: Milei verzichtet in Hamburg auf Krawallrede

22.06.2024 | 19:22 Uhr
Umstrittener Preis für einen umstrittenen Politiker: Argentiniens Präsident Milei wurde in Hamburg ausgezeichnet - unter Protesten. In seiner Rede schlug er moderate Töne an.

Bundeskanzler Scholz empfängt den argentinischen Präsidenten Milei. Am Samstag war dieser von der liberalen Hayek-Gesellschaft ausgezeichnet worden. Dagegen gab es Proteste.

23.06.2024 | 00:21 min
Argentiniens ultraliberaler Präsident Javier Milei ist am Samstag in Hamburg mit einer Medaille der Friedrich August v. Hayek-Gesellschaft geehrt worden. Statt eine seiner berüchtigten Krawallreden zu halten, schlug er dort eher moderate Töne an: Der für spontane und polemische Äußerungen bekannte Milei verzichtete auf jeden Bezug zu Deutschland und schilderte in erster Linie sein Verständnis von Politik.
Milei verwies in seiner Rede auf erste Erfolge. Erstmals seit langem sei der argentinische Staatshaushalt ausgeglichen und die Inflation gehe deutlich zurück. Die Zahlen seien beeindruckend, doch die Entwicklung habe ihren Preis für die Menschen in seinem Land, so der Präsident. "Aber wir haben es den Leuten immer gesagt, wenn wir es (die Reform) machen, wird es gute Ergebnisse geben."

Javier Gerardo Milei hat einen Plan, um Argentinien aus der Krise zu holen. Doch viele befürchten, der ultralibertäre Präsident stürzt sein Land weiter in die Krise.

22.04.2024 | 14:09 min

Kritik an Auszeichnung: Proteste gegen Milei-Besuch

Die rund 200 Zuhörer - darunter der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und die Bundestagsabgeordnete der AfD, Beatrix von Storch - jubelten Milei zu. Immer wieder riefen sie in Sprechchören "Libertad" (Freiheit).
Vor dem Veranstaltungsort demonstrierten mehrere hundert Menschen unter dem Motto "Nein zu Milei in Hamburg". Kritiker werfen der Hayek-Gesellschaft vor, sich nicht eindeutig von rechtspopulistischen Strömungen abzugrenzen. So verlieh der Verein etwa 2023 seinen Netzwerkpreis an das Schweizer Webradio Kontrafunk und 2022 an den Blog "Achse des Guten" - beide Medien werden im Spektrum der politischen Rechten verortet.

Wer war Friedrich von Hayek?

Quelle: dpa
Friedrich August von Hayek (1899–1992) war ein österreichischer Ökonom und Philosoph. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des Liberalismus im 20. Jahrhundert und hat wesentliche Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialtheorie geleistet. Hayek erhielt 1974 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften für seine Arbeiten zur Geld- und Konjunkturtheorie sowie zur Analyse der wechselseitigen Abhängigkeit wirtschaftlicher und sozialer Prozesse.

Welche ökonomische Schule vertrat er?

Hayek prägte die Österreichische Schule der Nationalökonomie. Nach dieser Lehre führen freie Märkte und individuelle Freiheit zu besseren wirtschaftlichen Ergebnissen als zentrale Planung und staatliche Kontrolle. Hayeks Theorien konzentrieren sich unter anderem auf die spontane Ordnung, die durch freie Marktmechanismen entsteht oder darauf, wie sich Konsum und Investitionen auf die Produktivität auswirken. Von Hayek gilt damit als Vordenker jener Wirtschaftspolitik, die ab den 1980er Jahren Staats- und Regierungschefs wie US-Präsident Ronald Reagan und die britische Premierministerin Margaret Thatcher betrieben - und die geprägt war durch Kürzungen von Sozialleistungen und staatlichen Investitionen sowie Steuersenkungen für Unternehmen. 

Welchen Stellenwert hat die Hayek-Gesellschaft?

