: Streit um FDP-Konzept für Sozialkürzungen

21.04.2024 | 18:01 Uhr
Die FDP will schärfere Sanktionen beim Bürgergeld: Jobverweigerern sollen Leistungen gekürzt werden - die Rente mit 63 gehöre abgeschafft. Die Union sieht die Ampel vor dem Aus.

FDP-Sparpläne - Kampfansagen an die Koalitionspartner

21.04.2024 | 04:14 min
Die FDP dringt auf weitere Verschärfungen beim Bürgergeld und setzt die Koalitionspartner von SPD und Grünen damit unter Druck. Wie aus einem Beschlusspapier für das Parteipräsidium hervorgeht, das dem ZDF vorliegt, sollen Jobverweigerern die Leistungen sofort um 30 Prozent gekürzt werden können.
Bisher gilt dafür ein Stufenmodell. Wie aus Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervorgeht, ist bislang nur ein Bruchteil der Leistungsbezieher von Sanktionen betroffen. In dem FDP-Papier heißt es nun: "Das Bürgergeld braucht eine Reform. Zumutbare Arbeitsangebote, auch sogenannte Ein-Euro-Jobs, müssen angenommen werden. Sanktionen für Verweigerer müssen zudem verschärft werden."
Wer seinen Mitwirkungspflichten im Bürgergeld nicht nachkommt und beispielsweise zumutbare Arbeit ohne gewichtigen Grund ablehnt, sollte mit einer sofortigen Leistungskürzung von 30 Prozent rechnen müssen.
FDP-Beschlusspapier
Die bisherige Regelung sieht vor, dass das Jobcenter Bürgergeldbeziehern bei der ersten Pflichtverletzung maximal zehn Prozent der Leistungen für einen Monat streichen kann. Danach greift zunächst eine 20-Prozent-Kürzung, ehe die Möglichkeit besteht, die Leistung zeitweise um bis zu 30 Prozent zu kürzen.

Die CDU will das Bürgergeld umbauen und durch eine "Neue Grundsicherung“ ersetzen. Das Konzept sieht unter anderem verbindlichere Anforderungen und schärfere Sanktionen vor.

18.03.2024 | 02:49 min

Verschärfte Sanktionen, keine neuen Sozialleistungen

Der "verfassungsrechtliche Spielraum für verschärfte Sanktionen" müsse ausgenutzt werden, "bis hin zu einer vollständigen Streichung von Leistungen", heißt es in der Vorlage, die am Montag im FDP-Präsidium beschlossen und auf dem Parteitag am kommenden Wochenende eingebracht werden soll. In dem Papier stellen die Liberalen insgesamt zwölf Punkte "zur Beschleunigung der Wirtschaftswende" vor.
Darin heißt es unter dem Punkt "Moratorium für Sozialleistungen":
Für mindestens drei Jahre soll die Politik keine neuen Sozialleistungen beschließen. Ausgabenprogramme müssen konsolidiert werden.
FDP-Beschlusspapier

FDP will Rente mit 63 abschaffen und Steuervorteile für Überstunden

Zudem plädiert die FDP in ihrem Papier dafür, die Rente mit 63 abzuschaffen, und "Arbeitsanreize für ältere Menschen zu steigern."
Angesichts des Fachkräftemangels können wir uns die sogenannte Rente mit 63 nicht leisten.
FDP-Beschlusspapier
Weiter soll es steuerliche Vorteile für Überstunden geben. "Wer über die volle Arbeitszeit hinaus arbeitet und damit zu Wachstum und Fortschritt in unserem Land beiträgt, muss davon profitieren", heißt es. "Überstunden und ausbezahlte Überstundenzuschläge sollen daher wie Bezüge aus einem Minijob oder besser behandelt werden."
Zudem will die FDP die Förderung der Erneuerbaren Energien streichen.

"Ich befürchte, wir werden das in nächster Zeit häufiger erleben, dass das Klima auf Platz zwei in der Priorität rutscht", so moma-Politikexperte Theo Koll.

19.04.2024 | 05:27 min

Mützenich zu FDP-Vorschlägen: "Überbleibsel aus der Mottenkiste"

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur, die Vorschläge der FDP seien "ein Überbleibsel aus der Mottenkiste und nicht auf der Höhe der Zeit". Der Koalitionspartner nehme damit weitere Belastungen für die arbeitende Bevölkerung in Kauf.
Wir werden nichts machen, was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schwächt und den sozialen Gedanken des Grundgesetzes aushebelt.
Rolf Mützenich, SPD-Fraktionschef
Auch SPD-Chef Lars Klingbeil kritisiert die FDP-Vorschläge: "Es ist richtig, dass wir etwas tun müssen, um die Wirtschaft anzukurbeln, Arbeitsplätze hier im Land zu sichern und neue zu schaffen" , sagte er der "Bild".
Wenn die FDP aber glaubt, dass es der Wirtschaft besser geht, wenn es Handwerkern, Krankenschwestern oder Erzieherinnen schlechter geht, dann irrt sie gewaltig.
Lars Klingbeil, SPD-Chef
Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Sozialexperte Helge Lindh sagte der Zeitung: "Wenn die FDP das ernst meinen würde - also jetzt umzusetzen gedenkt - dann liest sich das Papier wie eine Austrittserklärung aus der Koalition."

