: Hält Kretschmer die Brandmauer zur AfD?

von Thomas Bärsch
01.10.2023 | 13:02 Uhr
Die AfD liegt in Sachsen in Umfragen vorn. Für die CDU im Land stellt sich die Frage, was das für künftige Regierungsbildungen heißt. In elf Monaten wird dort gewählt.

In einem Jahr wählt Sachsen einen neuen Landtag. Eine richtungsweisende Wahl, denn die AfD wird im Freistaat immer stärker, zieht momentan sogar an der CDU vorbei. Der Wahlkampf hat schon begonnen.

30.09.2023 | 04:52 min
Wo immer die Sachsen-CDU auftaucht, Demonstranten von rechts sind schon da, auch kürzlich in Riesa. Der Krach ist Michael Kretschmers ständiger Begleiter.

Auch CDU-Basis unzufrieden

Doch auch die eigene Basis zeigt sich unzufrieden: Mit der Arbeit der eigenen Kenia-Koalition mit SPD und Grünen. Dahinter steht die Angst vor einer krachenden Wahlniederlage im September kommenden Jahres.
Kretschmer verweist auf die Erfolge: Landarztquote, Ansiedlungen, eingestellte Polizisten und versichert dann, dass er "diese Leute", die Grünen also und "ihre Lebensart", auch nicht möge.
"Allerdings haben wir mit den Grünen keine einzige Abstimmung verloren", donnert der Ministerpräsident am Rednerpult und kämpft um Verständnis dafür, um jeden Preis an den Grünen festzuhalten - um so eine Zusammenarbeit mit der AfD zu umgehen.

CDU-Basis bringt Minderheitsregierung ins Gespräch

Aber will die Basis das? An den Grünen festhalten? Sven Eppinger, stellvertretender Kreisvorsitzender aus Meißen, rechnet vor:
68 Prozent der Sachsen wollen die Grünen nicht in der Regierung haben.
Sven Eppinger, stellvertretender CDU-Kreisvorsitzender aus Meißen
Eppinger fragt, ob man nicht die Kenia-Koalition verlassen und sich als Minderheitsregierung konservativ profilieren könnte.

Kretschmer gegen AfD-Duldung bei Minderheitsregierung

Dass genau dafür eine Duldung durch die AfD nötig wäre, bringt Kretschmer auf die Palme. So etwas gebe es nicht, versichert er, schiebt aber einen interessanten Satz hinterher: "...solange ich hier noch etwas zu sagen habe!"
Gefühlt setzt Kretschmer hier hinter jedem Wort einen Punkt. Er bekommt Applaus, aber eher kurz und zögerlich. Seine Basis scheint uneins.
Aktuell liegt die AfD laut INSA mit 35 Prozent sechs Prozentpunkte vor der CDU mit 29 Prozent. Weit abgeschlagen alle anderen: Der Einzug von Grünen, SPD und FDP in den Landtag steht auf der Kippe - alle liegen deutlich unter 10 Prozent, auch die Linkspartei kommt nur auf 9 Prozent.

Ein Jahr vor der Landtagswahl steht die CDU-geführte Regierung in Sachsen unter Druck. Ein Bürgerdialog soll helfen.

18.09.2023 | 03:04 min

Urban strebt absolute AfD-Mehrheit an

Jörg Urban kennt diese Zahlen genau. Einen Tag nach Kretschmers Auftritt in Riesa bereist Sachsens AfD-Chef den gleichen Landkreis. Bei einem Infoabend in Meißen rechnet Urban vor, dass er eine absolute AfD-Mehrheit anstrebe.
Wenn im nächsten September genug Parteien an der 5-Prozent- Hürde scheitern, dann könnten 40 Prozent für die AfD rechnerisch schon reichen, und 35 Prozent habe man ja jetzt schon.
Der Gründung einer Wagenknecht-Partei sieht Urban demonstrativ gelassen entgegen. Den Frieden mit Russland wolle auch die AfD.
Ich wüsste gar nicht, was sie anbieten will, das man nicht auch bei der AfD bekommt.
Jörg Urban, Vorsitzender der AfD Sachsen

AfD: Einfache, klare, auch radikale Antworten

Seinem Publikum liefert Urban einfache, klare, auch radikale Antworten. Windkraft und Solar? Raus aus den Wäldern. Menschlicher Einfluss auf das Klima? Gering. Was hilft gegen Fachkräftemangel? Strengere Zulassungsvoraussetzungen für Abitur und Eingangstests bei Unis. Billiges Gas für die Industrie? Deswegen wolle man ja den Frieden mit Russland.

Die AfD befindet sich im Umfragehoch. Die in Teilen rechtsextreme Partei bezeichnet sich selbst als bürgerlich und liberal, tatsächlich werden die Töne immer radikaler.

19.09.2023 | 07:17 min
Wenn der Reporter darauf hinweist, dass das so klinge, als könne Putin den Donbass behalten, wenn er nur billiges Gas liefere, dann antwortet der AfD-Chef "richtig" und verweist auf die USA, die "viele völkerrechtswidrige Kriege" geführt hätten, denen auch keine Sanktionen gefolgt seien.
Natürlich favorisiert Urban Grenzkontrollen samt Pushback von Flüchtlingen. Er weiß, dass sie juristisch umstritten sind. Seinem Publikum sagt er das nicht. "Ich würde erstmal Pushbacks machen", erklärt er hinterher im Interview, "und die dann rechtlich prüfen lassen. Da würde ich auch ins Risiko gehen."

Sachsen steht im Herbst 2024 vor Entscheidung

Sachsen steht vor einer Entscheidung. Auf der einen Seite eine schwierige Koalition in Krisenzeiten, eingebunden in Bundes- und Europapolitik.
Andererseits eine AfD, die deutlich macht, dass sie diesem Land ein anderes Gesicht geben würde, wenn sie könnte, wie sie wollte. Es sind noch elf Monate bis zur Landtagswahl. Wohl noch nie zuvor hat ein Wahlkampf dafür so früh begonnen.

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