: Was kann das Wachstumschancengesetz wirklich?

von Sina Mainitz
22.03.2024 | 16:36 Uhr
Nach langem Ringen hat der Bundesrat dem neuen Wachstumspaket der Ampel-Regierung mehrheitlich zugestimmt. Doch ist das neue Gesetz wirklich der wirtschaftspolitische Durchbruch?

Das Wachstumschancengesetz soll die Wirtschaft stärken. Die Union gab ihren Widerstand gegen das Gesetz auf. Im Gegenzug konnte sie mit der Ampel Entlastungen für Bauern vereinbaren.

22.03.2024 | 01:43 min
Es ist vollbracht. Endlich hat die Politik ein milliardenschweres Wachstumspaket für die deutsche Wirtschaft beschlossen - wenn auch zusammengestrichen von rund sieben Milliarden Euro auf nunmehr nur noch rund drei Milliarden Euro. Es soll für weniger Bürokratie sorgen und Unternehmen steuerlich entlasten.
Heute hat der Bundesrat dem sogenannten Wachstumschancengesetz nach zähem Ringen im Vermittlungsausschuss mehrheitlich zugestimmt. Doch ist es wirklich der Durchbruch? BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner ist erleichtert:
Die wirtschaftliche Schwächephase kann nur durch eine entschlossene Wachstumsagenda der Politik überwunden werden.
Tanja Gönner, Bundesverband der Deutschen Industrie

Thorsten Frei, CDU, kritisiert indes das Wachstumschancengesetz: "Wir würden gerne die Wirtschaft im Gesamten entlasten. Deshalb muss man zu einer anderen Lösung kommen."

22.03.2024 | 06:44 min

Rezession: Gesetz soll Unternehmen entlasten

Ursprünglich sollte das Gesetz ein Rundumschlag für alle Branchen sein, um Firmen in der Konjunkturflaute zu entlasten und Klimaschutz anzuregen. 50 steuerpolitische Maßnahmen hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgeschlagen. Darunter: eine Prämie für Klimaschutz-Investitionen, steuerliche Forschungsförderung, eine bessere Anrechenbarkeit von Verlusten bei der Steuererklärung und der Abbau bürokratischer Hürden.
Es sind Forderungen, die seit langem aus den Chefetagen deutscher Unternehmen zu hören sind.
Im globalen Standortwettbewerb liegt Deutschland nach wie vor auf den hinteren Rängen. Nur mit einer grundlegenden Unternehmenssteuerreform gelingt das Comeback.
Tanja Gönner, Bundesverband der Deutschen Industrie
Auch Manuela Schwesig, SPD, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, die den Vermittlungsausschuss mit geleitet hatte, sprach davon, dass die Wirtschaft dringend diese Impulse bräuchte.

"Das hat außen- wie innenpolitische Gründe", so Wirtschaftsminister Habeck. Es nütze nicht über das 0,2 %- Wachstum hinweg zu reden. Das Problem werde man "verdammt nochmal lösen".

21.02.2024 | 05:01 min

Deka-Chefvolkswirt: Gesetz springt zu kurz

Eher ernüchtert sieht es Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank: "Das Wachstumschancengesetz geht sicherlich in die richtige Richtung, springt dabei allerdings zu kurz. Vom Volumen her ist es sehr gering und auch die strukturellen Maßnahmen bewegen sich im Kleinklein und lösen die Probleme der deutschen Wirtschaft nicht." Insofern zeige es, "wie die Standortprobleme der Wirtschaft in Deutschland von der Politik zurzeit behandelt werden, nämlich eher symbolisch".
Der Bundestag hatte das Wachstumschancengesetz bereits beschlossen. Die Länder stoppten es danach jedoch wieder im Bundesrat und schickten es in den Vermittlungsausschuss. Sie befürchteten hohe Einnahmeausfälle.
Die Unionsfraktion aus CDU und CSU machte ihre Zustimmung davon abhängig, dass die Bundesregierung Bauern entlastet. Sie verlangten, dass Kürzungen bei den Subventionen für Agrardiesel zurückgenommen werden. Alternativ müssten die Bauern über andere Maßnahmen im selben Volumen entlastet werden.

Die Ampel stritt über den Weg aus der Wirtschaftsflaute, während die Union das sogenannte Wachstumschancengesetz blockierte.

25.02.2024 | 04:00 min

Wachstumspaket massiv verkleinert

Im Vermittlungsverfahren ging es ums Geld: Das Volumen des Wachstumspakets wurde von einst sieben Milliarden Euro bereits auf 3,2 Milliarden pro Jahr zusammengestrichen, außerdem die Prämie für Klimaschutz-Investitionen gestrichen.
Inzwischen hat die Ampel-Koalition Erleichterungen für die Agrarbranche in Aussicht gestellt, allerdings noch nichts konkretes. Nicht nur für die Bauern, auch für die gesamte Wirtschaft fordern Experten immer wieder konkrete Maßnahmen.
Die deutschen Unternehmen benötigen mehr Beinfreiheit bei ihren Entscheidungen, etwa durch substanziell weniger Regulierungen und Berichtspflichten, sie benötigen Planungssicherheit im Bereich Fachkräfte, Energie und Infrastruktur und sie benötigen weitere Investitionsanreize, etwa durch weitere steuerliche Entlastungen.
Ulrich Karter, Chefvolkswirt der Deka-Bank

CSU-Landesgruppenchef Dobrindt wies den Vorwurf zurück, Entlastungen für die Wirtschaft im Bundesrat zu blockieren.

25.02.2024 | 04:42 min

Immobilienbranche begrüßt steuerliche Anreize

Immerhin zeigt sich die Immobilienbranche erleichtert. So begrüßt vor allem der Immobilienverband ZIA nun die steuerlichen Anreize für mehr Wohnungsbau. Dies sei ein wichtiges Signal an die Immobilienwirtschaft, wieder mehr Investitionen anzugehen.
Beim Wohnungsbau könne es den Schub auslösen, den Mieterinnen und Mieter dringend bräuchten. Mit dem Gesetz kann die Bau- und Immobilienbranche Investitionskosten schneller steuerlich abschreiben. Das soll dafür sorgen, dass schneller wieder Geld für neue Investitionen zur Verfügung steht.

Steht die deutsche Wirtschaft vor dem Absturz? Sehen Sie dazu maybrit illner mit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Grünen-Chefin Ricarda Lang.

22.02.2024 | 63:08 min

Karter: Keine Aufbruchstimmung

Bundeskanzler Olaf Scholz gibt sich heute erleichtert. Das Wachstumschancengesetz werde Unternehmen helfen, in angespannten Zeiten in Forschung, Entwicklung und wirtschaftliches Wachstum zu investieren, sagt der Bundeskanzler. Der Wirtschaft geht das nicht weit genug.
Wirtschaftspolitik ist auch zu einem großen Teil Psychologie. Aufbruchsstimmung wird jedenfalls durch dieses Gesetz nicht verbreitet.
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank
Auch, wenn es für Aufbruchstimmung vielleicht noch nicht reicht, ein Anfang ist gemacht. Für die Wirtschaft müssen allerdings weitere Schritte folgen.

Thema

Mehr zur Lage der deutschen Wirtschaft