Milliardenlöcher im Haushalt und stetig steigende Sozialausgaben: Deshalb fordert die Union die Abschaffung des Bürgergelds und die Einführung einer neuen Grundsicherung.

17.03.2024 | 03:59 min

CDU und CSU sehen Ampel-Regierung kurz vor dem Aus

CDU und CSU sehen die Ampel-Regierung tatsächlich kurz vor dem Aus. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder sagte zu "Bild":
Das ist nichts anderes als eine Scheidungsurkunde für die Ampel!
Markus Söder, CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident
Der Vorsitzende der Partei Die Linke, Martin Schirdewan erklärt: "Das Papier der FDP ist ein Dokument der sozialen Grausamkeit. Es zeigt: Die Ampeldämmerung hat längst begonnen. Mit dieser Regierung ist keine soziale Politik zu machen, weder für arme Kinder, Mieter noch eine zukunftsfähige Wirtschaft."
Erst kürzlich hatte die Bundesregierung - auch unter dem Eindruck der Dauerkritik - neue Verschärfungen beschlossen. Seit März können die Jobcenter Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate komplett streichen, wenn diese sich als "Totalverweigerer" herausstellen. Laut Arbeitsagentur ist dieser zweimonatige Wegfall aller Leistungen aber nur bei "wiederholtem" Verweigern einer zumutbaren Arbeit möglich. Die Zahl der tatsächlich Betroffenen dürfte überschaubar bleiben.
Die FDP kämpft seit längerem mit schlechten Umfragewerten. Im ZDF-Politbarometer kam sie zuletzt auf vier Prozent.

Aus dem FDP-Beschlusspapier

Die wichtigsten Punkte aus dem FDP-Papier im Wortlaut - ein Auszug:

Reform des Bürgergelds:

Das Bürgergeld braucht eine Reform. Zumutbare Arbeitsangebote, auch sogenannte Ein-Euro-Jobs, müssen angenommen werden. Sanktionen für Verweigerer müssen zudem verschärft werden. Wer seinen Mitwirkungspflichten im Bürgergeld nicht nachkommt und beispielsweise zumutbare Arbeit ohne gewichtigen Grund ablehnt, sollte mit einer sofortigen Leistungskürzung von 30 Prozent rechnen müssen. Der verfassungsrechtliche Spielraum für verschärfte Sanktionen muss ausgenutzt werden, bis hin zu einer vollständigen Streichung von Leistungen.

Moratorium für Sozialleistungen:

Für mindestens drei Jahre soll die Politik keine neuen Sozialleistungen beschließen. Ausgabenprogramme müssen konsolidiert werden. Bei der Berechnung der Höhe der Grundsicherung (Bürgergeld) wird strikt die regelsatzbezogene Preisentwicklung berücksichtigt. Für das Jahr 2025 ist daher eine Nullrunde zu erwarten.

Steuerliche Vorteile für Überstunden:

Wer über die volle Arbeitszeit hinaus arbeitet und damit zu Wachstum und Fortschritt in unserem Land beiträgt, muss davon profitieren. Überstunden und ausbezahlte Überstundenzuschläge sollen daher wie Bezüge aus einem Minijob oder besser behandelt werden.

Förderung Erneuerbarer Energien schnellstmöglich beenden:

Wir wollen Erneuerbare Energien endgültig in den Markt übernehmen und die EEG-Förderung beenden. Es müssen kurzfristig alle Möglichkeiten für Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen im EEG genutzt werden. Dazu können beispielsweise die Abschaffung der Vergütung von negativen Strompreisen oder die Senkung der Höchstpreise dienen.

Rente mit 63 abschaffen und Arbeitsanreize für ältere Menschen steigern:

Die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte entzieht dem Arbeitsmarkt wertvolle Fachkräfte. Angesichts des Fachkräftemangels können wir uns die sogenannte "Rente mit 63" nicht leisten. Wir wollen den Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung nach Erreichen der Regelarbeitsgrenze streichen.

Vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags:

Dieser ist in erster Linie zu einer Steuer für die Wirtschaft geworden und benachteiligt Unternehmen im Wettbewerb. Der Solidaritätszuschlag soll in zwei Schritten abgeschafft werden.

Quelle: dpa, ZDF

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