: Bringt oder kostet die Gen Z Biden den Sieg?

von Anna Kleiser und Robert Meyer
07.06.2024 | 22:14 Uhr
Joe Biden braucht die Stimmen der jungen Wählerschaft. Nachdem sie ihn 2020 zum Präsidenten gemacht hat, könnte sie dieses Jahr für seine Niederlage sorgen.
Seit längerem protestieren Studierende in den USA gegen die Haltung der Regierung und der Unis zu Israel und Gaza.Quelle: AFP/Spencer Platt
"Wie sind wir eigentlich hier gelandet?" Die 26-jährige Nathalie zweifelt an ihrem Land, nachdem mit Donald Trump (77) erstmals ein ehemaliger US-Präsident schuldig gesprochen wurde.
Oft sind Frust und Resignation die ersten Reaktionen, wenn man junge Menschen nach der Präsidentschaftswahl im November fragt.
"Wir haben das Gefühl, dass keine der beiden Parteien unsere Überzeugungen vertritt oder uns als Amerikaner repräsentiert", sagt der 18-jährige Thomas. Die junge Schwarze Makayla Brown spricht von gebrochenen Wahlversprechen und Korruption und will gar nicht wählen gehen.
Diese Mischung könnte zu einem Problem für den Amtsinhaber Joe Biden (81) werden.

In den USA wenden sich viele schwarze Wähler der jungen Generation von Joe Biden ab, weil sie sich nicht gehört fühlen.

21.04.2024 | 01:29 min

Geht die Gen Z überhaupt zur Wahl?

Die 18- bis 29-Jährigen sind für Biden entscheidend, auch wenn sie bei der letzten Wahl nur 16 Prozent der Wählerschaft ausmachten. Es geht um insgesamt mehr als 40 Millionen Stimmen, über acht Millionen mögliche Erstwähler*innen.
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Joe Biden steht dieses Jahr vor zwei entscheidenden Problemen bei der Generation Z. Traditionell ist die Wahlbeteiligung bei den Jüngeren niedriger. Doch Biden hat es vor vier Jahren geschafft, sehr viele junge Wähler*innen zu mobilisieren. Mit der höchsten Wahlbeteiligung seit Jahrzehnten hatten sie entscheidenden Anteil an seinem Wahlsieg.
Nun ist aus der Begeisterung über Biden bei vielen Unzufriedenheit geworden. In der Folge könnten ihm entscheidende Stimmen fehlen. Dazu kommt: Donald Trumps Basis gilt als enthusiastischer und motivierter, wählen zu gehen.

Die Nahost-Politik der Regierung führt zu massiven Dauerprotesten an Universitäten der USA.

30.04.2024 | 02:36 min
Wie hoch die Wahlbeteiligung am 5. November sein wird, lässt sich schwer vorhersagen. Kyle Kondik ist Wahlkampfanalyst am Center for Politics der University of Virginia. Er schätzt:
Ich kann mir vorstellen, dass die Wahlbeteiligung der jüngeren Wählenden schlechter ausfällt als normalerweise.
Kyle Kondik, Wahlkampfanalyst University of Virginia
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Stimmen die Jüngeren für Biden?

