: Können die Huthi das Internet lahmlegen?

von Jan Schneider
09.02.2024 | 17:42 Uhr
Die jemenitische Regierung warnt vor Sabotageakten auf Unterseekabel durch Huthi-Rebellen. Wie realistisch sind Angriffe auf diese Infrastruktur, wie könnte sie geschützt werden?
Satellitenaufnahme der jemenitischen Küste aus dem November 2023. Quelle: AFP
Der Konflikt zwischen den Huthi-Kämpfern im Jemen und dem US-Militär schwelt weiter. Am Morgen teilte das US-Militär mit, neue Luftangriffe auf Stellungen der Huthi geflogen zu haben. Dabei seien mit Sprengstoff beladene Drohnenboote und mobile Abschussvorrichtungen für Marschflugkörper zerstört worden, die eine Gefahr für Schiffe im Roten Meer sein könnten.
Seit November greift die Huthi-Miliz immer wieder Schiffe in der Meerenge an, und will damit ein Ende der israelischen Angriffe im Gazastreifen erzwingen, die auf das beispiellose Massaker der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober folgten.
Nun warnt die jemenitische Regierung vor einer neuen Gefahr, die von den Rebellen ausgehen könnte: Sie drohten mit der Sabotage wichtiger Unterseekabel, einschließlich der Internetleitungen, die am Grund des Roten Meeres verlaufen und Asien mit Europa verbinden.
17 Prozent des weltweiten Datenverkehrs laufen durch diese Kabel, ein Angriff hätte immense Auswirkungen auf globale Handels- und Kommunikationswege.

Die US-Streitkräfte haben erneut mehrere Ziele der Huthi-Miliz im Jemen attackiert. Gemeldet wurden Angriffe gegen ferngesteuerte Boote und abschussbereite Marschflugkörper.

09.02.2024 | 00:23 min

Woher kommen die Sorgen vor einem Angriff?

Auslöser der Sorgen sind Nachrichten in Telegram-Kanälen, die den Huthi oder der ebenfalls vom Iran unterstützen Hisbollah zugeordnet werden. Dort wurden Ende letzten Jahres Karten veröffentlicht, auf denen die weltumspannenden Untersee-Kommunikationskabel eingezeichnet sind. Dazu wurde die Nachricht geteilt:
Es scheint, dass sich der Jemen an einem strategischen Standort befindet, da in seiner Nähe Internetleitungen verlaufen, die ganze Kontinente - nicht nur Länder - verbinden.
Nachricht in einem Telegram-Kanal der Huthi-Bewegung
Karten dieser Art sind nichts Ungewöhnliches. Ansehen, welche Kabel wo auf der Welt verlaufen, kann sich jeder etwa auf der Internetseite "Submarine Cable Map".
Unterseekabel in der Bab al-Mandab Meerenge.Quelle: Submarine Cable Map

Wäre ein solcher Angriff möglich?

Experten gehen davon aus, das weder die Huthi noch der die Rebellen unterstützende Iran über die technische Fähigkeit verfügt, die Unterseekabel abzuhören oder gezielt zu durchtrennen. Dafür wären etwa U-Boote nötig, die die USA, Russland und eventuell auch China besitzen.
Eine Sabotageaktion an den Unterseekabeln im Roten Meer wäre zwar dennoch "theoretisch möglich, aktuell aber unwahrscheinlich", meint der Experte für maritime Strategie und Sicherheit der Universität Kiel, Johannes Peters.
Eine Sabotage sollte machbar sein, auch mit wenig elaboriertem Equipment. Sie würde aber viel Zeit beanspruchen und ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass das unbemerkt bleiben würde.
Johannes Peters, Experte für Maritime Strategie und Sicherheit
Das Rote Meer werde derzeit sehr genau überwacht. Die westlichen Kriegsschiffe vor Ort verfügen über sehr leistungsstarke Radaranlagen. Die Fregatte "Hessen", die sich gerade auf dem Weg in die Region befindet, kann etwa ein Gebiet im Radius von 400 Kilometern überwachen. Hinzu komme regelmäßige Luftaufklärung und Satellitenbilder.

Die islamistische Huthi-Miliz greift seit Monaten Handelsschiffe im Roten Meer an - dort beteiligt sich die Deutsche Marine jetzt an einer EU-Mission zum Schutz der Seewege.

08.02.2024 | 02:50 min

Wie können die Kabel geschützt werden?

Etwas kritischer sieht Moritz Brake vom Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies (CASSIS) der Uni Bonn die Lage:
Man kann eine solche Sabotage nicht gänzlich ausschließen. Wir müssen damit rechnen, dass hier eine reale Bedrohung vorliegt.
Moritz Brake, CASSIS
Das Netz der Unterseekabel sei zwar vergleichsweise resilient: Fällt eine Verbindung aus, können Daten über andere Routen transportiert werden. Trotzdem würde eine Sabotage zu Einschränkungen führen und gerade Staaten in der Region könnten wichtige Verbindungen verlieren. Auch wäre eine Reparatur der Kabel vor der jemenitischen Küste äußerst schwierig, da ein Reparaturschiff längere Zeit am selben Ort bleiben müsste und so ein einfaches Ziel für Angriffe wäre.
  • Pipelines und Unterseekabel: So lässt sich Infrastruktur im Meer schützen
Um sich wirklich effektiv zu schützen, brauche es mehr Sensorik in der Region, etwa in Form von Messbojen oder anderen unbemannten Systemen. Das würde die Unterseekabel schützen, aber auch die Handelsschiffe, für die die Gefahr eines Angriffs wesentlich größer sei.

Seit der Eskalation in Nahost nehmen auch die Angriffe der Huthi-Miliz auf Handelsschiffe im Roten Meer zu. Welche Auswirkungen haben die Attacken? ZDFheute live ordnet ein.

18.12.2023 | 36:23 min

Welche Folgen hätte eine Sabotageaktion durch die Huthi?

Um einzuschätzen, wie groß die Gefahr einer Sabotageaktion ist, lohnt es sich auch, die einzelnen Konfliktparteien zu betrachten. Peters sieht aktuell keine große Gefahr für einen Angriff auf die Kommunikationskabel, da weder die Huthi, noch der Iran oder die USA ein Interesse daran hätten, den Konflikt wirklich zu eskalieren.
Eine Sabotage der Kommunikationskabel würde sehr viel Staaten betreffen und könnte dazu führen, dass sich erneut eine breite Koalition an Ländern gegen die Huthi verbündet und Gegenangriffe durchführt. Das sei nicht im Interesse der Rebellen.
Auch Brake sieht die Angriffe auf Handelsschiffe als die größere Bedrohung für die nationale und internationale Sicherheit.

Im Nahost-Konflikt ist die Miliz aus dem Jemen zur neuen Bedrohung geworden. Unsere Korrespondentin hat sich vor Ort zu den Huthi-Rebellen gewagt

31.01.2024 | 06:47 min

Themen

Mehr zum Thema

Aktuelle Nachrichten zum Nahost-Konflikt