: Was ist dran an Trumps Plan für die Ukraine?

von O. Klein, F. Neuhann und J. Schneider
08.04.2024 | 16:23 Uhr
Donald Trump rühmt sich, den Ukraine-Krieg schnell beenden zu können. Kiew müsste dazu aber Gebiete abgeben. Eine ähnliche Idee hatte auch schon ein Ex-Nato-Generalsekretär.
Donald Trump verspricht den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in 24 Stunden beenden zu können.Quelle: afp
"Wenn ich Präsident wäre, würde ich den Ukraine-Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden" - das verkündet der frühere US-Präsident Donald Trump bereits seit Monaten. "Dieser Deal wäre einfach", sagte Trump beispielsweise in einem Interview mit der britischen "Times". "Es hat viel zu tun mit Geld, es hat viel zu tun mit Militärhilfe, die wir liefern".
Wie genau er einen solchen "Deal" zwischen Putin und Selenskyj umsetzen würde, erklärt Trump nicht. "Ich werde jedem Einzelnen von ihnen bestimmte Dinge sagen, die ich dem Rest der Welt nicht sagen würde, und deshalb kann ich Ihnen nicht viel mehr sagen", sagte Trump im Podcast seines ehemaligen Beraters Sebastian Gorka im März.

Am 75. Geburtstag erinnerte die Nato in Brüssel vor allem an ihre Erfolge. Doch hat das Verteidigungsbündnis seine größten Kämpfe noch vor sich?

04.04.2024 | 01:01 min
Aus seinem Umfeld heißt es nun, Trump würde versuchen, die Ukraine unter Druck zu setzen, die Krim und die Grenzregion zum Donbass an Russland abzutreten. Das berichtet die "Washington Post" unter Berufung auf Personen, die mit Trumps Plänen vertraut seien.
Es wäre ein Ansatz, der die bisherige Politik der westlichen Staaten - Lieferung von militärischer Hilfe an die Ukraine, um die russische Aggression abzuwehren - dramatisch umkehren würde. Doch wie realistisch wäre ein solcher Plan? ZDFheute hat Militärexperten um eine Einschätzung gebeten und fasst die wichtigsten Aspekte zusammen.

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10.07.2023 | 02:55 min

Wie realistisch ist Trumps Plan?

Das Kernproblem: Mangelndes Vertrauen. Westliche Staaten fürchten, dass Russland mit einer solchen Friedensvereinbarung nur Zeit gewinnen würde, um wieder aufzurüsten und später erneut einen Krieg vom Zaun zu brechen - nicht nur in der Ukraine, auch im Baltikum.
Trumps "Pläne gehen an der Realität vorbei", meint Militärexperte Gustav Gressel auf Anfrage von ZDFheute. Der frühere US-Präsident blende aus, "dass es Russland um mehr geht, als nur den Donbass und die Krim." Denn die Ukraine hätte keinerlei Sicherheit, dass Russland nach einer Abtretung von Gebieten nicht weitere Eroberungen versuche. Das ließe sich nur verhindern, wenn die Nato selbst Truppen in der Ukraine stationieren würde, dazu sei das Verteidigungsbündnis aktuell aber nicht bereit:
Wenn schon das Trainieren von ukrainischen Soldaten durch Nato-Soldaten - wie von Macron vorgeschlagen - zu Schnappatmung in Berlin und Washington führt, wer wäre dann bereit, eine inner-ukrainische Grenze zu schützen?
Gustav Gressel, European Council on Foreign Relations
Ähnlich sieht es auch der Militärexperte Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München: Putin werde sich nicht zufriedengeben und weiter kämpfen lassen, da er hofft, den gesamten Donbass einnehmen zu können. Selenskyj wiederum werde bald keine Wahl mehr haben, und müsse Gebiete abgeben, sollten nicht größere Mengen an Waffen und Munition geliefert werden.

Kiew misstrauisch gegenüber Trump

Auf Seiten der Ukraine gibt es darüber hinaus ein generelles Misstrauen gegenüber Trump, der als Putin-freundlich gilt. Dazu kommt: Der Vorschlag Trumps ist vermutlich ein taktisches Wahlkampfmanöver. Gressel spricht von einem Vorwand, um die Hilfe an die Ukraine einzustellen.
Außerdem erscheint fraglich, ob sich Moskau auf einen solchen Deal mit Trump einlassen würde: Russland hatte gegen die Ukraine zuletzt Erfolge erzielt. In einer solchen Phase des Krieges könnte Russland also darauf setzen, lieber weiteres ukrainisches Gebiet zu erobern als zu verhandeln.

In der ukrainischen Armee herrscht Personalmangel. Ob die Absenkung des Wehrdienstalters der Rekrutierung viel hilft, ist fraglich – die Militärs greifen zu anderen Strategien.

05.04.2024 | 02:37 min

Aufnahme der Ukraine in die Nato?

Die effektive Abschreckung Moskaus durch die Aufnahme der Ukraine in die Nato wünscht sich Kiew schon lange, um vom besonderen Schutz des Artikels 5 des Nato-Vertrags - also der Beistandspflicht im Fall eines Angriffs - profitieren zu können. Doch das Bündnis kann schwerlich ein Land aufnehmen, das aktuell angegriffen wird. Es würde dadurch quasi automatisch zur Kriegspartei.
Auf ihrem letzten Gipfel in Vilnius im vergangenen Sommer verweigerte die Nato dem Land daher auch eine direkte Einladung zur Mitgliedschaft. Seitdem gilt bei der Nato die Faustformel: Der Beitritt der Ukraine sei zwar nur eine Frage des Wann, nicht des Ob - aber eine Einladung stehe aktuell nicht an.

Die Nato bleibe dabei, dass sie keine Kriegspartei werden darf, sagt Ex-Nato-General Ramms. Es sei keine neue Strategie, sondern "nur ein Wechsel der Akteure".

03.04.2024 | 21:24 min

Ex-Nato-Generalsekretär Rasmussen schlägt Teilaufnahme vor

Der ehemalige Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen brachte schon 2023 eine Alternative als Zwischenschritt ins Spiel: Die Nato solle zunächst die Ukraine ohne die von Russland besetzten Gebiete aufnehmen. Damit würde die Beistandsverpflichtung also nur für jenen Teil gelten, der von der Ukraine kontrolliert wird.
Und das Land selbst würde geteilt werden wie Deutschland im Kalten Krieg: in einen westlichen Teil, der von der Nato massiv auch mit Soldaten vor Ort geschützt werden müsste - und einen östlichen, der von Russland kontrolliert werden würde.

Die Ukraine müsse gewinnen, sagt der estnische Außenminister Margus Tsahkna. Ein russischer Sieg wäre ein "Startsignal" für alle totalitären Regime, ihre Grenzen zu verschieben.

04.04.2024 | 09:02 min
Formell war dieser Plan, so berichten Diplomaten, bisher nicht Thema auf einem Nato-Treffen. Informell, in kleinen Kreisen aber dürfte er durchaus einmal diskutiert worden sein - als ein möglicher Ausweg aus dem Konflikt.
Doch vor der Aufnahme auch nur des westlichen Teils der Ukraine stünden hohe Hürden. Auch dieser Beitritt müsste von allen aktuellen Nato-Staaten bestätigt und ratifiziert werden. Wer sich an die Hängepartie beim Beitritt Schwedens erinnert - als die Türkei und Ungarn das Land über ein Jahr lang zappeln ließen - dürfte ahnen: Die Aufnahme wäre mehr als schwierig - und ob Donald Trump eine Aufnahme als US-Präsident unterstützen würde, ist äußerst fraglich.
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