Da Demokraten bei den Jüngeren traditionell punkten, wäre eine niedrige Wahlbeteiligung keine gute Nachricht für Joe Biden. Hinzu kommt: Seine Zustimmungswerte sind im Keller. Aus Frust könnten sich junge Wählende für Alternativen entscheiden: Trump oder unabhängige Kandidaten wie Robert F. Kennedy Jr.
Politikwissenschaftler*innen wie David Lazer beobachten seit einigen Jahren zudem einen Trend unter Jüngeren, sich den Republikanern anzunähern. Die Zustimmung für Biden sei auch wegen der US-Unterstützung für Israel nach dem Überfall der Hamas abgesackt. Selbst junge Demokraten zweifeln an Biden:
Ich bin definitiv nicht begeistert. Ich wünschte, sie hätten einen anderen Kandidaten aufgestellt.
Jake Wethman (20), Demokrat
Das Alter schwäche ihn als Kandidaten, es gelinge weder Biden noch der Partei, die Erfolge zu verkaufen, obwohl er eine "Menge großartiger Dinge" getan habe, sagt Wethman.
Trotz Frust Biden unterstützen - so scheint es vielen aus der Gen Z zu gehen. Wenn sie nur die Wahl zwischen Biden und Trump hätte, ist der Vorsprung des Demokraten laut Harvard-Umfrage groß: 56 zu 37 Prozent.
Ich erwarte nicht, dass Trump die jungen Wählenden gewinnt - oder auch nur nah herankommt.
Kyle Kondik, Wahlkampfanalyst University of Virginia
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Doch selbst so ein großer Vorsprung könnte nicht reichen. Biden lag vor vier Jahren bei den Jüngeren 24 Punkte vorn, aktuell sind es laut Umfrage nur 19. Bei so einer engen Wahl kommt es auf jeden Prozentpunkt an, gerade in den Swing States.
Simulationen zeigen: Schrumpft Bidens Abstand zu Trump bei den Jüngeren um nur ein paar Prozentpunkte, könnten diese Staaten Richtung Trump kippen und ihm die Präsidentschaft sichern. Demnach müsste die Biden-Kampagne alles daransetzen, bei den Jüngeren das Ergebnis von 2020 zu wiederholen - oder zum Ausgleich bei anderen Wählergruppen zulegen.

Als erster Ex-Präsident der USA wurde Donald Trump in einem Strafprozess schuldig gesprochen.

31.05.2024 | 01:46 min

Welche Themen sind für junge Menschen wichtig?

Der Frust bei der Gen Z ist groß. Eine Jugend in der Pandemie, Inflation als Folge, Klimawandel, Kriege, die Wahl als mögliches Ende der US-amerikanischen Demokratie.
Wir stecken irgendwie in der Echokammer fest, dass es nichts gibt, worauf wir uns freuen können. Es gibt keinen Fortschritt, der sich abzeichnet.
Simi (21)
Einige Fachleute, etwa die Psychologin Jean Twenge von der San Diego State University, sprechen von der pessimistischsten Generation seit Jahrzehnten.
Bei der laut Harvard-Umfrage wichtigsten Herausforderung für die Jüngeren - der Inflation - kann der Präsident nicht punkten: 72 Prozent sind unzufrieden damit, wie Biden das Problem angeht.
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Wie will Biden junge Menschen erreichen?

Viele junge Menschen finden sich in keinem Kandidaten wieder. Bei zwei alten Männern, die beide bereits Präsident waren, fehlt neben frischem Wind eine Identifikationsfigur.
Die jüngsten Wähler*innen können sich kaum an Trumps Präsidentschaft erinnern. Diese hervorzurufen und ein düsteres Bild von der Alternative Trump zu zeichnen, ist eine der Strategien aus Bidens Wahlkampfteam.

Als "sehr brisant" bezeichnet der US-Journalist Erik Kirschbaum die Lage bei den Pro-Palästina-Protesten in den USA. Sie könnten auch eine Gefahr für Präsident Biden werden.

01.05.2024 | 03:58 min
In einer Generation, die sich weniger über klassische Nachrichtenformate und mehr über Social Media informiert, sieht die Biden-Kampagne auch Memes und die Zusammenarbeit mit Influencern als Schlüssel an. Die Kampagne stellt immer wieder die Dinge in den Vordergrund, die Trump gesagt oder getan hat. Der Gedanke: Wenn sie wissen, was ihnen droht, werden sie am Ende schon wieder Biden wählen.
Ob diese Strategie aufgeht, ist schwer vorauszusagen. Klar ist: Die Stimmen der jungen Amerikaner*innen zu gewinnen, wird dieses Mal wesentlich schwieriger sein als bei den Wahlen zuvor.
Redaktion: Kathrin Wolff, Moritz Zajonz
Mitarbeit: Benedict Holland

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