Mit dem Friedrich-August-von-Hayek-Preis ehrt die Gesellschaft herausragende Beiträge zur Förderung der Prinzipien des Liberalismus und der freien Marktwirtschaft. Der Preis genießt in akademischen und liberalen Kreisen hohes Ansehen und gilt als bedeutende Auszeichnung auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften und der Sozialphilosophie. Doch wegen ihrer mangelnden Abgrenzung zur AfD steht die Gesellschaft immer wieder in der Kritik. Das führte vor einigen Jahren zum Austritt von einigen prominenten Mitgliedern, darunter auch FDP-Politikern.

Welche Preisträger gab es schon in der Geschichte?

Die Hayek-Medaillen werden an Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Publizistik, Politik und Wirtschaft verliehen, die sich national und international zur Verbreitung der Idee von Liberalismus und Freiheit eingesetzt haben. Zu den prominenten Hayek-Preisträgern gehören unter anderem:

  • Michail Chodorkowski (2017): Der russische Unternehmer und ehemalige Oligarch Michail Chodorkowski hat in der Vergangenheit russische Oppositionsparteien finanziert und sich immer wieder gegen Korruption und für freie Wahlen eingesetzt.
  • Mario Vargas Llosa (2016): Der peruanische Schriftsteller, Journalist und liberale Politiker Mario Vargas Llosa gilt als Verfechter der Demokratie und individueller Freiheiten. Im Jahr 2010 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.
  • Elisabeth Noelle-Neumann (2006): Elisabeth Noelle-Neumann war eine deutsche Publizistin und Kommunikationswissenschaftlerin. Sie spielte eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung der wissenschaftlich fundierten Meinungsforschung. Sie ist die erste und eine von insgesamt zwei Frauen, die jemals mit dem Hayek-Preis ausgezeichnet wurden.
  • Gary Becker (2003): Der US-amerikanische Soziologe und Ökonom ist unter anderem für seine "Ökonomische Theorie der Kriminalität" bekannt.

Autorin: Anne Sophie Feil

Argentiniens umstrittener Präsident trifft Scholz und erhält einen Preis von der Hayek-Gesellschaft. Was wir darüber wissen bei ZDFheute live

21.06.2024 | 26:55 min

Verband vergleicht Mileis Politik mit Chemotherapie

Mit der Auszeichnung würdigte der Ökonomenverband das Programm des ultraliberalen Politikers, der Argentinien im Sinne Hayeks, des österreichischen Vordenkers des Neoliberalismus, reformieren will. Der Vorsitzende der Gesellschaft, Stefan Kooths verglich Mileis Politik mit einer Chemotherapie. "Die Nebenwirkungen sind heftig", sagte der Kieler Wirtschaftswissenschaftler. Aber ohne eine solche Therapie wäre Argentinien am Ende.
Milei beschrieb in seiner Rede seinen intellektuellen Werdegang zum Anhänger der sogenannten Österreichischen Schule. Seinen Aufstieg zum erfolgreichen Politiker erklärte er mit seinem Mut, liberale Wirtschaftsideen als einziger in Medien und Fernsehtalkshows vertreten zu haben.

Seit Jahrzehnten leidet Argentinien unter einer Wirtschaftskrise. Der neue Präsident Javier Milei stutzt nun die Staatsausgaben. Die Folge: Steigende Armut und tiefe Rezession.

11.05.2024 | 02:42 min

Militärische Ehren für Milei kurzfristig abgesagt

Am Sonntag wird Milei, der sich selbst als "Anarchokapitalisten" bezeichnet, von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Berliner Kanzleramt empfangen. Viel wird die Öffentlichkeit davon allerdings nicht mitbekommen: Die ursprünglich angekündigte Begrüßung mit militärischen Ehren wurde ebenso kurzfristig abgesagt wie eine gemeinsame Pressekonferenz. Geblieben ist ein kurzer Fototermin zum Auftakt des Gesprächs, das lediglich eine Stunde dauern soll - auf Wunsch Mileis, wie es von deutscher Seite heißt.
Milei war im November vergangenen Jahres im zweiten Wahlgang mit mehr als 55 Prozent der Stimmen gewählt worden.
Quelle: dpa

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