FAQ

: Was die Nato jetzt mit der Ukraine plant

von Florian Neuhann, Brüssel
13.06.2024 | 17:17 Uhr
Bisher koordinierte die Ramstein-Gruppe die Waffenlieferungen an die Ukraine. Nun soll das laut einem Operationsplan die Nato übernehmen - warum?

Starke Signale sollen vom G7 Gipfel und von der NATO ausgehen. Doch für die Ukraine sei es ein ernüchternder Tag gewesen , meinen ZDF-Reporter Elmar Theveßen und Florian Neuhann.

13.06.2024 | 03:21 min
Ursprünglich hatte es eine klare Trennung zwischen zwei Formaten gegeben: Zu Beginn des russischen Kriegs wollte sich die Nato aus den Waffenlieferungen ihrer Mitgliedstaaten an die Ukraine heraushalten, um nicht als Kriegspartei wahrgenommen zu werden. Waffenlieferungen wurden daher im sogenannten Ramstein-Format der Ukraine-Kontakt-Gruppe koordiniert - abseits der Nato, unter Führung der USA.
Doch die Trennlinie zwischen den beiden Formaten war zuletzt immer weiter aufgeweicht worden: Bei einem quasi identischen Teilnehmerkreis fanden viele Treffen der Ramstein-Gruppe im Nato-Hauptquartier in Brüssel statt - und 99 Prozent der Waffenlieferungen an die Ukraine kamen ohnehin aus Nato-Staaten. Eine stärkere Koordinierung auf militärischer Ebene unter dem Dach der Nato sei daher absolut sinnvoll, hieß es berechtigterweise aus den Reihen der Nato-Staaten. Auf politischer Ebene sollen sich die Minister weiter im Rahmen des sogenannten Ramstein-Formats treffen.

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Was hat das mit einer möglichen neuen Präsidentschaft Donald Trumps zu tun?

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wollte die Ukraine-Unterstützung gerne "Trump-sicher" machen. Übersetzt: Sollte mit Donald Trump jemand ins Weiße Haus zurückkehren, der wenig von der militärischen Unterstützung der Ukraine hält, stünde womöglich das gesamte Ramstein-Format auf der Kippe - und damit die langfristige militärische Unterstützung für die Ukraine.
Deshalb war Stoltenbergs Idee: rechtzeitig vor der US-Wahl die Koordinierung der Waffenhilfe unters Dach der Nato zu führen. So könnte das Format weiterlaufen, selbst wenn ein neuer US-Präsident am Ruder ist.

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13.06.2024 | 03:00 min
Es bleibt aber die Frage, was die Nato überhaupt noch leisten könnte, wenn in den USA ein Nato-skeptischer Präsident regiert.

Wird die Nato damit zur Kriegspartei?

Eindeutig: Nein.
Eine Kriegspartei wäre die Nato erst, wenn sie in diesen Krieg auch mit Soldaten eingreifen würde. Das aber passiert mit diesem Schritt nicht, und das hat die Nato auch keinesfalls vor. Auch die Überlegungen einzelner Nato-Staaten, darunter Frankreich, möglicherweise militärische Ausbilder in die Ukraine zu schicken, würden die Nato keineswegs zur Kriegspartei machen.

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Nur in den Augen von Wladimir Putin, dem russischen Präsidenten, ist die Nato schon lange eine Kriegspartei. Doch von Fakten hält Putin bekanntermaßen wenig.

Und Viktor Orban ist mit der neuen Rolle der Nato ebenfalls einverstanden?

Wie so oft war Ungarn das größte Hindernis auf dem Weg zu dieser neuen Rolle der Nato. Seit Kriegsbeginn lehnt Ungarns Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orban jede militärische Hilfe an die Ukraine ab. Der notorische Quertreiber Orban drohte daher, die neue Koordinierung der westlichen Militärhilfe durch die Nato zu blockieren.
Ein Besuch des Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg am Mittwoch in Ungarn brachte jedoch den Durchbruch: Orban bekam ein "Opt-Out" zugesichert - also die Garantie, dass Ungarn auch bei einer neuen Koordinierung der Waffenhilfe durch die Nato nicht mitmachen müsse. Im Gegenzug sicherte Viktor Orban zu, die Entscheidung nicht zu blockieren.

Und was bringt das jetzt der Ukraine?

Nato-Mitglied wird die Ukraine durch diesen Schritt noch lange nicht - aber sie rückt wieder ein Stückchen näher an die Allianz heran. Und sie kann auf eine langfristige Struktur hoffen, auf etwas mehr Planbarkeit in ihrem Verteidigungskrieg - das zumindest ist das erklärte Ziel.

Soll die Ukraine westliche Waffen gegen Ziele in Russland einsetzen dürfen? Diese Frage spaltet die EU und die Nato. Dagegen ist bisher unter anderem Deutschland.

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Ob die neue Rolle der Nato auch zu mehr Waffenlieferungen führt, bleibt unklar. Die Lager der Nato-Staaten sind ziemlich leergefegt, und insbesondere beim wichtigsten Problem, der Luftverteidigung, mangelt es an Zusagen. Um sieben zusätzliche Patriot-Systeme hatte die Ukraine die Nato-Staaten im April gebeten - neben einem aus Deutschland, das nach der Bitte geliefert worden war, kommt möglicherweise nun ein weiteres aus den USA. Doch von den angestrebten sieben ist man weiterhin weit entfernt.
Florian Neuhann ist Korrespondent im ZDF-Studio in Brüssel.
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