: Warum Giffey der CDU ihr Amt überlässt

von Pierre Winkler
13.04.2023 | 22:22 Uhr
Franziska Giffey erklärt bei "Lanz", warum sie für ein Bündnis mit der CDU auf das Amt der Berliner Bürgermeisterin verzichtet. Und sie kündigt Änderungen beim Thema Sicherheit an.

Die noch regierende Berliner Bürgermeisterin Giffey (SPD) erklärt ihre Pläne zur Amtsabgabe an die CDU. Für die Wähler sei sie bereit "einen Schritt zurück" zu gehen.

14.04.2023 | 01:22 min
In der deutschen Politik ist Franziska Giffeys aktueller Weg ein ungewöhnlicher. Warum will Berlins noch Regierende Bürgermeisterin in die zweite Reihe zurücktreten und den CDU-Mann Kai Wegner zu ihrem Nachfolger machen - trotz rot-rot-grüner Machtoption? "Wir haben ein sehr gutes Ergebnis erzielt. Und ja, dafür gehe ich einen Schritt zurück, um das zu ermöglichen", sagte die SPD-Politikerin am Donnerstagabend bei Markus Lanz mit Blick auf den schwarz-roten Koalitionsvertrag.
Über diesen stimmen die Berliner SPD-Mitglieder noch bis zum 21. April ab. Ein Votum, von dem die Koalition in Gänze abhängt. Und hier wurde Giffey deutlich, was sie in Richtung CDU getrieben hat: Es gehe vor allem darum, die eigenen Leute zu überzeugen. "Und da kann ich nicht sagen, wir kommen irgendwie mit nichts nach Hause", sagte sie. "Wir haben jetzt wichtige sozialdemokratische Vorhaben. Wir haben starke Ressorts, mit denen man die Stadt auch wirklich gestalten kann."

Die Spitzen von CDU und SPD in Berlin haben sich viel vorgenommen. Doch bevor die Gro-ße Koalition mit CDU-Mann Kai Wegner als neuem Chef durchstarten kann, muss die Partei-basis von CDU und SPD noch zustimmen.

08.04.2023 | 03:47 min

Giffey bald Bausenatorin?

Tatsächlich teilen sich CDU und SPD jeweils fünf Senatsposten, die SPD unter anderem die wichtigen Innen- und Wirtschaftsressorts. Giffey wird für den Posten der Bausenatorin gehandelt. Erstaunlich, angesichts der deutlichen SPD-Wahlniederlage und einem Unterschied von zehn Prozentpunkten zum Wahlsieger CDU.
Das fand auch der Journalist Michael Bröcker: "Das ist eigentlich ein Linksbündnis in Berlin mit einem schwarzen Bürgermeister", sagte der Chefredakteur von "The Pioneer". Giffey habe "einen roten Koalitionsvertrag hinbekommen". Und das ging offenbar mit der CDU am besten. Einerseits, weil diese bereit war, der SPD weit entgegenzukommen.

Zoff zwischen SPD und Grünen

Und andererseits, weil die Beziehung zwischen SPD und Grünen auch in Berlin laut Bröcker stark gestört sei. Über Giffey und die Grüne Berliner Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sagte er: "Das Verhältnis von ihr und Frau Jarasch ist gar nicht mehr zu beschreiben, so nicht vorhanden ist dieses Verhältnis." Ein Weiterführen von Rot-Rot-Grün mit Jarasch würde Giffey "körperliche Schmerzen bereiten".
Darum machte Giffey Druck für ein schwarz-rotes Bündnis und torpedierte damit erfolgreich die Sondierungen zwischen Grünen und CDU. Nach ihrer Entscheidung, dafür auf den Posten als Regierungschefin zu verzichten, habe sie auch mit Angela Merkel telefoniert, erzählte Giffey:
Sie hat mit dem Wort "Chapeau" kommentiert.
Franziska Giffey
Die ehemalige Kanzlerin habe ihre Hochachtung darüber zum Ausdruck gebracht, "diesen Schritt zu gehen, zu sagen: Wir haben ein Wahlergebnis, 28 Prozent CDU, 18 Prozent SPD. Ich bin der Überzeugung, dass ein sozialdemokratisches Bündnis mit der CDU gut für diese Stadt ist."

Giffey will Polizei besser ausstatten

Denn trotz einer deutlichen SPD-Handschrift im Koalitionsvertrag liegt Giffey in vielen Bereichen auch auf der Linie des neuen gewünschten Partners. Zum Beispiel beim Thema Sicherheit. Hier brauche Berlin "an bestimmten Stellen eine andere Politik". Also offensichtlich anders die der rot-rot-grün geführten Senate seit 2016.
Giffey wurde konkret: "Wir haben im Koalitionsvertrag jetzt mit der CDU Dinge vereinbart, die bedeuten: eine verstärkte Ausstattung von Polizei und Feuerwehr, mit Bodycams, auch mit der Möglichkeit der Strafverfolgung bis in die Privatwohnung hinein, in der dann auch die Bodycams eingesetzt werden können."

Giffey: Präventivhaft ausweiten

Die Polizei soll laut Giffey zukünftig mit Tasern ausgestattet werden, außerdem sollen alle Polizei- und Feuerwehrautos Kameras bekommen. Und auch das Mittel der Präventivhaft soll ausgeweitet werden: "Da gibt es im Moment in Berlin drei Tage. Wir haben jetzt vereinbart, dass es auf fünf Tage hochgesetzt werden soll", sagte Giffey.
All das soll dabei helfen, Straftaten besser und schneller aufzuklären. Giffey nannte als Beispiel die Vorkommnisse der Vorkomnisse der letzten Silvesternacht, als es in Berlin zu zahlreichen gewalttätigen Übergriffen auf Polizei und Rettungskräfte kam. Gerade einmal etwas mehr als 40 Verfahren seien seitdem eingeleitet worden, von denen 20 bereits eingestellt worden seien."Es ist schwierig, die Beweislage zu ermitteln", sagte Giffey. Darum belaufe sich die Zahl der Strafbefehle in Zusammenhang mit der Silvesternacht auf gerade einmal neun.

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