: Faeser hofft auf Kompromiss bei Asylreform

08.06.2023 | 11:40 Uhr
Innenministerin Faeser drängt zwar auf einen Kompromiss bei der Asylreform, warnt jedoch vor einer Schwächung des Schengen-Raums. Die EU-Minister beraten heute über die Reform.

Dieses EU-Ministertreffen soll die neue Zielmarke sein für die Lösung eines alten Problems: die Frage der Verteilung von Flüchtlingen in der EU.

08.06.2023 | 04:32 min
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat vor einer Schwächung des Schengen-Raums gewarnt, sollte das EU-Treffen zu einer Reform des europäischen Asylsystems an diesem Donnerstag scheitern.
Ich befürchte, wenn wir kein gemeinsames Asylsystem bekommen, dann fallen wir in die Nationalstaatlichkeit zurück.
Nancy Faeser, Bundesinnenministerin, im ARD-Morgenmagazin
Wahrscheinlich sei dann Schengen mit offenen Grenzen nicht mehr möglich. Für Deutschland stelle eine Einigung in der Asylfrage deshalb einen guten Kompromiss dar.

Die EU-Innenminister wollen über ein neues Regelwerk zum Asylrecht beraten. Die Bundesregierung signalisiert zwar Zustimmung, doch von den Grünen kommt Kritik.

06.06.2023 | 01:52 min
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warb vorab für eine Einigung auf eine grundlegende Reform des europäischen Asylsystems. "Wir brauchen eine solidarische Verteilung von Verantwortung und Zuständigkeit zwischen den EU-Staaten sowie die Einhaltung der Standards für Schutzsuchende in den Asylverfahren und bei der Integration in den EU-Staaten", sagte er gegenüber der italienischen Zeitung "Corriere della Sera".

EU-Innenministertreffen in Luxemburg

Bei einem Innenministertreffen in Luxemburg soll an diesem Donnerstag ein neuer Versuch unternommen werden, eine Reform des europäischen Asylsystems auf den Weg zu bringen. Auf dem Tisch liegen Entwürfe für Gesetzestexte, die die derzeitige schwedische EU-Ratspräsidentschaft auf Basis von Vorschlägen der EU-Kommission erarbeitet hat. Sie sehen insbesondere einen deutlich rigideren Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vor.

"Wir haben in Europa ein gemeinsames Verständnis entwickelt, dass Migrationsfragen nur europäisch geklärt werden können", sagt Manfred Weber, Vorsitzender EVP, im Hinblick auf die EU-Asylreform.

08.06.2023 | 05:05 min
Zudem soll Solidarität mit den stark belasteten Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein. Länder, die wie Ungarn keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden.

Wie positioniert sich die deutsche Regierung?

Ob sich bei dem Treffen eine ausreichend große Mehrheit an Ländern hinter die Gesetzesvorschläge stellen wird, war bis Mittwochabend unklar. Laut Diplomaten ist eine entscheidende Frage, wie sich die deutsche Koalitionsregierung positionieren wird.
Scheitern könnte eine Abstimmung nach Angaben von Diplomaten auch an einer von der Bundesregierung geforderten Einschränkung einer Regel, die die Abschiebung von in erster Instanz abgelehnten Asylbewerbern in Länder ermöglichen soll, die nicht ihre Heimatländer sind. Sie würde vorsehen, dass eine Abschiebung nur dann möglich ist, wenn die Betroffenen klare Verbindungen in diese Länder haben. Eine Mehrheit der EU-Staaten lehnt allerdings auch dies als kontraproduktiv ab.

Asylreform nur mit Italien sinnvoll

Es bleibt außerdem unklar, ob Italien die geplanten Regelungen für mehr Solidarität weit genug gehen. Die Asylreform ohne Unterstützung der Regierung in Rom auf den Weg zu bringen, gilt als wenig sinnvoll, da in dem Land derzeit die meisten Migranten ankommen und die EU darauf angewiesen ist, dass sich Italien dann an die neuen Regeln hält.
Scholz hatte der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni vor seinem Besuch in Rom Solidarität bei der Aufnahme von Flüchtlingen zugesichert.
Italien, Griechenland und andere am Mittelmeer liegenden EU-Staaten stünden vor einer großen Herausforderung, weil die Zahl der dort ankommenden Flüchtlinge steige, sagte der SPD-Politiker der italienischen Zeitung "Corriere della Sera".
Und damit dürfen wir Italien und die anderen nicht allein lassen, sondern verfolgen einen Ansatz von Solidarität und Verantwortung.
Olaf Scholz, Bundeskanzler

Mehrheit für Reform notwendig

Voraussetzung für einen Beschluss zu den Plänen ist, dass 15 von 27 Mitgliedstaaten mit Ja stimmen, wobei diese zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen müssen. Wenn sich keine ausreichend große Mehrheit abzeichnet, müssten die Verhandlungen noch einmal fortgesetzt werden.
Sollte der EU-Ministerrat bis zur Sommerpause keinen Beschluss fassen, dürfte es kaum noch eine Chance geben, das Reformprojekt in absehbarer Zeit über die Ziellinie zu bringen.
Quelle: dpa

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