Analyse

: Stromerzeugung: So groß sind die Zerstörungen

von Christian Mölling und András Rácz
30.06.2024 | 16:22 Uhr
Die Energieversorgung in der Ukraine wird immer kritischer - und Russland setzt seine Angriffe auf Kraftwerke und kritische Infrastruktur fort. Die Ereignisse der Woche analysiert.
Durch gezielte Angriffe Russlands auf die Energieversorgung in der Ukraine wird die Stromversorgung im Land immer unsicherer.Quelle: AFP
Russland hat seine Angriffe auf die Energieinfrastruktur der Ukraine fortgesetzt. Am 28. Juni wurde das mit Kohle betriebene Burschtyn-Kombikraftwerk in der Region Iwano-Frankiwsk durch eine Reihe russischer Angriffe vollständig zerstört.
Nach Angaben ukrainischer Behörden ist die Anlage nicht mehr zu reparieren. Daher werden die Stadt und der Bezirk Burschtyn im kommenden Winter wahrscheinlich ohne Heizung und Warmwasser bleiben.
In derselben Woche wurden auch Kraftwerke und Energieinfrastruktur in den Regionen Saporischschja und Lemberg getroffen.

Russland will die Energieversorgung der Ukraine vernichten. Der Wiederaufbau von zerstörten Kraftwerken ist ein Rennen gegen die Zeit.

11.06.2024 | 02:40 min

Stromversorgung der Ukraine massiv eingeschränkt

Mittlerweile ist fast die Hälfte der nichtnuklearen Stromerzeugungskapazität der Ukraine zerstört oder schwer beschädigt worden. Nach Angaben ukrainischer Beamter hat die Ukraine mindestens neun Gigawatt an Stromerzeugungskapazität verloren.
Gegenwärtig verfügt die Ukraine über eine verbleibende Stromerzeugungskapazität von etwa 11 bis 11,5 Gigawatt, während der Verbrauch bei 12 bis 13 Gigawatt liegt. Neben der numerischen Knappheit besteht ein noch größeres Problem darin, dass die Flexibilität des Netzes stark eingeschränkt ist, da 85 bis 90 Prozent der thermischen Stromerzeugung und 45 Prozent der Stromerzeugung aus Wasserkraft beschädigt oder zerstört sind.
Die Autoren der Militäranalyse:

Dr. Christian Mölling ...

Quelle: DGAP
... ist Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin und leitet dort das Programm Sicherheit, Verteidigung und Rüstung. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.

Dr. András Rácz ...

Quelle: DGAP
... ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.

Energieversorgung: Ukraine vor hartem Winter

Ohne diese flexiblen Stromquellen kann das Netz immer weniger auf die täglichen Schwankungen des Energieverbrauchs reagieren, auch wenn die Kernkraftwerke eine stabile, wenn auch unflexible Energieversorgung gewährleisten können.
Zwar ist die Ukraine in der Lage, etwa 2 bis 2,2 Gigawatt Energie zu importieren, doch lässt sich dieser Wert ohne größere, kosten- und zeitintensive Investitionen nicht wesentlich erhöhen. Hinzu kommt, dass die Sommersaison die Zeit ist, in der in vielen Kernreaktoren regelmäßige Wartungsarbeiten durchgeführt werden, für die die Reaktoren eine Zeit lang abgeschaltet oder auf niedrigerem Niveau betrieben werden müssen.
Alles in allem ist bereits jetzt klar, dass der kommende Winter für die Ukraine im Hinblick auf die Energieversorgung extrem hart sein wird, viel schlimmer als der Winter 2022-2023.

Nach russischen Angriffen auf die Energieversorgung kann die Ukraine nicht genügend Strom produzieren. In Charkiw gibt es indes mehr als 20 Verletzte nach Raketenangriffen.

15.05.2024 | 00:20 min

Überraschender Führungswechsel in der ukrainischen Armee

Ebenfalls in dieser Woche, am 24. Juni, ersetzte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj plötzlich Generalleutnant Jurij Sodol, den Befehlshaber des Kommandos der gemeinsamen Streitkräfte der Ukraine. Er wurde durch Brigadegeneral Andriy Hnatow ersetzt.
Sodol wurde abgelöst, nachdem ein angesehener Führer der Asow-Brigade, Generalstabschef Bohdan Krotewytsch, ihn ungewöhnlich scharf und öffentlich kritisiert hatte. Er beschuldigte Sodol, aufgrund einer veralteten, starren Taktik für übermäßige Verluste der ukrainischen Streitkräfte verantwortlich zu sein. Krotewytsch leitete sogar eine Untersuchung gegen ihn beim staatlichen Ermittlungsamt ein.

Militäranalyst Franz-Stefan Gady berichtet bei ZDFheute live über die Front im Donbass, wie die Ukraine neue Soldaten zum Einsatz bringt und was Angriffe auf die Krim bewirken.

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Russische Erfolge in einigen Abschnitten

Die Ablösung Sodols erfolgte kurz nach einem erfolgreichen russischen Angriff auf die ukrainischen Stellungen in Richtung Toretsk: Hier gelang es den Russen, die ukrainischen Truppen zurückzudrängen, da es keine gut ausgebauten Befestigungen gab. Am 28. Juni gelang es den Russen, Teile von Pivdenne einzunehmen, um die ukrainischen Truppen, die Pivnichne verteidigten, zu flankieren. Die Gesamtdynamik der Situation scheint hier die Angreifer zu begünstigen.
In der Zwischenzeit hat Russland kleine Vorstöße in Richtung Pokrowsk gemacht, einen Teil von Karliwka eingenommen und ist auch in Richtung Wosdwyschenka vorgerückt. Hier besteht das offensichtliche Ziel der Russen darin, die wichtige Straße Pawlohrad-Konstantyniwka-Tschasiw Jar zu erreichen und abzuschneiden, die die Hauptversorgungslinie der ukrainischen Streitkräfte bei Tschasiw Jar darstellt.

Ukrainische Fortschitte bei Charkiw

Auf dem Charkiwer Abschnitt der Frontlinie machten ukrainische Truppen kleinere Fortschritte in Wowtschansk, obwohl der größte Teil der Stadt noch unter russischer Kontrolle steht. Es ist bereits klar, dass die russische Offensive hier ins Stocken geraten ist, und es ist äußerst unwahrscheinlich, dass die Russen in absehbarer Zeit weitere Gebiete in diesem Abschnitt der Frontlinie gewinnen können.
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