Analyse

: Warum Mützenich an seiner Äußerung festhält

von Andreas Huppert
19.03.2024 | 14:28 Uhr
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat ein Einfrieren des Ukraine-Kriegs ins Gespräch gebracht. Daran gab es viel Kritik - über die sich Mützenich ärgert.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte im Bundestag laut über ein „Einfrieren“ des Krieges in der Ukraine nachgedacht. Gegenwind kam von allen Seiten, auch aus der eigenen Partei.

19.03.2024 | 01:51 min
Wer im politischen Berlin mit Rolf Mützenich zu tun hat, der trifft auf einen ausgesprochen höflichen, zuvorkommenden Menschen. Einer, der immer auch Zeit findet für ein Gespräch über Themen abseits der Berliner Parlamentsblase. Einer, der versucht, immer auch den Blick zu weiten und das große Ganze zu sehen.
Wer in diesen Tagen den SPD-Fraktionsvorsitzenden trifft, der trifft auf einen verärgerten Rolf Mützenich. Auf einen, der nicht verstehen kann, nicht verstehen will, wie seine Aussagen so missinterpretiert werden. Der dahinter eigentlich nur parteitaktische Spielchen und die Profilierungslust einiger Politiker als Grund vermutet.

Sollte man darüber reden, wie man den Ukraine-Krieg "einfrieren und später auch beenden kann?" Diese Frage stellte SPD-Fraktionschef Mützenich im Bundestag – und erntet nun Kritik.

15.03.2024 | 03:06 min

Mützenich hält an Aussage fest

Es sei doch überhaupt keine Frage, wo er und die SPD stünden. Nämlich eng an der Seite der Ukraine - mit allen Formen der Unterstützung. Militärisch und humanitär. Er habe keineswegs gesagt, die Ukraine müsse sich ergeben, müsse die weiße Fahne hissen.
Man müsse auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, den Ukraine-Krieg einzufrieren, so hat er es vergangene Woche im Bundestag formuliert. Nein, davon habe er auch nichts zurückzunehmen. Er stehe zu dem, was er gesagt hat.

Es gehe bei "eingefrorenen Konflikten" darum, "zeitlich befristete, regional begrenzte Waffenstillstände" zu erreichen, so der SPD-Abgeordnete Ralf Stegner zur Mützenich-Rede.

15.03.2024 | 08:12 min
Und dann erklärt er, dass dieser Begriff des "Einfrierens" ein Begriff aus der Sozialwissenschaft sei. Ein Begriff, der in den Friedenswissenschaften Verwendung findet und dort benutzt wird, um Feuerpausen oder Waffenstillstände zeitlich befristet zu ermöglichen. Vorausgesetzt, beide Kriegsparteien stimmen dem zu.

Baerbock übt Kritik an Mützenich

Dazu sei angemerkt: Mützenich ist Doktor der Politikwissenschaften, hat seine Dissertation über "atomwaffenfreie Zonen und internationale Politik" verfasst.

Die Rede von SPD-Fraktionschef Mützenich zum Einfrieren des Kriegs in der Ukraine sei "die traurige Sensation dieser Woche", sagt CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen.

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Im Bundestag gingen die Koalitionspartner von FDP und Grünen merklich auf Distanz. Auf der Regierungsbank ein ungläubiges, fast entsetztes Kopfschütteln von Außenministerin Annalena Baerbock. Hinterher lässt sie verlauten: "Heute vor zehn Jahren hat Wladimir Putin die Krim annektiert". Und weiter:
Wer glaubt, seinen Krieg gegen die Ukraine einfrieren zu können, der sollte in die Geschichte schauen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock
Und auch aus den eigenen Reihen gibt es Kritik. Der SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius sagt, er wolle sich das "Einfrieren" nicht zu eigen machen. Es dürfe keinen Diktatfrieden zugunsten Putins geben.

Kanzler Scholz schließt aus, der Ukraine Taurus-Marschflugkörper zu liefern. In der Ampel sorgt das für Kritik. Hält Scholz sein Nein durch?

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Scholz stellt sich hinter Mützenich

Mit solchen Aussagen stelle Mützenich die Unterstützung für die Ukraine infrage, nahm die Opposition den Ball auf. Gut - muss sie machen, ist ihre Aufgabe, gehört zum politischen Geschäft.
Heute dann Rückendeckung vom Kanzler für Mützenich. Den Begriff des "Einfrierens" erwähnt Olaf Scholz allerdings nicht. Mützenich sei einer der hervorragenden Unterstützer seiner Ukraine-Politik. Er sei sich mit ihm und vielen anderen darin einig, "dass wir ein klares Signal an den russischen Präsidenten senden": das Signal, dass die Ukraine so lange unterstützt werde wie nötig.

Mehr über Verhandlungen diskutieren?

Deutschland steht an der Seite der Ukraine, das ist klar. Doch bei all dieser Diskussion, bei all den Stimmen stellt sich unweigerlich auch eine Frage: Muss nicht doch auch über einen möglichen Waffenstillstand, über mögliche Verhandlungen diskutiert werden? Trotz Putin? Muss dieser Gedanke nicht auch in all den politischen Überlegungen eine Rolle spielen?
Es verwundert doch, wie wenig in der deutschen Politik darüber geredet wird. Vielleicht hat Rolf Mützenich ja eine breitere Diskussion auch darüber angestoßen.
Andreas Huppert ist Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio.

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