: Weltmeere werden ständig wärmer

06.03.2024 | 10:43 Uhr
Experten sprechen von "außergewöhnlichen" Rekorden: An jedem Tag ist die Oberflächentemperatur der Weltmeere auf höchstem Tagesstand. Schuld ist der Klimawandel - aber nicht nur.
Schmelzender Eisberg vor Grönland: Mit der Erwärmung der Meere dehnt sich das Wasser aus. Zusammen mit der Eisschmelze lässt das Experten zufolge den Meeresspiegel immer rascher steigen. (Archivfoto)Quelle: AFP
Die Weltmeere verzeichnen außergewöhnlich hohe Temperaturen. Nun schon seit etwa einem Jahr liegt die mittlere Oberflächentemperatur im Nordatlantik an jedem einzelnen Tag auf einem neuen Tageshöchststand seit Messbeginn vor rund 40 Jahren - meist sogar mit großem Abstand zum bisherigen Tagesrekord.
Das geht aus Daten der Plattform "Climate Reanalyzer" der University of Maine hervor, die sich unter anderem auf Satellitenmessungen stützt. Am 7. März vergangenen Jahres startete die durchgehende Kurve der Tagesrekordtemperaturen im Nordatlantik. Bei den Weltmeeren insgesamt begann sie am 14. März.
"Wenn man sich anguckt, wie die Temperaturentwicklung in den Ozeanen der anderen 40 Jahre war, kann man sehen, dass die derzeitige Erwärmung wirklich weit außerhalb der natürlichen Schwankungen liegt", sagte Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).
Sie ist auch außerhalb dessen, was wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten an Erwärmung beobachtet haben.
Anders Levermann, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Menschengemachte Erwärmung - und zusätzliche Faktoren

Zusätzlich zu der stetigen menschengemachten Erwärmung müsse es daher noch andere dynamische Effekte geben, erklärte Levermann. "Wie viele davon tatsächlich selbst von der globalen Erwärmung verursacht oder verstärkt werden, ist derzeit noch nicht sicher." So pumpe etwa das Klimaphänomen El Niño derzeit Wärme aus den Meerestiefen im Pazifik nach oben.
Auch Mojib Latif vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel geht davon aus, dass El Niño die Erwärmung verstärkt hat - vorher habe das gegensätzliche Phänomen La Niña die Erwärmung eher gedämpft. Beide betonen aber den Effekt des menschengemachten Klimawandels: "Die Hauptursache dafür, dass die Ozeane so warm sind, ist natürlich der Mensch. Das darf man nicht vergessen", sagte Latif.

Experte hat keine Erklärung für Anomalie im Atlantik

Helge Gößling, Klimaphysiker am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven, weist besonders auf die Entwicklung im Nordatlantik hin:
Das, was momentan für eine gewisse Verwunderung sorgt, ist dieser besonders warme Atlantik.
Helge Gößling, Klimaphysiker am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven
Dafür gibt es nur schwache Erklärungsansätze. Die Schiffsemissionen unterliegen seit 2020 strengeren Vorschriften. "Das heißt, die Schwefelverbindungen, die dabei emittiert werden, sind jetzt reduziert worden", sagte Gößling. Die Verbindungen haben einen kühlenden Effekt auf das Klima. Allerdings sei es unwahrscheinlich, dass man damit die ganze Anomalie im Atlantik erklären kann.
Auch schwache Passatwinde im Frühjahr 2023, die für seine Erwärmung verantwortlich gemacht wurden, scheiden laut Gößling als Erklärung aus: Diese Entwicklung hätte im Laufe des Winters abklingen müssen, was nicht geschehen sei.
Also diese Anomalie, die wir jetzt global sehen, und die wir vor allen Dingen auch im Nordatlantik sehen, da habe ich noch keine Idee, wie wir die wirklich erklären können. Das ist in der Tat außergewöhnlich.
Anders Levermann, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Eisschmelze lässt Meeresspiegel steigen - Extremwetter nimmt zu

"Wir haben 1,2 Grad Erwärmung im globalen Mittel beobachtet und die Kontinente haben sich im Schnitt bereits um mehr als zwei Grad erwärmt", sagte Levermann.

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Mit der Erwärmung der Meere dehnt sich das Wasser darin aus. Zusammen mit der Eisschmelze lasse das den Meeresspiegel immer rascher steigen, so Levermann:
Am Anfang des letzten Jahrhunderts hatten wir rund einen Zentimeter pro Jahrzehnt Meeresspiegelanstieg, am Anfang dieses Jahrhunderts rund drei und jetzt mittlerweile schon etwa fünf.
Anders Levermann, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
Auch für die Ökosysteme im Meer habe die Erwärmung fatale Folgen, betonte der Experte. Die Erwärmung der Ozeane bringe unzählige Nahrungsketten und -netzwerke durcheinander. "Das hat Folgen nicht nur für die Meereslebewesen, sondern auch auf die Fischerei und damit auch die Ernährung der Menschen."
Außerdem ist mit mehr zerstörerischeren Extremwetterereignissen zu rechnen: Ozeanforscher Latif wies darauf hin, dass Starkregen häufiger werden könnte, weil mehr Wasser verdunstet und wärmere Luft mehr Wasserdampf halten kann, der irgendwann als Niederschlag herunterkommt.
Quelle: dpa

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