FAQ

: Wie die Artenvielfalt gerettet werden soll

19.12.2022 | 17:54 Uhr
Viele Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht. Auf dem Weltnaturgipfel haben rund 200 Staaten nun ein Abkommen für den Artenschutz beschlossen. Der große Durchbruch?
Zwei Wochen haben Vertreter von rund 200 Staaten auf dem Weltnaturgipfel in Kanada um ein neues Abkommen für den Artenschutz gerungen. Es sah lange nicht so aus, als ob ein Kompromiss zustande kommt, doch dann wurde doch noch eine Abschlusserklärung verabschiedet.

Was wurde auf dem Gipfel beschlossen?

Die Abschlusserklärung ist ein Paket aus mehreren Dokumenten, die insgesamt vier Vorsätze und 23 Zielsetzungen umfassen. Unter anderen wurden folgende Eckpunkte vereinbart:
  • Bis 2030 sollen mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz gestellt werden, weitere 30 Prozent sollen renaturiert werden.
  • Reichere Länder sollen ärmeren Staaten zum Erhalt der Artenvielfalt bis 2025 rund 20 Milliarden US-Dollar jährlich zukommen lassen.
  • Die Gefährdung von Mensch und Umwelt durch Pestizide soll bis 2030 halbiert werden.
  • Umweltschädliche Subventionen in Höhe von 500 Milliarden US-Dollar sollen abgebaut werden.
  • Darüber hinaus soll die Rate, mit der Arten aussterben, bis 2050 auf ein Zehntel verringert werden.

Was heißt das "30 Prozent bis 2030"-Ziel konkret?

Es soll "sichergestellt und ermöglicht" werden, so heißt es im Text der Erklärung, dass bis 2030 auf der Erde mindestens 30 Prozent der Landflächen, der Binnengewässer und der Küsten- und Meeresflächen "wirkungsvoll konserviert" werden. Das soll - wo möglich - auch in Zusammenarbeit mit indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften geschehen.
Die "30 bis 30"-Zielsetzung galt schon im Vorfeld als herausragend wichtig, ihre Verabschiedung feiern Umweltschützer als großen Erfolg. Brian O'Donnell von der Organisation Campaign for Nature sagte:
Ein Biodiversitäts-Ziel von diesem Ausmaß gab es noch nie.
Brian O'Donnell, Campaign for Nature

COP15-Erklärung: Kleinster gemeinsamer Nenner oder großer Wurf?

Die Abschlusserklärung sei "ein großer Schritt", berichtet ZDF-Umweltreporterin Elisa Miebach. "Viele hier sprechen sogar von einem historischen Abkommen." Dabei habe das Treffen noch vor wenigen Tagen vor dem Scheitern gestanden. Doch jetzt könne die Konferenz den Ausschlag geben, "um die Lebensgrundlagen der Menschheit zu schützen", so Miebachs Fazit. Allerdings nur, "wenn die Länder diese Ziele tatsächlich auch umsetzen".
Teilnehmer, Experten und Beobachter sind sich einig: Dass es in Kanada überhaupt zu einer gemeinsamen Abschlusserklärung kam, sei bereits ein Erfolg. Während die chinesische Gipfelpräsidentschaft von einem "historischen Moment" sprach und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) von einem "guten Tag für den weltweiten Natur- und Umweltschutz", sahen andere das deutlich kritischer. "Die Welt rast in der Natur- und Klimakrise auf einen Abgrund zu", warnte beispielsweise der Präsident des Naturschutzbundes Nabu, Jörg-Andreas Krüger.
Doch statt entschieden zu bremsen, geht sie lediglich etwas vom Gas.
Jörg-Andreas Krüger, Nabu-Präsident

Welche zentralen Kritikpunkte gibt es?

Viele Umwelt- und Naturschützer halten die vereinbarten Ziele für nicht weitgehend genug und vermissen Sanktionen für den Fall, dass die Zielmarken verfehlt werden. Katrin Böhning-Gaese, Direktorin des Senckenberg Biodiversität- und Klima-Forschungszentrums, bemängelt deshalb:
Das Abkommen hat keine scharfen Zähne.
Katrin Böhning-Gaese, Senckenberg Biodiversität- und Klima-Forschungszentrum
Zudem seien viele Formulierungen recht vage und das Dokument rechtlich nicht bindend.

Was bedeutet die Vereinbarung für Deutschland?

In Deutschland ist das 30-Prozent-Ziel nach Angaben des Umweltministeriums schon erreicht. 45 Prozent der Meeresflächen seien geschützt. An Land liege die Quote - wenn man Landschaftsschutzgebiete einbezieht - ebenfalls deutlich über 30 Prozent. Es gebe aber auch "Hausaufgaben" für die Bundesregierung - etwa beim Abbau schädlicher Subventionen.
Quelle: dpa, ZDF

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