird.
Zudem soll künftig der geistige Missbrauch stärker in den Fokus rücken und auch hier eine abgestimmte Aufarbeitung sowie Prävention stattfinden.

Missbrauch in der katholischen Kirche

Sexueller Missbrauch in der Kirche rückte in Deutschland durch Enthüllungen am Berliner Canisius-Kolleg im Jahr 2010 in den Fokus der Öffentlichkeit. Missbrauchsfälle wurden in der Folge an allen Bistümern sowie zahlreichen Orden aufgedeckt.

Die Deutsche Bischofskonferenz legte Anfang 2011 ein "Verfahren zu Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde". Immer wieder wurde betont, dass es sich dabei um freiwillige Leistungen handelt, ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht.

Reformen: Bischofskonferenz gespalten

Die Bischofskonferenz bleibt gespalten bei den Reformen. Dennoch will eine Mehrheit der Bischöfe Veränderungen. Entscheidend wird sein, dass sie den Vatikan für ihre Linie gewinnt. Wie das gelingen kann, ist aktuell noch nicht abzusehen.
Jürgen Erbacher ist Leiter der ZDF-Redaktion Kirche und Leben katholisch.

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