: Was pflanzliche Arzneimittel bewirken können

von Corinna Klee
20.11.2023 | 12:50 Uhr
Bis zu einem Drittel aller Deutschen hat Schätzungen zufolge eine nichtalkoholische Fettleber. Was man dagegen tun kann, und welche Rolle pflanzliche Medikamente dabei spielen.

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Die nichtalkoholische Fettleber (NAFL) entsteht aufgrund einer zu kalorienreichen Ernährung mit verarbeiteten Lebensmitteln, zu viel Zucker und zu viel Fett. Angesichts der weltweiten Zunahme von Übergewicht wird die NAFL zu einem ernsten Problem. Und das beginnt sehr früh, weiß Gero Moog, Gastroenterologe und Hepatologe am Marienkrankenhaus in Kassel:
Es gibt Studien aus den USA, wo schon im Alter zwischen 18 und 25 eine Fettleber bis hin zur Fettleber-Zirrhose nachgewiesen wurde. Nur durch die Ernährung.
Dr. Gero Moog, Gastroenterologe und Hepatologe am Marienkrankenhaus in Kassel
Ein Grund dafür könnte sein, dass es heute überall Nahrungsangebote gibt, und viele Menschen mehr oder öfter essen, als es sonst der Fall wäre.

Neue Bezeichnung für nichtalkoholische Fettleber

Seit dem Sommer dieses Jahres bezeichnet man die nichtalkoholische Fettleber (NAFL) offiziell auch als metabolische dysfunktionsassoziierte steatotische Lebererkrankung (MASLD). Damit sind alle Erkrankungsformen einer Fettleber gemeint, die nicht aufgrund von Alkohol auftreten, sondern im Rahmen eines metabolischen Syndroms. Zum metabolischen Syndrom gehören Adipositas, Bluthochdruck, erhöhter Blutzucker sowie eine Fettstoffwechselstörung.

Hilft Mariendistel gegen eine Fettleber?

Viele pflanzliche Produkte, die als Kapseln oder Saft zu kaufen sind, werden damit beworben, gut für die Leber zu sein. Zum Beispiel die Mariendistel: Sie soll die Regenerationsfähigkeit der Leber schützen und das Wachstum der Leberzellen anregen. Zudem soll sie die Verdauung unterstützen, indem sie die Sekretion von Gallenflüssigkeit aktiviert.
Tatsächlich enthalten die Früchte der Mariendistel für die Leber nutzvolle Inhaltsstoffe. Das standardisierte Extrakt aus der Frucht, Silymarin, enthält vier Hauptbestandteile. Einer von diesen, Silibinin, wird hochdosiert und intravenös bei einer Vergiftung mit dem Knollenblätterpilz eingesetzt. Silymarin wird außerdem zur begleitenden Behandlung chronisch-entzündlicher Lebererkrankungen eingesetzt, wie beispielsweise von Hepatitis C.
"Das sind aber wirklich Ausnahmesituationen, die nichts mit der normalen Lebererkrankung und schon gar nichts mit der Fettleber zu tun haben", betont Gero Moog.
Wenn ich erhöhte Leberwerte habe, kann ich das nicht in der Hoffnung nehmen, dass dadurch die Leberfunktion besser wird.
Dr. Gero Moog, Gastroenterologe und Hepatologe am Marienkrankenhaus in Kassel
Auch in der ärztlichen Leitlinie wird der Einsatz von Silymarin zur Behandlung einer NAFL aufgrund der Datenlage nicht empfohlen.

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Was Bitterstoffe bewirken können

In Drogeriemärkten und Apotheken sind zudem Säfte oder Kapseln aus Löwenzahn oder Artischocke erhältlich. Die darin enthaltenen Bitterstoffe sollen der Leber etwas Gutes tun, so, wie man es auch bitterem Gemüse nachsagt. Doch auch hier lässt sich festhalten: Dass dies der Leber hilft, ist nicht erwiesen.
Bitterstoffe sind für die Leber nicht besser als Nicht-Bitterstoffe.
Dr. Gero Moog, Gastroenterologe und Hepatologe am Marienkrankenhaus in Kassel
Alle diese Produkte hätten eine verdauungsfördernde Wirkung, erläutert Moog. "Und dann haben die Menschen gedacht, dann wird es auch die Leber positiv beeinflussen. Ist aber nicht so, es gibt keine einzige Studie dazu", so der Hepatologe.

Warum ist eine NAFL so gefährlich?

Die NAFL kann, ebenso wie die alkoholische Fettleber, zu einer Entzündung der Leber führen und in einer Leberzirrhose mit Funktionsverlust des Organs enden, wenn man seine Gewohnheiten nicht ändert. Das Problem: Die fette und zuckerreiche Ernährung kann in Verbindung mit Übergewicht zu Folgeproblemen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Problemen und Herzinfarkt führen.

Die Leber ist ein guter Indikator für eine ungesunde Lebensweise mit zu wenig Bewegung und falscher Ernährung. Wer die Diagnose Fettleber erhält und seine Lebensgewohnheiten rechtzeitig umstellt, kann gesünder und länger leben und eine bestehende Fettleber kann sich wieder komplett zurück bilden.

Neues Medikament gegen NAFL in den USA in Erprobung

Eine wirksame medikamentöse Möglichkeit zur Behandlung der Fettleber gibt es bislang nicht. Ein Hoffnungsschimmer kommt nun aus den USA: Das Medikament Resmetirom ahmt die Funktion der Schilddrüse nach und führt in ersten Studien zu einem signifikanten Rückgang des Leberfettgehaltes. Die Daten zeigten auch eine gute Verträglichkeit. Mit einer Zulassung könnte in diesem oder im kommenden Jahr gerechnet werden.

Welche Lebensmittel fördern die Lebergesundheit?

Viele Lebensmittel, Kräuter und Tees gelten als besonders förderlich für die Lebergesundheit. So zum Beispiel Artischocken, Sojabohnen, Kurkuma, Ingwer, Grüner Tee, Pfefferminztee oder Schafgarbe. Aber es gibt kaum Studien, die diesen Zusammenhang zuverlässig beweisen. Die beste Strategie für eine gesunde Leber bleibt daher eine ausgewogene Ernährung in Verbindung mit einem gesunden Lebensstil.
Auf dem Essensplan sollte mediterrane Kost stehen: Viel saisonales Gemüse mit frischen Kräutern, Olivenöl und wenig Fleisch. Zudem sollte man auf Vollkornprodukte setzen und insgesamt Kalorien reduzieren. Wasser und ungesüßter Tee sind die Getränke der Wahl. Auch Kaffee ist erlaubt und soll positiv auf die Leber wirken.
Vorsicht ist bei versteckten Dickmachern in vielen Fertigprodukten geboten. Auch Softdrinks und Säfte sind schlecht für die Lebergesundheit, denn sie enthalten viel Zucker, den die Leber in Fett umwandelt und einlagert. Täglich sollte man bis zu zwei Portionen Obst essen, weil die Ballaststoffe und Vitamine gut für den Körper sind. Aber auch nicht mehr, denn insbesondere den Fruchtzucker (Fruktose) kann die Leber dann nicht mehr verstoffwechseln. Und gerade in Säften oder Smoothies steckt meistens zu viel Obst.

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