: Wer wird Mexikos erste Präsidentin?

von Anna Kleiser, Washington D.C.
27.05.2024 | 10:38 Uhr
Die linkspopulistische Claudia Sheinbaum könnte Mexikos erste Präsidentin werden. Ihre konservative Konkurrentin wirft ihr vor, das Land zu spalten. Eine historische, brutale Wahl.
In Mexiko stehen Präsidentschaftswahlen an. Zum ersten Mal wird eine Frau die Präsidentin des Landes. Quelle: Cal de Souza/afp
Mexiko bekommt erstmals eine Präsidentin, das sagen die Umfragen eindeutig voraus. Knapp 100 Millionen Menschen haben Anfang Juni die Wahl: Die Favoritinnen sind beide 61 Jahre alt, könnten politisch aber kaum unterschiedlicher sein.
Claudia Sheinbaum will den Kurs des aktuellen Präsidenten, Andrés Manuel López Obrador, fortführen. Ihre Konkurrentin Xóchitl Gálvez wirft ihr vor, das Land damit weiter zu spalten.

In Mexiko sind Tausende Menschen für die Demokratie auf die Straße gegangen. Die Demonstranten fordern faire Wahlen und werfen Präsident Obrador vor, die Demokratie zu schwächen.

19.02.2024 | 00:17 min

Neue Regierung muss Gewalt unter Kontrolle bringen

Egal, wer gewinnt, zu den größten Herausforderungen der künftigen Staatschefin zählt die Gewalt im Land, aktuell an der Wahl zu beobachten. Es ist die größte und blutigste in der jüngeren Geschichte. Neben den Präsidentschafts- finden auch Parlaments- und Regionalwahlen statt, mehr als 20.000 Ämter werden neu besetzt. Die Kartelle werden für den Mord an mehreren Kandidaten verantwortlich gemacht, Hunderte sollen aufgegeben haben.
Beide Favoritinnen versprechen, sich für stärkere Sicherheit einzusetzen. Während Sheinbaum weiter die Ursachen der Kriminalität bekämpfen will, fordert Gálvez härteres Vorgehen gegen kriminelle Banden.

In Mexiko-Stadt ist eine Bühne bei einer Wahlkampfveranstaltung durch einen heftigen Windstoß eingestürzt. Neun Menschen kamen ums Leben, mindestens 50 weitere wurden verletzt.

23.05.2024 | 00:15 min

Ehemalige Bürgermeisterin Sheinbaum ist Favoritin

Sheinbaum hat die besten Chancen auf die Präsidentschaft: Bis zur Kandidatur war sie Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt und gilt als politische Ziehtochter des regierenden Präsidenten López Obrador. 2000 holte er sie als Umweltbeauftragte in seine Regierung von Mexiko-Stadt. Sie ist Mitglied seiner linkspopulistischen Partei Morena.
Seit Beginn dominiert Sheinbaum die Umfragen, aktuell mit etwa 20 Prozentpunkten Vorsprung. Sie profitiert von der großen Beliebtheit López Obradors, der breite Sozialprogramme ausgerollt hat, die sie beibehalten will.
  • Eines von Claudia Sheinbaums Wahlwerbespots auf Social Media kann hier angesehen werden.

Mexiko hat seine diplomatischen Beziehungen zu Ecuador abgebrochen. Zuvor hatte die ecuadorianische Polizei eine Razzia in der mexikanischen Botschaft durchgeführt.

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Erstaunlich wenig Klimapolitik im Wahlkampf

Sheinbaum ist in einem politischen Elternhaus aufgewachsen und war schon als Physik-Studentin bei Protesten aktiv. Sie promovierte in Umweltingenieurswesen und gewann für als Teil des Teams vom IPCC-Bericht 2017 den Friedensnobelpreis.
Im Wahlkampf ist Sheinbaum erstaunlich leise, wenn es um Klimaschutz im eigenen Land geht. Mexiko ist auf Platz 11 der weltweiten Ölproduzenten. López Obrador hat als Präsident Milliarden in die marode staatliche Ölindustrie gepumpt und damit die Energiewende verlangsamt. Im Schatten ihres Mentors scheut sie sich vor deutlicher Klimapolitik.

Xóchitl Gálvez tritt für ein breites Oppositionsbündnis an

Xóchitl Gálvez, ihre Herausforderin, folgt in Umfragen auf Platz zwei. Die Geschäftsfrau war zuvor Senatorin im mexikanischen Kongress für die konservative PAN. Gálvez tritt für ein Oppositionsbündnis von rechts bis links an. In der Hoffnung, ein Gegengewicht zur Dominanz von Morena zu sein.
  • Eines von Xóchitl Gálvez' Wahlwerbespots auf Social Media kann hier angesehen werden.
Gálvez wirft der Regierung Spaltung und Demokratiefeindlichkeit vor. Ihr Wahlkampf zielt darauf ab, das Land wieder zu einen. Zwei Wochen vor den Wahlen protestierten Tausende in der Hauptstadt gegen den aktuellen Präsidenten und für Gálvez. Auf Schildern war: "Wir sind Mexiko" zu lesen. Es sind nicht die ersten Proteste dieser Art.
López Obrador hat Andersdenkende verbal scharf angegriffen, sein Umgang mit Medien wird kritisiert, das Militär hat in seiner Präsidentschaft wesentlich mehr Macht bekommen.

Erste Präsidentin wird Geschichte schreiben

Da in Mexiko für die Präsidentschaft nur eine Amtszeit erlaubt ist, wird sich am 2. Juni zeigen, wer das Land übernimmt. Als erste Frau im Amt wird die Gewinnerin definitiv Geschichte schreiben. Das mag überraschen in einem Land, das für seine Macho-Kultur bekannt ist und wo statistisch täglich mehr als zwei Femizide begangen werden - also Frauen ermordet werden, nur weil sie Frauen sind.
Es ist jedoch auch Ergebnis einer jahrzehntelangen politischen Quotenregelung, die den Frauenanteil in der Politik maßgeblich erhöht hat. Seit 2019 müssen alle gewählten Positionen paritätisch besetzt sein, so will es die Verfassung.

Auswirkungen über Mexiko hinaus

Auch aus den USA schaut man mit Interesse auf die Wahlen im Nachbarland Mexiko. Wie das Transitland regiert wird, hat Folgen. Die Zukunft von US-Präsident Joe Biden hängt auch von einer guten Zusammenarbeit an der gemeinsamen Grenze ab. Sie ist ein großes Thema im Wahlkampf vor der US-Wahl.

Biden wollte das "Grenzproblem" unter anderem mit einem verschärften Asylrecht lösen. Trump drängte republikanische Parlamentarier, das Gesetz zu blockieren - es wurde verhindert.

01.03.2024 | 02:34 min
Für Deutschland ist Mexiko ein wichtigster Handelspartner. Ein Freihandelsabkommen lässt ausländische Waren, die in Mexiko produziert werden, zollfrei über die US-Grenze. Eine Wiederwahl des Republikaners Donald Trump könnte das gefährden. Er hat Zölle in Aussicht gestellt und war in seiner Amtszeit mit großer Härte gegenüber Mexiko aufgetreten.
Anna Kleiser ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington D.C.
Quelle: mit Material von AP, Reuters und dpa

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