Interview

: Wie man Gebäude vor Hochwasser schützen kann

06.06.2024 | 02:48 Uhr
Immer öfter kommt es zu katastrophalen Hochwasserlagen. Entwicklungsplaner Birkmann von der Universität Stuttgart fordert neue Strategien zur Vorbeugung.

Sehen Sie hier das Interview mit Prof. Jörn Birkmann in voller Länge.

05.06.2024 | 05:52 min
Aufräumen alleine reicht nicht nach einem Hochwasserereignis. "Wir müssen schneller lernen" und Städte und Häuser an die veränderten Bedingungen anpassen, sagt Prof. Jörn Birkmann im Interview mit dem ZDF heute journal.
Wie man Städte und Dörfer in Zukunft widerstandsfähiger gegen die Klimakrise machen kann, dazu forscht Birkmann am Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung in Stuttgart.
Sehen Sie das Interview oben im Video in voller Länge oder lesen Sie es hier in Auszügen.
Im Gespräch mit dem ZDF heute journal stellt er fest, dass ...

... Risikomanagement-Strategien angepasst werden müssen

Starkregen werde durch die Klimakrise häufiger und intensiver auftreten, macht Birkmann klar. Das heißt: "Man kann nicht die Konzepte von vor 20, 30 Jahren als Lösung ausgeben", so Birkmann. Die Risikomanagement-Strategien müssten angepasst werden und "da müssen wir sicherlich auch noch schneller lernen".
Deiche alleine reichten nicht aus. Man müsse überlegen, ob Häuser und Infrastruktur richtig geschützt seien. "Wir müssen davon weg gehen, dass wir immer glauben, das Wasser sei das Problem", sagt Birkmann. Der Häuser-Umbau sei entscheidend.

Die Lage in Bayern bleibt gefährlich, sechs Menschen sind bisher aufgrund des Hochwassers ums Leben gekommen. In Baden-Württemberg normalisiert sich die Situation langsam.

06.06.2024 | 00:13 min
"Wenn wir wieder sehen, wie Öl- und Gastanks genutzt werden, haben wir da zu wenig gelernt", so Birkmann. Wenn etwa der Schaltkasten oder der Öltank hochwasserexponiert sind: "Hier wäre der Umbau an den Häusern wirklich wichtig."
Bei der Wiederaufbau-Förderung kann es nicht darum gehen, wie bei einem Auto nur den Schaden zu kompensieren, sondern wir müssen hier eine höhere Resilienz, eine höhere Anpassungsfähigkeit gegenüber zukünftigen Ereignissen haben.
Jörn Birkmann, Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung Stuttgart
Das heißt zum Beispiel für den Strom-Schaltkasten: "Der muss ein Stockwerk höher oder in den Garten."

... ein Starkregen- oder Hochwasser-Pass sinnvoll wäre

Man müsse drüber nachdenken, was man den Menschen gibt, um selber besser vorsorgen zu können, so Birkmann. "Bei einem Hausverkauf liefert man zum Beispiel einen Energieausweis mit. Einen Starkregen- oder Hochwasser-Pass gibt es nicht."
Wir müssen uns fragen, sind bestimmte Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Altenheime, wirklich günstig gelegen, wenn sie direkt an der Ahr, an der Donau oder an der Fils liegen. Da müssen wir unterschiedliche Schutzziele definieren.
Jörn Birkmann, Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung Stuttgart
Dabei müsse man schauen, was das Wasser treffen könne.

...sensible Einrichtungen verlegt werden sollten

Würde das Hochwasser ein Parkhaus treffen, sei das weniger problematisch. "Aber wenn es ein Krankenhaus, ein Altenheim oder ein Schulgebäude trifft, aus dem sich die Kinder nicht selbst evakuieren können", sehe das ganz anders aus. Dann müsse man eine räumliche Verlagerung der Gebäude forcieren.
Außerdem sollten Stauseen nicht mitten in Dörfern entstehen. Diese Wassermassen müssten abgeleitet werden. Die Nutzung von Städten müsse sich zudem verändern. So könne man Flächen wieder entsiegeln.
Das Interview führte ZDF-Moderatorin Marietta Slomka. Zusammengefasst hat es ZDF-Redakteurin Katharina Schuster.

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