: Einigung auf Etat - doch das Rumoren bleibt

von Daniel Pontzen
05.07.2024 | 09:53 Uhr
Die Ampel-Spitzen haben sich nach zähen Verhandlungen auf einen Haushaltsentwurf geeinigt. Was beschlossen wurde, wer sich durchgesetzt hat - und was das für die Ampel bedeutet.

Die Ampelregierung hat sich nach langem Ringen auf einen Haushaltsentwurf geeinigt. Ein Ergebnis: Keine Kürzungen bei den Klimaprogrammen und der Schuldenbremse.

05.07.2024 | 01:37 min
Die Spitzen der Ampel haben sich nach monatelangem Ringen auf einen Entwurf für den Haushalt 2025 geeinigt. Darum geht es:

Was wurde entschieden?

Die Eckpunkte des Haushalts. Sprich: wieviel jedes Ministerium ausgeben darf. Im Zuge dessen habe man sich unter anderem auf eine Erhöhung des Kindersofortzuschlags um fünf Euro im Monat, schärfere Sanktionen beim Bürgergeld und ein Entlastungspaket für die Wirtschaft geeinigt mit Steuerentlastungen und Bürokratieabbau. Mit einem Nachtragshaushalt 2024 sollen zudem neu entstandene Bedarfe im Klima- und Transformationsfonds abgedeckt werden.
Details haben die Chefverhandler Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (B90/Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf einer einer Pressekonferenz in Berlin bekanntgeben.

Man habe es sich nicht immer leicht gemacht, nun gebe es die Lösung aus einem Guss, so der Bundeskanzler. Sehen sie hier die ganze Pressekonferenz von Scholz, Habeck und Lindner.

05.07.2024 | 42:08 min
Bis zuletzt hatte vor allem Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gegen Kürzungen ihrer Ausgabewünsche protestiert. Doch auch Verteidigungsminister Boris Pistorius aus der Kanzlerpartei SPD musste - trotz ausgerufener "Zeitenwende" - auf einen erheblichen Teil des angemeldeten Mehrbedarfs verzichten.
Allerdings: Für die Bestellung von Rüstungsgütern erhielt er sogenannte Kreditermächtigungen. Damit wird die nächste Regierung verpflichtet, für jetzt vorgenommene Bestellungen zu zahlen.
Keine innovative Praxis, aber: im Kern auch eine Umgehung der Schuldenregel. Offiziell wurde die nun eingehalten - so wie Lindner es unnachgiebig gefordert hatte. Es war (und bleibt) der Hauptstreitpunkt der drei beteiligten Parteien. Selbst ein Platzen der Koalition stand bis kurz vor Verkündung der Einigung im Raum.

Bei SPD und Grünen sei die Forderung nach einer Reform der Schuldenbremse nicht weg, sagt Ökonom Prof. Jens Südekum. Die Ampel könne das Thema nicht einfach umgehen.

05.07.2024 | 15:26 min

Wer hat sich durchgesetzt?

Was diesen zentralen Punkt der Schuldenregel angeht: die FDP. Entsprechend ließ es sich deren Fraktionschef Christian Dürr nicht nehmen, folgenden Satz in kleineren Abwandlungen gleich mehrfach innerhalb seines wenige Minuten dauernden Statements aufzusagen: "Die Mehrheit der Menschen in Deutschland befürwortet die Schuldenbremse und wir sind die parlamentarische Vertretung dieser breiten Mehrheit."
Ansonsten gilt die Standard-Antwort nach solchen Nächten: kommt drauf an, wen man fragt. Auffällig ist zunächst einmal, dass die Beteiligten wie SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich froh sind, überhaupt erst einmal eine Lösung vor der Sommerpause präsentieren zu können. Er fügte aber hinzu, dass es sich bisher nur um einen Entwurf des Haushalts handele, der nun geprüft werde. Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte:
Ich glaube, es ist gut, dass wir in der geopolitischen Lage jetzt Handlungsfähigkeit beweisen.
Grünen-Chefin Ricarda Lang
Dennoch ist das Rumoren gerade in den Fraktionen von Grünen und insbesondere der SPD groß. Die Abgeordneten der SPD hatten den Druck auf ihren Kanzler zuletzt deutlich erhöht, und somit den heutigen Showdown erzwungen.
Auch wenn ihr Fraktionschef Rolf Mützenich die Einigung nun im Kern verteidigte. Ob die Fraktion dem auch in den kommenden Tagen geschlossen folgt oder es weitere Querschüsse gibt, bleibt abzuwarten.

Nachdem der Haushalt 2025 vorerst steht, blieben im Detail viele Fragen offen, so ZDF-Hauptstadtkorrespondent Dominik Rzepka. Daran könne die Ampel immer noch scheitern.

05.07.2024 | 06:35 min

Hält die Koalition jetzt?

Die wenigsten Berliner Beobachter - und auch viele Beteiligte - würden dafür aktuell eine Garantie geben wollen. Bis zuletzt waren die Gräben tief und die gegenseitigen Vorhaltungen erheblich. Und mit den teils sehr scharfen kolportierten Drohungen, die Ampel-Koalition im Zweifel platzen zu lassen, erhielt der Ampel-interne Sound nochmal eine neue Qualität.
Mit der nun präsentierten Einigung, so scheint es, wurde der kleinste gemeinsame Nenner präsentiert - weil er präsentiert werden musste. Mit der eigens kommunizierten Deadline hatten sich die Koalitionäre selbst maximal unter Druck gesetzt.
Was nun vorgelegt wurde, enthält gleichwohl noch viele offene Detailfragen. Insofern scheint das innerkoalitionäre Konfliktpotenzial nicht aufgelöst, sondern eher vorübergehend eingehegt - Ärger auf Wiedervorlage, gewissermaßen. Ob das parallel verkündete Wachstumspaket ausreichend Kraft entwickelt, um die Fliehkräfte in den Fraktionen zu bremsen, auch das muss sich zeigen.

