In der Slowakei protestieren die Menschen gegen eine Rundfunk-Reform der Regierung, die die Medien staatlich kontrollieren will. Journalistenverbände sprechen von Zensur.
03.05.2024 | 02:32 min
Es sind wieder Tausende, die sich auf dem Freiheitsplatz im Herzen Bratislavas versammeln. "Hände weg von RTVS" steht auf einem Plakat. Man sieht slowakische Fahnen, und ernste Gesichter. Sie sind gekommen, um ihren öffentlich-rechtlichen Rundfunk, den RTVS, zu verteidigen. Gegen die eigene Regierung.
Wir wollen, dass hier weiter die Meinungsfreiheit existieren kann. Damit Fakten wichtig sind, nicht nur Meinungen.
Petra, ProtestierendeIn der Slowakei haben erneut Zehntausende gegen die geplante Strafrechtsreform demonstriert. Auch das EU-Parlament hat das Vorhaben in einer Resolution verurteilt.
19.01.2024 | 00:21 min
Aushöhlen der Demokratie in der Slowakei
Schon lange versuche die linksnationale
slowakische Regierung, unter ihrem autoritären und populistischen Regierungschef
Robert Fico, die unabhängigen Medien zu schwächen, sagen Ficos Kritiker. Nun sei sie einen entscheidenden Schritt gegangen: Sie will den öffentlich-rechtlichen Sender RTVS auflösen.
Das ist sicherlich nicht prodemokratisch und nicht prowestlich und wir haben natürlich sehr große Angst.
Soňa, ProtestierendeBereits im Herbst hatte Fico die Korruptionsbekämpfung geschwächt, und die Strafen für Wirtschaftskriminalität gelockert. Womöglich, so Kritiker, um Ermittlungen gegen die eigene Partei abzuwehren. Nun habe er die Medien im Visier. Sein Ziel sei der autokratische Staat im Stile seines ungarischen Freundes Viktor Orbán.
Wir sind seit 20 Jahren in der EU und niemand hätte gedacht, das so etwas passiert. Aber es passiert. Also müssen wir was unternehmen.
Matej, ProtestierenderEuropa war für Ungarn, Slowenen, Tschechen und Slowaken das Versprechen von Freiheit, Wohlstand und Sicherheit. Was ist daraus geworden, was hat sich in 20 Jahren EU verändert?
25.04.2024 | 44:15 min
Vorwurf: RTVS nicht objektiv
Die Regierung verkauft die
Zerschlagung von RTVS als Rettungstat: Man wolle Objektivität sicherstellen, die der Sender derzeit nicht böte. Angeblich seien die Journalisten politisch voreingenommen, obwohl Umfragen das genaue Gegenteil bestätigen. Doch für Fico ist nur ein regierungsfreundlicher Sender auch ein guter Sender.
Fernsehen und Radio können nicht objektiv sein, denn sie sind im Konflikt mit der slowakischen Regierung.
Robert Fico, Regierungschef SlowakeiBeim Angriff auf RTVS geht es Fico vor allem um den Mann an der Spitze, Generaldirektor Ľuboš Machaj. Eigentlich ist der vom Parlament bis 2027 gewählt - durch die Zerschlagung des Senders kann ihn Fico früher loswerden.
Es gibt keinen Grund, den Sender zu zerschlagen. Es sei denn, man will die Führung loswerden.
Ľuboš Machaj, RTVS-DirektorDer ungarische Ministerpräsident Viktor Orban bekommt Gegenwind. Peter Magyar positioniert sich zunehmend als Gegner. Bei den Unzufriedenen im Land kommt er gut an.
24.04.2024 | 06:35 min
Mehr Einfluss auf den Rundfunk
Durch das geplante Gesetz, das Fico am 25.4.2024 vorgestellt hatte, würde der bisherige Sender RTVS aufhören zu existieren. Er würde durch einen neuen ersetzt, der dann STVR heißen soll. Ein neu gegründeter Verwaltungsrat wählte dann die neue Hausspitze.
Wer im künftigen Verwaltungsrat säße, kann die Regierung faktisch selbst bestimmen. Außerdem soll künftig ein sogenannter Ethikrat über die Objektivität des Senders wachen. Zwei neue Institutionen - zwei Hintertüren. Der Einfluss der Regierung werde "insgesamt sehr stark sein", sagt Adam Solga, Medienwissenschaftler der Universität Bratislava.
Das ergibt sich unmittelbar aus dem neuen Gesetz. Dann gibt es weitere Gefahren: zum Beispiel wie sich der Ethikrat zusammensetzen wird und inwieweit er in die Arbeit der Journalisten eingreifen wird.
Adam Solga, Medienwissenschaftler Universität BratislavaEr täuscht seine Gegner, verbreitet Angst und Schrecken und gibt sich als neuer Zar. Wladimir Putin herrscht mit eisernen Mitteln. Ist Russlands Präsident wirklich unberechenbar?
15.03.2024 | 21:10 min
Parlament entscheidet im Sommer
Ob das neue Gesetz kommt oder nicht, entscheidet das Parlament. Hier hat Ficos Regierungskoalition die Mehrheit. Die entscheidende Abstimmung wäre im Sommer. Dann muss Fico auch nicht das Veto des neuen Präsidenten fürchten. Der im April gewählte
Peter Pellegrini wäre dann im Amt - ein enger Verbündeter Ficos.
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen soll weiter existieren - zumindest pro forma öffentlich-rechtlich. Aber es soll so ein staatliches Medium werden. Es geht um einen wirklich starken Eingriff.
Adam Solga, Medienwissenschaftler Universität BratislavaAuf dem Friedensplatz werden sie weiter demonstrieren. Immerhin haben ihre
Proteste seit März erreicht, dass die offensichtlichsten Versuche der Einflussnahme aus dem Gesetzestext herausgenommen wurden. Vielleicht, so hoffen sie hier, kann man noch mehr erreichen, wenn der Protest weiter anhielte.
Christian von Rechenberg ist Korrespondent im Studio Wien.