: Welche Rolle hat der Klimawandel wirklich?

von Birgit Hermes
06.08.2023 | 19:23 Uhr
Die letzten Hitzewellen in Europa, China sowie Teilen der USA und Mexikos würden ohne den Klimawandel extrem selten sein, sagt eine aktuelle Analyse. Doch es gibt Kritik.
Hitzewarnung im kalifornischen Death ValleyQuelle: AFP
Am 25. Juli publizierten Wissenschaftler des Imperial College London und des Royal Netherlands Meteorological Institut eine sogenannte Attributionsstudie, die zu dem Schluss kommt, dass der Klimawandel bei den jüngsten Hitzewellen in Nordamerika, China und Europa eine "überwältigende Rolle" spielt:
Wir haben herausgefunden, dass der Klimawandel die Wahrscheinlichkeit solcher Hitzewellen in diesen Regionen erhöht hat und dass die Temperaturen in Europa und Nordamerika ohne die Auswirkungen des Klimawandels praktisch unmöglich gewesen wären.
Izidine Pinto, Forscher der Attributionsstudie
Die noch nicht von unabhängigen Wissenschaftlern geprüfte Studie geht durch die Medien, wird in wissenschaftlichen Fachkreisen allerdings weniger wahrgenommen. Klimaforscher Douglas Maraun schätzt die Studie für ZDFheute ein.

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Hitzewelle-Studie "robust" und "plausibel"

In Europa sei die Hitzewelle um 2,5 Grad Celsius, in Nordamerika um zwei Grad Celsius und in China um ein Grad Celsius wärmer gewesen als sie es ohne den Klimawandel gewesen wäre, heißt es in der Studie. Dieses Studienergebnis stuft Douglas Maraun, Klimawissenschaftler an der Universität Graz und einer der Autoren des sechsten Sachstandsberichtes des Weltklimarates IPCC als robust und plausibel ein.
"Mit dem Treibhauseffekt wird es insgesamt wärmer", so Maraun. "Wenn dann Wetterlagen hinzukommen, die Hitzewellen entstehen lassen, überschreitet die Temperatur schneller einen Schwellenwert als sie es ohne Klimawandel getan hätte."
Insofern beeinflusst der Klimawandel ganz trivial Hitzewellen: Sie werden wärmer und häufiger.
Douglas Maraun, Klimawissenschaftler an der Universität Graz

Wissenschaftler: Hitzewellen auch ohne Klimawandel möglich

Kritisch beurteilt Douglas Maraun allerdings die getroffenen Wahrscheinlichkeitsaussagen. Laut Studie wäre die Hitzewelle in den USA und Mexiko ohne den Klimawandel praktisch unmöglich gewesen.
Diese Aussage würde jedoch nicht bedeuten, dass es ohne Klimawandel keine Hitzewelle gegeben hätte. Diese wäre, so der Wissenschaftler, einfach zwei Grad kälter gewesen.

Wissenschaft kämpft noch immer mit Unsicherheiten

Wahrscheinlichkeitsaussagen seien aber auch aus einem anderen Grund schwierig zu treffen.
Für extreme Wetterereignisse fänden sich in den Medien oft eindeutige Erklärungen. Tatsächlich aber kämpfe die Wissenschaft - auch wenn es um die Rolle des Klimawandels bei Extremwetter gehe - noch immer mit Unsicherheiten.

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So auch bei der Entstehung von Hitzewellen. "Eine Hitzewelle entsteht durch eine besondere Wetterlage, zum Beispiel eine blockierende Wetterlage. Je stabiler diese blockierende Wetterlage ist, je länger sie verharrt, desto schlimmer wird die Hitzewelle", erklärt Douglas Maraun.
Wie sich aber solche Wetterlagen im Klimawandel verändern, ist noch ausgesprochen unsicher, weil die Klimamodelle noch relativ schlecht darin sind, Häufigkeit und Dauer solcher Wetterlagen zu simulieren.
Douglas Maraun, Klimawissenschaftler an der Universität Graz
Er fährt fort: "Auch der IPCC-Bericht sagt klar: Die Unsicherheiten sind noch groß."
Dass in der Studie behauptet wird, Hitzewellen seien ohne den Klimawandel nicht möglich, lässt für den Wissenschaftler den Eindruck entstehen, den Autorinnen und Autoren ginge es vor allem um mediale Aufmerksamkeit.

"Ohne Klimawandel Hitzewelle zwei Grad kälter"

Aus Sicht des Wissenschaftlers wäre es transparenter gewesen, die Studienmacher hätten einfach kommuniziert: "Ohne den Klimawandel wären die Hitzewellen zwei Grad kälter gewesen".

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