Interview

: Einfrieren eines Problems "nicht die Lösung"

20.03.2024 | 11:19 Uhr
Ein "Einfrieren" des Ukraine-Kriegs hatte SPD-Fraktionschef Mützenich ins Spiel gebracht. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Strack-Zimmermann widerspricht.

"Wir sollten in dem Wording vorsichtig sein, da kämpft ein Land ums Überleben", so Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FPD) zu Rolf Mützenichs Aussage über das "Einfrieren" des Ukraine-Kriegs.

20.03.2024 | 07:14 min
In der Ampel-Regierung sorgte eine Aussage des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich weiter für Streit. Er hatte ein "Einfrieren des Krieges" in der Ukraine ins Spiel gebracht. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, erklärte im ZDF-Morgenmagazin:
Das Einfrieren eines Problems ist nicht die Lösung - wir verschieben sie auf andere Generationen.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende Verteidigungsausschuss
Und sie findet drastische Worte: "Wenn man Mist einfriert und man taut ihn 20 Jahre später auf, dann ist das keine blühende Wiese, sondern bleibt Mist."
Auch Mützenichs Parteikollege Michael Roth (SPD), der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages ist, distanzierte sich im ZDF-Morgenmagazin:
Das östliche Europa ist ja schon gepflastert mit eingefrorenen Konflikten, wie der Norden Sibiriens mit Permafrost.
Michael Roth (SPD), Vorsitzender Auswärtiger Ausschuss
Mit eingefrorenen Konflikten komme man dem Frieden nicht näher, so Roth. "Wir müssen die Ukraine so stark machen, dass es überhaupt wieder eine Chance gibt, Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen."

"Wir müssen die Ukraine so stark machen, dass es eine Chance gibt, Putin an den Verhandlungstisch zu ziehen", so Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses.

20.03.2024 | 05:13 min

Es geht um historische Haltung der Sozialdemokratie

Mützenichs Aussage berühre die grundsätzliche Ausrichtung der Außenpolitik und die Frage, ob die Bundesrepublik ein verlässlicher Partner für Europa, die Nato und die Ukraine sei, findet Strack-Zimmermann. Die Sozialdemokratie habe fälschlicherweise bereits in den 70er- und 80er-Jahren gefordert, "dass dieses Zwei-Staaten-Deutschland eingefroren wird und bleibt".
Das Thema Einfrieren ist eine klassische sozialdemokratische Appeasement-Politik, die schon in den 70er- und 80er-Jahren gescheitert ist. Und übrigens auch auf der Krim gescheitert ist.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende Verteidigungsausschuss
Strack-Zimmermann sagte, die "Diskussion, die jetzt offensichtlich am Horizont droht," fasse sie deutlich mehr an als Diskussionen über einzelne Waffensysteme, weil es um etwas Grundsätzliches gehe: "Frieren wir einen Status ein und goutieren wir damit, dass Putin Erfolg gehabt hat - er hat jetzt schon 25 Prozent der Ukraine - oder sind wir an der Seite der Ukraine und sagen: Wir werden ihr helfen mit allem, was wir können, um einen solchen Status zu verhindern?"

Nach dem Treffen in Ramstein hat SPD-Fraktionschef Mützenich seine Wortwahl zum "Einfrieren" des Ukraine-Kriegs verteidigt. Die Kritik daran hält von vielen Seiten weiterhin an.

20.03.2024 | 02:09 min

Bundeskanzler Scholz und die ewige Taurus-Debatte

Strack-Zimmermann spielt damit auf einen weiteren Streitpunkt in der Ampel an: die Taurus-Frage. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will dieses Waffensystem weiterhin nicht an die Ukraine liefern und sagte am Dienstag bei einer Veranstaltung in Berlin:
Die Debatte in Deutschland ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten.
Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler
Scholz sagte ebenfalls: "Unsere Debatte hier empfinde ich als peinlich."
Strack-Zimmermann widerspricht auch hier ihrem Koalitionär:
Nein, das ist nicht lächerlich und peinlich. Lächerlich und peinlich ist es, dass wir keine Entscheidung getroffen haben.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende Verteidigungsausschuss

Wie können sich die Gemüter beruhigen?

Von einem möglichen Einfrieren des Kriegs bis hin zum Zwist über das Taurus-System: In der Ampel-Koalition kocht gerade viel hoch. SPD-Außenexperte Roth forderte ein Ende des öffentlichen Streits über die Lieferung der deutschen Marschflugkörper:
Wenn wir das auf offener Bühne diskutieren, freuen sich vor allem die Herrschaften im Kreml.
Michael Roth (SPD), Vorsitzender Auswärtiger Ausschuss
Er habe sich zwar "auch eine andere Entscheidung gewünscht, aber der Kanzler hat es zu entscheiden und der Kanzler muss es auch verantworten", so Roth.
Strack-Zimmermann hält ein Beruhigen der Gemüter zwar grundsätzlich für eine gute Idee: "Es wäre gut, wenn alle mal tief durchatmen würden, flacher atmen würden." Doch sie bekennt auch: Ihr falle das derzeit schwer.
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Quelle: dpa

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