: Nato: Erdogan stimmt Beitritt Schwedens zu

11.07.2023 | 06:47 Uhr
"Schweden wird Vollmitglied der Allianz": Nato-Generalsekretär Stoltenberg hat verkündet, dass die Türkei ihre monatelange Blockade aufgegeben hat.

Florian Neuhann berichtet aus Vilnius, Erdogan habe nun einem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt. Aus Istanbul erklärt Jörg Brase: Erdogan habe zuvor den Preis hochgetrieben.

10.07.2023 | 02:56 min
Die Türkei will den Nato-Beitritt von Schweden nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nicht länger blockieren.
Tweet von Jens Stoltenberg
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan habe bei einem Treffen mit dem schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson zugestimmt, das Beitrittsprotokoll so bald wie möglich dem türkischen Parlament vorzulegen, sagte Stoltenberg am Montagabend in Vilnius.
Zuvor hatten sich Erdogan, Kristersson und Stoltenberg in der litauischen Hauptstadt einen Tag vor dem Nato-Gipfel beraten.

Wann wird Schweden Nato-Mitglied?

Der Frage, wann der Nato-Betritt Schwedens vollzogen sein könnte, wich Stoltenberg allerdings aus. Er wiederholte nur, dass es eine klare Zusicherung gebe, die Ratifikationsdokumente dem Parlament zuzuleiten.
Die türkische Führung blockiert den schwedischen Beitritt seit gut einem Jahr. Sie verweist darauf, dass das skandinavische Land nicht ausreichend gegen "Terrororganisationen" vorgehe - dabei geht es ihr vor allem um die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Dass Ende Juni erstmals seit Monaten wieder ein Koran bei einer Demonstration in Stockholm angezündet worden war, belastete das Verhältnis zu Ankara zuletzt zusätzlich.

Der türkische Präsident Erdoğan knüpft einen Nato-Beitritt Schwedens an eine EU-Beitrittsperspektive für sein Land.

10.07.2023 | 02:15 min

Mai 2022: Schweden und Finnland beantragen Nato-Mitgliedschaft

Schweden und Finnland hatten im Mai 2022 unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Mitgliedschaft in der Nato beantragt.
  • Finnland ist bereits Anfang April zum 31. Mitglied des Bündnisses geworden.
  • Schweden fehlt die Zustimmung der Türkei und Ungarns, was in erster Linie an der türkischen Blockadehaltung gelegen hat.
Ungarn hatte zuletzt erneut beteuert, sich der Aufnahme Schwedens nicht in den Weg stellen zu wollen, sollte die Türkei grünes Licht geben.

Eine neue Koranverbrennung in Schweden könnte die Spannungen mit der Türkei weiter verschärfen. Der türkische Außenminister nannte den Vorfall "verachtenswert".

29.06.2023 | 00:24 min

So reagieren Deutschland und die USA

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und US-Präsident Joe Biden begrüßten das grüne Licht von Erdogan. "Gute Nachrichten aus Vilnius: Der Weg für die Ratifizierung von Schwedens Nato-Mitgliedschaft durch die Türkei ist endlich frei", erklärte Baerbock auf Twitter.
Tweet von Annalena Baerbock
Biden erklärte: "Ich stehe bereit, mit Präsident Erdogan und der Türkei zusammenzuarbeiten, um die Verteidigung und Abschreckung im Euroatlantik-Raum zu verstärken. Ich freue mich, Regierungschef Kristersson und Schweden als unseren 32. Nato-Verbündeten zu begrüßen. Und ich danke Generalsekretär Stoltenberg für seine standhafte Führung."

Erdogan: Macht Weg der Türkei in die EU frei

Vor seinem Abflug nach Vilnius machte der 69-Jährige Erdogan seine Zustimmung dann überraschend von einer eine Belebung der Beitrittsgespräche der Türkei zur EU abhängig.
In Istanbul sagte Erdogan an die EU-Länder gerichtet:
Ebnet zunächst den Weg der Türkei in die Europäische Union, danach ebnen wir den Weg für Schweden, so wie wir ihn für Finnland geebnet haben.
Recep Tayyip Erdogan, türkischer Präsident
In Stockholm hatte man lange Zeit das Ziel ausgegeben, die türkische Blockade bis zum Gipfel in Vilnius lösen zu wollen. Wann genau es nach Erdogans positivem Signal nun so weit ist, ist noch offen.

Die Pläne zum Nato-Beitritt Schwedens und Forderungen des türkischen Präsidenten Erdogan zu Verhandlungen mit der EU überschatten am Vorabend des NATO-Gipfels die Sondierungen.

10.07.2023 | 02:42 min

ZDF-Korrespondent: USA stellen Türkei F-16-Deal in Aussicht

Dass Erdogan nun nachgegeben hat, könnte mit der Zusage für US-amerikanische F16-Kampfjets zusammenhängen. Diese hatte der türkische Präsident gefordert.
Der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, sagte in einem Pressegespräch am Rande des Nato-Gipfels, Biden wolle in den nächsten Tagen das Paket über Kampfjets in den Kongress einbringen. Die Türkei wolle 40 neue Kampfflugzeuge der Modellreihe und moderne Ausrüstung von den USA kaufen, berichtet ZDF-Washington-Korrespondenten Elmar Theveßen. Es gehe um einen Auftrag im Umfang von rund 20 Milliarden US-Dollar.

"Autoritäre Herrscher brauchen den Budenzauber wie Zimmerpflanzen das Sonnenlicht", sagt Michael Roth, SPD, Vorsitzender Auswärtiger Ausschuss, zu Erdoğans Sinneswandel.

11.07.2023 | 06:37 min

SPD-Außenexperte: Erdogan hat für Zustimmung etwas erhalten

Offenbar hätten Joe Biden und Erdogan darüber auch am Sonntag gesprochen. Ob das den Ausschlag für die Entscheidung Erdogans gegeben hätte, den Widerstand gegen den Nato-Beitritt Schwedens aufzugeben, sei unklar, so Theveßen.
Außenpolitiker Michael Roth (SPD) sieht einen Zusammenhang zwischen der Entscheidung Erdogans und einer möglichen F-16-Vereinbarung mit den USA: "Er hat ja auch dafür was erhalten. Erstens hat er der eigenen Landsmannschaft in der Türkei deutlich gemacht: 'Dem Westen habe ich es mal wieder so richtig gezeigt und auf den Tisch gehauen'", sagte Roth im ZDF Morgenmagazin.
Und zum anderen bekommt er jetzt die F-16-Jets, um die er ja lange gebeten hat.
Michael Roth, SPD-Außenpolitiker
Klugerweise hätte Biden mit der Zusage der F-16-Jets gewartet, um damit die wichtige Unterstützung der Türkei für den Nato-Beitritt Schwedens zu verhandeln, so der SPD-Politiker.
Quelle: AFP, Reuters

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