: Können wir bald keine Bilder mehr whatsappen?

20.06.2024 | 13:02 Uhr
Deutschland wird gegen den EU-Plan zur sogenannten Chatkontrolle zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder stimmen. Kritiker fürchten einen Eingriff in die Grundrechte.
Über die sogenannte Chatkontrolle wird in Brüssel bereits seit vielen Jahren diskutiert.Quelle: Colourbox.de
FDP-Fraktionschef Christian Dürr hat entschlossenen Widerstand seiner Partei gegen eine allgemeine Kontrolle von Messenger-Diensten zur Bekämpfung von Missbrauchsdarstellungen bekräftigt. "Wir werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen, die europäische Chatkontrolle zu verhindern", sagte Dürr der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Die Vorstellung, dass die Betreiber Chat-Nachrichten oder versendete Bilder ohne Anlass mitlesen könnten, sei "geradezu absurd".

Wie können Eltern verhindern, dass ihre Kinder in Kommunikationsdiensten wie Chats und Messengerapps von Fremden belästigt werden?

25.09.2020 | 01:07 min
Die angebliche Option, die Überwachung auf dem eigenen Gerät ablehnen zu können, ist in Wahrheit keine Option, sondern ein Zwang.
Christian Dürr, FDP-Fraktionschef
"Denn wer ablehnt, darf keine Bilder und Videos mehr verschicken." Der aktuelle Gesetzesvorschlag würde nach seinen Worten zu massiven Eingriffen in die Grundrechte führen.

Was ist genau geplant?

Über die sogenannte Chatkontrolle wird in Brüssel schon viele Jahre diskutiert. Alle bisherigen Entwürfe fanden keine Mehrheit im EU-Parlament.
Der aktuelle Entwurf der belgischen Ratspräsidentschaft sieht vor, dass nur Bilder und Videos mithilfe von KI-Tools analysiert und nach Material durchsucht werden sollen, das sexualisierten Missbrauch an Kindern zeigt. Text- und Audionachrichten sollen nicht kontrolliert werden. Nutzer können das Scannen ihrer Inhalte zwar ablehnen, verlieren damit aber die Möglichkeit Bilder und Videos zu versenden.
Am Mittag sollte eigentlich in Brüssel über den Entwurf abgestimmt werden, das Thema wurde aber kurzfristig wieder von der Tagesordnung des Rates gestrichen.

Ob Google, Facebook oder Amazon: Die Konzerne sammeln jede Menge Daten der Kunden. Wie weit die Konzerne mit ihrer Sammelwut gehen dürfen, hat nun der EuGH entschieden.

04.07.2023 | 01:30 min

Faeser: Chatkontrolle lehnen wir ab

Deutschland wird gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagene sogenannte Chatkontrolle zur Bekämpfung von sexueller Gewalt gegen Kindern stimmen. "Die sogenannte Chatkontrolle lehnen wir ab", hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gesagt. Deutschland werde im Rat deshalb mit Nein stimmen, wenn es beim aktuellen Vorschlag bleiben sollte.
Post von Faeser bei X
Verschlüsselte private Kommunikation von Millionen Menschen dürfe nicht "anlasslos kontrolliert werden".

Brief: Maßnahmen mit den Grundrechten unvereinbar

Gleichzeitig müsse bedacht werden, dass hinter jedem schrecklichen Foto und Video Opfer entsetzlicher sexueller Gewalt stünden. Deswegen sei es wichtig, hiergegen auch europäisch vorzugehen und Onlineplattformen in die Pflicht zu nehmen, damit Missbrauchsdarstellungen entdeckt, gelöscht und die Täter verfolgt würden.
In einem offenen Brief haben 36 Politikerinnen und Politiker aus Europa an die Mitgliedstaaten der EU appelliert, gegen die sogenannte Chatkontrolle zu stimmen. Man sei überzeugt, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen mit den europäischen Grundrechten unvereinbar seien, hieß es in dem Papier.

Wie werden Messenger-Dienste von Pädokriminellen genutzt?

Messenger-Dienste werden zum einen von Pädokriminellen genutzt, um sexuellen Kontakt mit Minderjährigen anzubahnen, das sogenannte "Cybergrooming". In solchen Fällen kann es vorkommen, dass Kinder oder Jugendliche Nackfotos von sich an die Täter schicken. Zum anderen werden in Chats zwischen Nutzern oder manchmal auch in Gruppen Missbrauchsaufnahmen ausgetauscht.

Was sind die Risiken, wenn die KI daneben liegt?

Wenn Künstliche Intelligenz massenweise Fotos und Videos in Chats auf Darstellungen von Kindesmissbrauch hin analysiert, kann es zu Fehlalarmen kommen, die für Betroffene unter Umständen weitreichende Konsequenzen haben. Die "New York Times" berichtete über zwei Fälle aus den USA, bei denen Väter sich Sorgen um ihre kranken Kinder gemacht hatten. Auf Wunsch eines Arztes schickten sie Fotos des Genitalbereichs ihrer Kinder, die von Android automatisch bei "Google Fotos" gespeichert wurden. Dort wurden sie als Darstellung von Kindesmissbrauch gemeldet und die Polizei alarmiert. Die Ermittlungen wurden zwar eingestellt, aber die Betroffenen verloren den Zugriff auf ihre Google-Konten. Sie sind zwei von hunderttausenden Nutzern, deren Google-Konten jährlich gesperrt werden 

Die Bundesregierung hat ein Gesetz auf dem Weg gebracht, dass Kinder besser vor sexualisierter Gewalt schützen soll. Auch die Aufarbeitung soll Opfern einfacher gemacht werden.

19.06.2024 | 01:34 min

Auch Innenminister Buschmann gegen EU-Pläne

Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sprach sich vehement gegen die EU-Pläne aus. Er nannte ein Beispiel: "Kein Mensch würde auf die Idee kommen, dass ich einem staatlichen Aufseher etwa mein Fotoalbum zur Vorabkontrolle vorlegen müsste, bevor ich einem Freund meine jüngsten Urlaubsfotos zeige."

Lena Jensen will gegen das Schweigen ankämpfen und Betroffenen Mut machen, sich zu wehren.

17.06.2024 | 01:29 min

Kritiker fürchten Massenüberwachung

Zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern des offenen Briefes gehören unter anderem die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und ihr Parteikollege Konstantin Kuhle sowie Konstantin von Notz und Emilia Fester von den Grünen. Neben Politikern aus nationalen Parlamenten wie beispielsweise Deutschland und Österreich, unterzeichneten auch Europaabgeordnete das Papier. Darin heißt es weiter:
Wir setzen uns für den Schutz des Rechts auf anonyme und pseudonyme Nutzung des Internets sowie für die Stärkung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ein.
Offener Brief
Alle verhandelnden Regierungen seien aufgerufen, die aktuellen Pläne abzulehnen.
Die EU-Kommission hatte 2022 einen Vorschlag vorgelegt, wonach Anbieter wie Google oder Facebook unter bestimmten Umständen verpflichtet werden können, ihre Dienste mithilfe von Software nach Missbrauchsdarstellungen von Kindern zu durchsuchen. Kritiker sprechen von einer "Chatkontrolle" und fürchten Massenüberwachung.
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Quelle: dpa

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