: Fibromyalgie - Symptome, Behandlung, Ursachen

von Andreas Kürten
05.12.2023 | 12:43 Uhr
Schmerzen, die den Alltag zur Qual machen. Für Menschen mit Fibromyalgie ist das bittere Realität. Betroffene fühlen sich oft nicht ernstgenommen. Was hinter der Krankheit steckt.

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Fibromyalgie ist eine chronische Schmerzerkrankung. Neben Schmerzen vor allem im Bereich von Muskeln und in der Nähe von Gelenken, ist meist auch die Wirbelsäule betroffen. Die Symptome können am ganzen Körper auftreten, häufig begleitet von Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Schlafstörungen. In Deutschland leiden etwa 3,5 Prozent der Menschen darunter, Frauen etwa siebenmal häufiger als Männer. Die Schmerzen treten meist im mittleren Lebensalter zum ersten Mal auf.

Welche Ursachen hat die Fibromyalgie?

Die Ursachen der Erkrankung sind nach wie vor unbekannt. Es gibt aber Risikofaktoren, die das Auftreten der Schmerzen begünstigen, etwa Übergewicht, psychische Belastungen, Stress und Bewegungsmangel. Zudem scheinen neurologische oder biochemische Störungen eine Rolle zu spielen. Die Krankheit kann auch infolge einer anderen Erkrankung auftreten. Sie wird den psychosomatischen Störungen zugeordnet.

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Warum ist Fibromyalgie so schwer festzustellen?

Die Beschwerden der Fibromyalgie ähneln anderen Krankheiten, die ausgeschlossen werden müssen. Viele Betroffene gehen jahrelang von Arzt zu Arzt, bis sie ihre Diagnose erhalten.
Jan Meier, Facharzt für Anästhesiologie am Schmerzzentrum Wiesbaden, beschreibt das Problem so: "Wir haben Schmerzen im Bereich von Muskulatur und Gelenken, die keinen klaren Befund ergeben, was auslösend ist, so dass man Fibromyalgie als eine Schmerzverarbeitungsstörung bewertet."
Bei Betroffenen wird häufig eine rheumatische Erkrankung vermutet, die mit einer Blutuntersuchung ausgeschlossen werden kann. Denn: Bei Fibromyalgie liegen keine Entzündungswerte vor. Doch es gibt Möglichkeiten, der Diagnose Fibromyalgie auf die Spur zu kommen. Viele Betroffene finden Hilfe in speziellen Schmerzzentren.

Wie wird Fibromyalgie festgestellt?

  • Anamnesegespräch: Wichtig ist eine exakte Beschreibung der Kombination von Beschwerden. Meist sind das Schmerzen im Bereich von Wirbelsäule, Gelenken und Muskeln, kombiniert mit Begleitsymptomen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder Depression.
  • Körperliche Untersuchung: Gesucht wird nach Druckpunkten, so genannten Triggerpunkten, die den Schmerz auslösen oder verstärken. Sie treten nicht in den Muskeln und Gelenken selbst auf, sondern nur in deren Bereich.
  • Widespread Pain Index: Ein speziell entwickelter Fragebogen, bei dem auf mehreren Skalen die ausgedehnten Schmerzen und Beschwerden des Betroffenen am gesamten Körper vom Arzt abgefragt und eingeordnet werden.

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Warum helfen gängige Schmerzmittel nicht?

Ein Problem ist, dass primär entzündungshemmend wirkende Schmerzmittel, zum Beispiel mit den Wirkstoffen Ibuprofen, ASS oder Paracetamol, kaum wirken. Die Schmerzmittel helfen vor allem bei Krankheitsbildern mit Entzündungsprozessen, was bei Fibromyalgie nicht der Fall ist. Sie haben auch eine generelle schmerzlindernde Wirkung. Warum sie bei Fibromyalgie nicht ausreichend wirken, ist noch nicht geklärt. Dennoch werden sie von Betroffenen häufig eingenommen, was Nebenwirkungen oder Abhängigkeit hervorrufen kann.
Etwa bei der Hälfte der Betroffenen helfen Antidepressiva. Sie verändern die Schmerzweiterverarbeitung im Bereich von Gehirn und Rückenmark. Dadurch kann die Schwelle der Schmerzempfindlichkeit bei Betroffenen nach oben gesetzt werden. Krankenkassen übernehmen die Kosten für diese Medikamente in der Regel nicht, da sie nicht zur Therapie der Fibromyalgie zugelassen sind.
Eine ursächliche Behandlung der Krankheit gibt es bisher nicht. Neuere Forschungen beschäftigen sich damit, das Immunsystem zu beeinflussen und Antikörper auszuschalten, die im Zusammenhang mit der Entstehung der Schmerzen stehen könnten.

Wie kann man die Schmerzen reduzieren?

Eine Fibromyalgie verläuft individuell und unberechenbar. Es gibt keine einzelne Behandlungsmethode zur Heilung, aber Möglichkeiten die Beschwerden zu behandeln und die Lebensqualität zu verbessern. Um einen Teufelskreis von Schmerzen und Schmerzmitteleinnahme zu vermeiden, ist es wichtig, Risikofaktoren auszuschalten. Bewegung und Sport, so gut es geht, sowie gesunde Ernährung können helfen, Schmerzen und Steifigkeit zu reduzieren.

Welche Begleitmaßnahmen helfen?

  • Physiotherapie: Da es bei Fibromyalgie um die eigene Schmerzwahrnehmung geht, werden Betroffene von Therapeuten weniger passiv behandelt, sondern vor allem zu aktiven Übungen angeleitet.
  • Biofeedback: Die Messung von Parametern wie Puls, Hautleitfähigkeit, Temperatur oder Muskelspannung wird Betroffenen mit einem Modul auf einem Monitor dargestellt. Dadurch kann ihre Wahrnehmung, zum Beispiel für zu starke Muskelspannung, geschult werden. Sie sollen so lernen, selbst Einfluss zu nehmen, zum Beispiel durch aktive Entspannung.
  • Heilfasten: Eine solche Kur über einen längeren Zeitraum kann laut einiger Studien bei manchen Betroffenen einen positiven Einfluss haben, weil oxidativer Stress reduziert wird.
  • Entspannungstechniken: Regelmäßige Muskelentspannung nach Jacobsen, Yoga, Qi Gong oder Meditation kann die Beschwerden reduzieren.

Ist Fibromyalgie ausreichend als Krankheit anerkannt?

Viele Betroffene leiden darunter, dass die Erkrankung medizinisch und gesellschaftlich nicht ausreichend anerkannt oder wahrgenommen wird.
Eben weil wir lange keine eindeutige Ursache benennen können, kommt es dazu, dass die Erkrankung von einigen ärztlichen Kollegen oder Kolleginnen nicht ernst genommen wird.
Jan Meier, Schmerzmediziner
Da sei auch in der Allgemeinbevölkerung so. Viele Erkrankte sehen sich oft mit Vorwürfen konfrontiert, zu simulieren oder nicht krank zu sein. Mehr Verständnis für und Wissen über Fibromyalgie wäre für sie sehr wichtig.

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