: Wie Frauen in der Ukraine kämpfen

von Anne Brühl und Jakob Wiehle
23.02.2024 | 09:43 Uhr
Der Krieg in der Ukraine fordert die ganze Nation. Männer wurden mobilisiert, doch auch Frauen kämpfen täglich für ihre Heimat - als Soldatinnen und mit den Folgen des Krieges.

Zwei Jahre Krieg in der Ukraine haben das Leben auf den Kopf gestellt. Frauen tragen einen großen Teil der Last dieses Krieges. Ihr Wille, das Land zu verteidigen, ist ungebrochen.

15.02.2024 | 28:52 min
Der Krieg in der Ukraine jährt sich am 24. Februar zum zweiten Mal. Viele Männer des Landes hat er zu Soldaten gemacht. Aber auch Frauen kämpfen - an der Front und mit den Folgen des Krieges. Vor Ort haben sie ZDF-Reporterin Anne Brühl ihre Geschichten erzählt.
Wissen Sie, der Mensch gewöhnt sich an alles. Aber das ist etwas, woran man sich nicht gewöhnen kann.
Natalia, Soldatin

Soldatin transportiert Kriegsopfer

Natalia ist eigentlich Juristin, doch jetzt im Krieg ist sie Soldatin und bringt die sterblichen Überreste der getöteten Kameraden nach Hause. "Wenn du Gefallene transportierst und wenn du verstehst, dass es deine Kameraden sind - dann verstehst du den Verlust eines Menschenlebens für unser Volk", so Natalia.
Sie organisiert auch die Beerdigungen, kümmert sich um Sarg, Kreuz und Blumenschmuck. Wie sie sagt, könne sie sich an einige Gefallene erinnern, aber nicht an alle, denn es hätte so viele gegeben. Wenn die Familien der Toten einverstanden waren, hat sie oft an den Beerdigungen teilgenommen.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine jährt sich morgen zum zweiten Mal. Am „Tag des Vaterlandsverteidigers“ lobt Kreml-Chef Putin unterdessen seine Soldaten.

23.02.2024 | 01:32 min

Über 40.000 Ukrainerinnen freiwillig in der Armee

Natalia hat drei Kinder. Sie werden in Odessa von der Großmutter versorgt, während ihre Mutter als Soldatin nahe der Front dient. Insgesamt sind mehr als 40.000 freiwillige Frauen in der ukrainischen Armee im Einsatz. Sogar beim Leichentransport wurde Natalia bereits angegriffen: "Die Russen schießen auf alles: Friedhöfe, Leichenhallen, zivile Städte", sagt sie.
Für Natalia ist klar: Wladimir Putin trage die Verantwortung für die Zerstörung und das Leid. Aber auch all jene, die dessen Befehle befolgten.

Deutschland liefert zum Teil komplizierte Waffensysteme in die Ukraine. Um diese Waffen bedienen zu können, werden viele ukrainische Soldaten zunächst daran geschult.

23.02.2024 | 01:30 min

Schwangerschaft im Krieg

Auch Svitlana spürt das Leid jeden Tag. Ihr Mann hat sich so sehr Kinder gewünscht, doch er starb im Krieg. Drei Tage nach seiner Beerdigung erfuhr Svitlana, dass sie schwanger ist.
Ich stelle mir vor, wie unsere Kinderchen an sein Grab kommen und dass sie stolz auf ihn sind.
Svitlana

Fahnder in der Ukraine verfolgen russische Kriegsverbrecher, die Frauen und Männer vergewaltigt haben.

20.09.2023 | 06:36 min
Auch ihren Sohn aus erster Ehe hat Svitlana im Krieg verloren. Jetzt erwartet sie Zwillinge, ihren Vater werden die Kinder nie kennenlernen. "Ich komme an sein Grab und erzähle ihm, dass ich beim Arzt war, wovon ich geträumt habe. Als er im Krieg war, hat er mich oft angerufen. Und jetzt komme ich eben an sein Grab und erzähle ihm alles", schildert Svitlana.

Frauen wünschen sich Ukraine als freies Land

In ihrer Wohnung hängen die Bilder der Gefallenen, Svitlana will nicht aufgeben: "Es gibt viele Frauen wie mich. Es ist nicht zu ändern, so ist unser Schicksal." Ihr größter Wunsch:
Dass der Frieden so schnell wie möglich kommt, dass kein Kind ein Waisenkind sein muss. Dass sie glücklich in einem freien Land leben.
Svitlana
Ein Wunsch, der auch Frauen wie Olena vertraut ist. Vor allem hofft sie, ihren Sohn endlich wieder in die Arme schließen zu können, dass es ihm gut geht. Der 22-Jährige wurde von russischen Soldaten verschleppt.

Sie leben in Kriegsgebieten, sind geflüchtet, oder kämpfen an der Front. In 38 Briefen schreiben Ukrainerinnen über ihren Alltag, ihre Gedanken, ihre Hoffnungen. Über den Krieg.

06.09.2023 | 02:50 min

Durch russische Truppen verschleppt

Olena kommt aus der Nähe von Butscha. Nachdem russische Soldaten ihre Siedlung erobert hatten, drangen sie in ihr Haus ein und entführten sie mitsamt ihrer Familie. "Man hat uns Plastiktüten über den Kopf gestülpt und uns den Hals mit Klebeband umwickelt. Sie haben versucht, uns zu ersticken", erinnert sie sich.
Mein Sohn saß neben mir und hat gesagt: 'Mama, ich kann nicht mehr atmen'.
Olena
Das waren die letzten Worte, die sie von ihrem Sohn hörte, bevor er verschleppt wurde. Das letzte Lebenszeichen: ein Foto auf einer russischen Website. Dmytro ist einer von 28.000 Zivilisten in russischer Gefangenschaft. Er hat studiert, war kein Soldat.

Hoffnung auf Kriegsende in der Ukraine bleibt

Anders als ihr Sohn wurde Olena freigelassen, sie wurde einfach aus einem gepanzerten Fahrzeug geworfen: "Diese Angst, dass sie mir noch in den Rücken schießen, die kann ich einfach nicht vergessen", sagt sie.

Seit Kriegsbeginn werden nach ukrainischen Angaben tausende Kinder in Russland festgehalten. Sie waren in den Ferien nach Russland geschickt worden, können aber nicht mehr zurück.

13.09.2023 | 07:10 min
Olena ist sich sicher: "Was unserem Volk gerade widerfährt, ist eine Tragödie für die ganze Welt." Doch sie will nicht verzweifeln, sondern hoffen, dass sie ihren Sohn wiederfindet und er eines Tages in einer freien Ukraine leben kann. Vereint mit der Familie in Frieden und Freiheit leben - ein Wunsch, für den viele Frauen in der Ukraine tagtäglich weiterkämpfen.

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