Interview

: Welche Folgen hat Irans Angriff für Nahost?

14.04.2024 | 16:12 Uhr
Nach dem Angriff auf Israel herrscht Unsicherheit: Wird die Regierung Netanjahu zurückschlagen? Und wie wird es in der Region weitergehen? Zwei Experten erklären die Lage.

Iran hat Israel mit mehr als 300 Drohnen und Raketen angegriffen. Was das für den Nahen Osten bedeutet, die Analyse bei ZDFheute live.

14.04.2024 | 33:25 min
Nach dem Raketenangriff des Iran auf Israel kehrt im Land zwar wieder Ruhe ein, doch die Unsicherheit in der Region ist größer geworden. Der Iran warnt Israel vor Vergeltungsschlägen, Israel berät über seine Reaktion.
Die Lage am Tag danach ordnen die beiden Nahost-Experten Gil Yaron und Daniel Gerlach im Interview mit ZDFheute ein.
Sehen Sie beide Interviews oben in voller Länge oder lesen es hier in Auszügen.
Das sagten Gil Yaron und Daniel Gerlach dazu ...

… ob Israel zurückschlagen wird

Wie Israel auf den Angriff des Iran reagieren wird, hängt laut Gil Yaron von der Entscheidung des israelischen Kriegskabinetts ab. Die israelische Regierung habe theoretisch viele Optionen, "von Nichtstun bis Frontalangriff auf den Iran".
Es gebe aber auch viele Gradierungen dazwischen: ein Cyberangriff oder eine Attacke auf eine Drohnenfabrik seien auch denkbar:
Wofür sich Israel letzlich entscheiden wird - und noch wichtiger, wann es das tun wird - das ist weiterhin weit offen.
Gil Yaron, Nahost-Experte
Gegen einen Gegenschlag spreche: Israel wolle nicht die lang aufgebaute strategische Kooperation mit Staaten wie Saudi-Arabien oder Jordanien gefährden.

Iran habe seine "Muskeln spielen lassen" und eine weitaus größere Konfrontation sei möglich, sagt ZDF-Korrespondent Michael Bewerunge in Tel Aviv.

14.04.2024 | 04:07 min

… wie es im Pulverfass Nahost weitergehen wird

"So eine Prognose ist extrem schwierig", erklärt Daniel Gerlach. Die Akteure hätten selbst noch nicht entschieden, wie sie sich verhalten werden.
Der Angriff hat aber auch Folgen für den Gaza-Krieg:
Mit dem Angriff des Iran auf Israel ist genau das eingetroffen, was sich die Hamas seit Beginn des Krieges wünscht: Dass sich die Front vervielfacht.
Gil Yaron, Nahost-Experte
"Dass Israel nicht nur in Gaza kämpft, sondern an der Grenze zum Libanon, auch mit dem Iran, auch mit Syrien, auch mit den Huthis." Das bestärke die Hamas darin, keine Verhandlungslösung zu suchen für die israelischen Geiseln im Gazastreifen.
ZDFheute Infografik
Mehr
Mehr
Mehr

… welche Folgen der Angriff für Israel hat

Und genau das sei ein Problem für Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. "Denn wenn die Hamas nicht verhandeln will, hat Netanjahu nicht viel, was er der Bevölkerung bieten kann", so Yaron. Die Geiseln in Gaza seien aktuell für die meisten Israelis "emotional die wichtigste Frage".
Andererseits nutzt der Angriff des Irans Israel politisch, erklärt Yaron. Die Weltgemeinschaft stehe nun zumindest vorerst wieder hinter Israel, nachdem es wegen der Kriegsführung im Gazastreifen in der Kritik stand. Der politische Fokus verschiebe sich im Sinne Israels.

In der Nacht zu Sonntag hat der Iran Israel mit Drohnen und Raketen angegriffen. In vielen Orten in Israel gab es Alarm. Anne Brühl berichtet aus Tel Aviv.

14.04.2024 | 01:34 min

... was der Angriff dem Iran gebracht hat

Die Iraner haben sich "ein Stück weit überschätzt", sagt Gerlach. Der Angriff war eine "politische Geste", und er Weltöffentlichkeit einerseits zu zeigen 'Wir reagieren', man andererseits dabei aber Maß halte. Dabei seien sie aber eher "in eine Falle getappt". Die iranische Regierung wollte sich nicht in den israelischen Konflikt mit der Hamas nach dem 7. Oktober reinziehen lassen. "Sie wollte aber geopolitisch als großer Gewinner daraus hervorgehen." Das sei durch den Angriff ein Stück weit "zunichte gemacht".
Denn: Die westliche Welt stehe nun wieder stärker auf der israelischen Seite - und gleichzeitig sind die iranischen Drohnen und Raketen militärisch hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Keine hat ihr Ziel erreicht. Das Abschreckungspotenzial habe der Iran laut Gerlach dadurch "verloren".

Iran hat Israel erstmals direkt mit Raketen und Drohnen angegriffen. Der israelische Heimatschutz gab inzwischen Entwarnung. Laut Israel wurden fast alle Flugkörper abgefangen.

14.04.2024 | 01:26 min

… wie die anderen Staaten in der Region reagieren

Die anderen Staaten der Region könnten als Vermittler auftreten. Insbesondere Oman, zum Teil auch Saudi-Arabien und Irak seien in der Region schon "in den letzten Jahren vermittelnd tätig geworden", erklärt Gerlach.
Die arabische Welt habe ein großes Interesse daran, eine weitere Eskalation "zu verhindern". Viele der Staaten hätten sich bemüht, dass die Drohnen und Raketen durch ihren Luftraum kommen und waren beim Abfangen beteiligt. Trotzdem gebe es erhebliche Probleme zwischen den Staaten, die mit Israel kooperieren. Sie seien trotz aller mittlerweile bestehenden Kooperationen unzufrieden mit der Gaza-Politik des Landes.
Aktuelle Entwicklungen im Nahost-Konflikt hier im Liveblog:
Das Interviews mit Gil Yaron und Daniel Gerlach führte ZDFheute live-Moderator Marc Burgemeister. Zusammengefasst wurden sie von Robert Meyer.

Themen

Aktuelle Nachrichten zum Nahost-Konflikt