: Bündnisfall? Nato und Berlin zurückhaltend
15.11.2022 | 21:28 Uhr
Was, wenn wirklich russische Raketen in Polen zwei Menschen das Leben gekostet haben? Muss die Nato dann einschreiten? Bislang sind eher zurückhaltende Stimmen zu vernehmen.Die Nato geht den Berichten über mögliche russische Raketeneinschläge in Polen nach. "Wir prüfen diese Berichte und stimmen uns eng mit unserem Verbündeten Polen ab", sagte ein Nato-Verantwortlicher.
Die Nato verhalte sich noch sehr zurückhaltend, berichtet ZDF-Korrespondent Florian Neuhann aus Brüssel. Sollte es einen bewussten Angriff auf Nato-Gebiet gegeben haben, wäre das die große Eskalation, so Neuhann. Dann könnte der sogenannte Bündnisfall eintreten. Im Falle eines Querschlägers würden viele Nato-Staaten aber eher zurückhaltend reagieren, so Neuhann.
Florian Neuhann auf Twitter
Auch in Berlin denke niemand an einen Artikel-5-Bündnisfall, so ZDF-Hauptstadtkorrespondent Theo Koll.
Nato: Warschau könnte Aussprache verlangen
Nach Angaben aus der Nato könnte sich die Regierung in Warschau theoretisch auf Artikel 4 des Nordatlantik-Vertrags berufen und eine Aussprache der 30 Verbündeten verlangen - Polen prüft das nach eigenen Angaben vom Abend.
In Artikel 4 sichern sich die Nato-Staaten "Konsultationen" in allen Fällen zu, in denen ein Mitglied "seine territoriale Integrität, politische Unabhängigkeit oder Sicherheit" gefährdet sieht. Daraus gehen aber nicht zwingend gemeinsame Schritte hervor.
Bündnisfall nur nach 9/11 ausgerufen
Artikel 4 ist deutlich weniger weitreichend als der in Artikel 5 geregelte Bündnisfall. Dieser sieht im Falle eines "bewaffneten Angriffs" auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten eine kollektive Antwort vor. Artikel 5 wurde in der 73-jährigen Nato-Geschichte nur ein einziges Mal von einem Mitgliedsland bemüht: Von den USA nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001.
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Quelle: ZDF, dpa