: Was heiße Meere für unser Wetter bedeuten

von Mojib Latif
06.08.2023 | 06:47 Uhr
Ein Höchstwert reiht sich in diesem Jahr an den nächsten: Die Meeresoberfläche wird immer wärmer. Warum heiße Ozeane uns nicht egal sein können.

In den letzten Monaten haben Rekordtemperaturen an der Meeresoberfläche für Schlagzeilen gesorgt. Von Ende März bis zum heutigen Tag waren die Temperaturen an der Meeresoberfläche im weltweiten Durchschnitt so warm wie nie zuvor seit dem Beginn der Satellitenmessungen 1981. Auch im Nordatlantik sind die Temperaturen seit mehreren Monaten auf ein Rekordniveau gestiegen.

El Niño erreicht Höhepunkt zum Jahreswechsel

Außerdem entwickelt sich gerade das Klimaphänomen El Niño, eine alle paar Jahre wiederkehrende natürliche Erwärmung der Meeresoberfläche im tropischen Pazifik, die zum Jahreswechsel ihren Höhepunkt erreichen wird.

Terra-X-Kolumne auf ZDFheute

In der Terra-X-Kolumne auf ZDFheute beschäftigen sich ZDF-Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten wie Harald Lesch, Mirko Drotschmann und Jasmina Neudecker sowie Gastexpert*innen jeden Sonntag mit großen Fragen der Wissenschaft - und welche Antworten die Forschung auf die Herausforderungen unserer Zeit bietet.
Weil die Ozeane zwei Drittel der Erde bedecken, besitzen sie einen großen Einfluss auf die global gemittelte oberflächennahe Lufttemperatur. Der Juli dieses Jahres war der Monat mit der höchsten Lufttemperatur seit Beginn der Messungen.

Ozeane ein Indikator für den Klimawandel

Die seit vielen Jahren steigenden Meerestemperaturen kommen keineswegs überraschend. Sie sind hauptsächlich die Folge der von den Menschen verursachten globalen Erwärmung. Durch den Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre wurde Wärme im Klimasystem eingeschlossen. Die Meere haben 90 Prozent dieser Wärme aufgenommen und zurückgehalten. 
Insofern sind die Ozeane ein unbestechlicher Indikator für den menschengemachten Klimawandel. Dabei kann man die höheren Temperaturen typischerweise bis in Tiefen von etwa zwei Kilometer nachweisen, in einigen Meeresregionen sogar darunter. Das Meerwasser dehnt sich durch die Erwärmung aus, was neben dem Schmelzen der Landeismassen ein wichtiger Faktor für den Anstieg der Meeresspiegel ist.

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Wie hohe Temperaturen das Wetter beeinflussen

Höhere Meerestemperaturen lassen zudem die Verdunstungsrate ansteigen, wodurch prinzipiell mehr Energie für die Wetterabläufe zur Verfügung steht, in der Wissenschaft spricht man von der latenten Energie. Extreme Wettereignisse häufen sich infolge dessen und intensivieren sich auch zum Teil. Das kann unter anderem zu stärkeren Gewittern mit heftigeren Windböen, Starkniederschlägen und Hagelschlägen führen.

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Mit dem Sterben der Korallen verschwindet das Fundament der Artenvielfalt

Besonders besorgniserregend ist das Korallensterben in den Tropen. Die Korallen sind an gleichbleibend warme Temperaturen gewöhnt. Eine übermäßige und langanhaltende Erwärmung des Meerwassers führt zum Bleichen der Korallen und kann für sie das Todesurteil bedeuten.
In der Tat beobachtet man die Korallenbleiche in den letzten Jahren häufiger. Bei weiter ansteigenden Meerestemperaturen besteht die Gefahr, dass in den kommenden Jahrzehnten nahezu alle Korallen sterben, was unübersehbare Folgen für die Artenvielfalt in den Riffen hätte. Die Erwärmung führt schließlich tendenziell auch zu weniger Sauerstoff in den Ozeanen, ihr wertvollstes Lebenselixier.

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Versauernde Meere verstärken den Klimawandel

Die Ozeane nehmen nicht nur Wärme aus der Atmosphäre auf, sondern auch das Treibhausgas CO2, das hauptverantwortlich für die globale Erwärmung ist. Derzeit nehmen sie gut ein Viertel der vom Menschen erzeugten Emissionen auf.

Auch Versauerung stresst das Meer

Die ozeanische Wärme- und CO2-Aufnahme dämpfen einerseits die Erwärmung der Atmosphäre. Andererseits nimmt die marine Lebewelt Schaden. Die CO2-Aufnahme lässt den pH-Wert des Meerwassers sinken, das heißt sein Säuregrad nimmt zu. Die Versauerung ist neben der Erwärmung ein weiterer Stressfaktor für das Leben im Meer.
Insbesondere kalkbildende Organismen wie Korallen, Krebse oder Muscheln leiden unter einem höheren Säuregrad. Je wärmer das Wasser und je höher der Säuregrad, desto weniger effizient kann der Ozean CO2 aus der Luft aufnehmen. Da der Mensch weiterhin Treibhausgase emittieren wird, verbleiben zunehmend mehr davon in der Atmosphäre und beschleunigen die Klimaerwärmung.
Mit jedem Kilogramm CO2 in unserer Atmosphäre schaden wir den Meeren, den Arten, die darin Leben und zuletzt auch uns selbst. Wie viele Lebewesen wir retten, hängt vom Willen aller ab - denn die Arche Noah ist unser Planet höchstselbst.

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Mojib Latif

... ist Professor an der Universität Kiel und forscht am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2015 den Deutschen Umweltpreis. In der Laudatio heißt es: "Er ist eine der herausragenden Persönlichkeiten der Klimaforschung, ein Wissenschaftler, der Wissen schafft und die komplexen Sachverhalte in eine verständliche Sprache übersetzt."
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