Analyse

: Russische Gleitbomben nur schwer zu bekämpfen

von Christian Mölling, András Rácz
23.06.2024 | 16:43 Uhr
Tonnenschwere Gleitbomben bedrohen die Verteidigungslinien der Ukraine. Russland zieht sich nahe Charkiw zurück - in anderen Abschnitten gelingen Vormärsche. Die Militäranalyse.
Ukrainische Soldaten feuern auf russische Stellungen an der Front bei Tschassiw Jar.Quelle: AP
Am 20. Juni setzten die russischen Streitkräfte zum ersten Mal die 3-Tonnen-Gleitbombe FAB-3000 M-54 gegen eine ukrainische Stellung in der Stadt Lypzi ein. Der Einsatz zeigt, dass es den russischen Ingenieuren gelungen ist, die große und sperrige Bombe in einen der vorhandenen taktischen Flugzeugtypen zu integrieren.
Es ist noch nicht bekannt, welches Flugzeug die FAB abgeworfen hat - höchstwahrscheinlich war es eine Sukhoi 34. Es ist auch unklar, wie viele solcher Bausätze Russland besitzt. Sollten diese Gleitbomben normaler Teil des russischen Arsenals werden, wird dies die Zerstörungskraft der russischen Luftwaffe gegen Infanterie vervielfachen.

Nach der amerikanischen Waffenlieferung an die Ukraine gibt Russland den USA Mitverantwortung für einen Raketenangriff auf Sewastopol. Angegriffen wurde die Halbinsel Krim.

24.06.2024 | 00:24 min

Nur westliche Waffen helfen gegen Gleitbombenabwürfe

Schon die kleineren Gleitbomben haben den ukrainischen Verteidigern aufgrund ihrer Zerstörungskraft bereits ernsthaftes Kopfzerbrechen bereitet. In den letzten Tagen der Belagerung wurden mehr als hundert Gleitbomben gegen Awdijiwka eingesetzt. Wenn Russland in der Lage ist, Drei-Tonnen-Bomben in großem Umfang einzusetzen, wird es für die ukrainische Infanterie äußerst schwierig, befestigte Stellungen zu halten.
Da Gleitbomben kaum auf sinnvolle Weise abgeschossen werden können, bleibt der Ukraine nur der Einsatz von Luftabwehrwaffen aus westlicher Produktion, um die russischen taktischen Flugzeuge abzuschießen, die die Gleitbomben abwerfen, und um deren Heimatbasen zu treffen. Für beides braucht die Ukraine jedoch viel mehr westliche Waffen, darunter Patriot-Raketen, und auch die Erlaubnis, sie gegen russisches Gebiet einzusetzen.

Kiew setzt im Krieg gegen Putin verstärkt auf unbemannte Systeme, also Drohnen. Das minimiere Verluste im Militär und benötige wenig Personal, so ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf.

20.06.2024 | 07:35 min

USA setzen neue Prioritäten bei der Flugabwehr

Als Antwort auf die wachsende Bedrohung durch Gleitbomben kündigten die USA am 20. Juni an, dass sie die Lieferung von Patriot-Luftabwehrraketensystemen an externe Partner "neu priorisieren" werden, um die ordnungsgemäße Versorgung der Ukraine sicherzustellen. Es wird jedoch einige Zeit dauern, bis diese Lieferungen erfolgen können und die Bedrohung durch Gleitbomben entschärfen.

Dr. Christian Mölling ...

Quelle: DGAP
... ist Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin und leitet dort das Programm Sicherheit, Verteidigung und Rüstung. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.

Dr. András Rácz ...

Quelle: DGAP
... ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.

Serbien sehr aktiv in der Unterstützung der Ukraine

Es wurde bekannt, dass Serbien seit Beginn des Krieges über Drittländer Artillerie- und Mörsermunition im Wert von rund 800 Millionen Euro an die Ukraine geliefert hat. Während es früher sporadisch Bilder und Gerüchte über serbische Munition in der ukrainischen Armee gab, bestätigte diesmal Präsident Aleksandar Vucic persönlich die Lieferungen.
Die fortgesetzten Waffenlieferungen an die Ukraine zeigen auch die Grenzen der lautstarken prorussischen Außenpolitik Serbiens auf: Während das Land mit seinen Gesten oft die Position Moskaus unterstützt, stellt es sich mit seinen Taten auf die Seite des Westens und der Ukraine, zugegebenermaßen aus finanziellen Motiven.

Ukrainische Drohnen sollen mehrere Regionen Russlands angegriffen haben.

23.06.2024 | 00:21 min

Russland lässt Änderung der Nukleardoktrin ankündigen

Der russische Präsident Wladimir Putin kündigte an, dass Russland seine Nukleardoktrin ändern und die Schwelle für den Einsatz von Nuklearsprengköpfen senken sowie die Entscheidungszeit verkürzen könnte. Derartige Ankündigungen sind jedoch eher Teil einer Informationskampagne zur Abschreckung als Indikatoren für eine wesentliche Änderung der Doktrin.
Dies gilt insbesondere deshalb, weil einige nuklearrelevante Teile der russischen Militärdoktrin traditionell geheim sind, sodass die Öffentlichkeit kaum erfahren kann, wo es tatsächlich Änderungen in den Vorschriften gab.

Zum zweiten Jahrestag des russischen Angriffskrieges begegnet Katrin Eigendorf einer Drohneneinheit an der Front und freiwilligen Ärzten, die sich um verwundete Soldaten kümmern.

27.03.2024 | 37:07 min

Russischer Rückzug bei Charkiw

Nördlich von Charkiw, sowohl bei Wowtschansk als auch bei Lypzi, begannen die russischen Streitkräfte aufgrund der hohen Kampfverluste, die sie erlitten hatten, einige Einheiten von der Frontlinie abzuziehen. Dies bedeutet nicht automatisch, dass Russland sein Vordringen in diese Richtung aufgeben würde.
Da diese Offensive jedoch am 10. Mai begann, zeigt die Tatsache, dass einige der beteiligten Einheiten nach sechs Wochen Kampfhandlungen abgezogen werden müssen, die Zermürbung, unter der die Russen leiden, vor allem durch die vom Westen bereitgestellte Artillerie der Ukraine.

Die ukrainische Großstadt Charkiw wird am häufigsten Opfer von russischen Luftangriffen.

19.06.2024 | 01:27 min

Russische Vorstöße an anderen Frontabschnitten

In der Zwischenzeit rückten die russischen Streitkräfte weiter in Richtung Pokrowsk vor, nahmen Teile von Karliwka ein und konsolidierten ihre Stellungen um Nowoseliwka Persha. Noch wichtiger ist, dass Russland ab dem 17. Juni in einem zuvor relativ ruhigen Abschnitt der Frontlinie, östlich von Toretsk, aktiv wurde. Durch einen plötzlichen, konzentrierten Angriff drängte es die ukrainischen Verteidiger aus Shumy heraus und weiter in Richtung Piwnitschne.
Es ist noch nicht klar, wie nachhaltig dieser neue russische Vorstoß sein wird, aber die Leichtigkeit, mit der sie die ukrainischen Verteidiger aus ihren lange gehaltenen Stellungen westlich von Majorsk vertrieben haben, deutet darauf hin, dass Russland erhebliche Kräfte in dieser Richtung konzentriert hat.
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