Im Bundeshaushalt klafft eine Milliardenlücke. Finanzminister Christian Lindner muss deshalb die Ausgaben für den Etat 2025 begrenzen. Doch einige Ressorts sträuben sich dagegen.

26.05.2024 | 04:03 min

Wie reagiert die Opposition?

Prompte Kritik an dem Entwurf für den Haushalt 2025 kommt aus der Opposition. CDU-Haushaltsexperte Mathias Middelberg sagte gegenüber ZDFheute: "Die von der FDP geforderte Wirtschaftswende wird mit diesem Paket sicher nicht kommen." Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion sagte weiter:
Statt eines starken 'Wachstumsturbo’, liefert die Ampel nur ein diffuses Sammelsurium an Einzelmaßnahmen nach der Devise: für jeden Ampelpartner ist eine Kleinigkeit dabei."
CDU-Haushaltsexperte Mathias Middelberg
Die Linken warnen angesichts des Etatentwurfs vor Streichungen bei Sozialleistungen. "Die Ampel will Milliarden sparen, Steuern senken und gleichzeitig die Schuldenbremse einhalten: Man muss kein Prophet sein, um zu sehen, dass die Regierung im Gegenzug die Sozialaussagen zusammenstreichen wird", sagte Parteichefin Janine Wissler gegenüber ZDFheute.
Menschen mit geringen Einkommen werden dafür die Zeche zahlen müssen. SPD, Grüne und FDP dürfen nicht erneut den Rotstift anlegen bei Sozialem, sondern endlich Zukunftsinvestitionen auf den Weg bringen.
Linken-Vorsitzende Janine Wissler

Nachdem der Haushalt 2025 vorerst steht, blieben im Detail viele Fragen offen, so ZDF-Hauptstadtkorrespondent Dominik Rzepka. Daran könne die Ampel immer noch scheitern.

05.07.2024 | 06:35 min

Wie geht es jetzt weiter mit dem Haushalt?

Trotz der informellen Einigung - ein fertiger Haushaltsentwurf liegt noch nicht vor. Den will das Kabinett im Laufe des Monats beschließen, wie Olaf Scholz bereits in der Regierungsbefragung am Mittwoch versicherte.
Danach sind dann die Abgeordneten am Zug: Das Budgetrecht gilt ja als zentrale Aufgabe eines jeden (demokratischen) Parlaments. Besonders intensiv beugen sich die Haushaltspolitiker der Fraktionen über das Zahlenwerk. Und wie schon im Vorjahr werden das manche nun wohl auch während des Sommerurlaubs tun - letztes Jahr hing die Ampel ebenfalls im Zeitplan hinterher.
Später wird im Plenum jeder Einzelplan - also im Wesentlichen die Budgets der einzelnen Ministerien - debattiert und überarbeitet. Für den Auftakt dieser Beratungen gibt es immerhin schon einen minutiösen Zeitplan: die erste Sitzungswoche ab dem 10. September. Die sogenannte Schlussrunde jener Woche findet statt: am Freitag, dem 13. Weitere Verhandlungen inklusive der sogenannten Bereinigungssitzung ziehen sich dann womöglich bis Anfang Dezember.

Die Ampel-Regierung hat einen Haushaltentwurf für 2025 vorgelegt. Was bislang bekannt ist, berichtet ZDF-Korrespondent Klaus Brodbeck aus dem Bundestag.

05.07.2024 | 01:20 min

Was wird aus der Schuldenbremse?

Sie steht erstmal. Das war sozusagen die gelbe Linie in den Haushaltsverhandlungen - sprich: die rote Linie der FDP. Christian Lindner habe sich da "ziemlich eingemauert", sagte am Morgen die Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Dröge. Und mit Blick auf die aus ihrer Sicht und der der SPD notwendige Reform der Schuldenbremse richteten Grüne und SPD ihre Kritik erneut (auch) Richtung Union: Die CDU/CSU müsste für die notwendige Grundgesetzänderung mitstimmen.
Dafür werde es aber in dieser Wahlperiode keine entsprechende Mehrheit geben, versicherten auch zuletzt immer wieder Vertreter sowohl von FDP als auch Union. Dass manche Ministerpräsidenten der Union indes Bereitschaft erkennen ließen, das Thema anzugehen, erscheint eine Änderung in der nächsten Wahlperiode durchaus denkbar.
Die von SPD und Grünen favorisierte Kurzfrist-Lösung - ein nochmaliges Aussetzen der Schuldenregel - lehnte die FDP ebenfalls ab, einerseits mit Verweis auf das Grundgesetz, das hierzu eine außergewöhnliche Notlage voraussetzt; andererseits mit Blick Richtung Karlsruhe, wo das Bundesverfassungsgericht eben diese Vorgabe vergangenen November deutlich enger auslegte als die Ampel in ihrem zuvor vorgelegten Haushaltsentwurf.

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