: Die Spuren des Massakers

11.10.2023 | 17:26 Uhr
Hamas-Terroristen haben im Kibbuz Kfar Aza ein Blutbad angerichtet - nach dem Angriff sprechen Augenzeugen von einem Massaker. Tore und Häuser wurden aufgesprengt, Kinder getötet.
Das ganze Ausmaß des brutalen Überfalls der radikalislamischen Hamas vom Wochenende wurde am Dienstag sichtbar, als das Militär die Toten barg. Quelle: dpa
Auf der Straße, die zum Kibbuz Kfar Aza führt, liegen die Leichen der Terroristen zwischen den Überresten ausgebrannter Fahrzeuge. Wände und Türen der einst liebevoll gepflegten Stuckhäuser sind aufgesprengt. Die Leichen der ermordeten Bewohner müssen noch identifiziert werden. Der Geruch des Todes hängt in der heißen Nachmittagsluft.

Hunderte wurden brutal getötet

Dies ist die Szenerie, die sich dem israelischen Militär bietet, als es versucht, den beispiellosen Großangriff zurückzuschlagen, den die islamistische Hamas vom Gazastreifen aus organisiert hat. Hunderte Israelis wurden getötet. Die nahe palästinensische Enklave steht unter schwerem israelischem Bombardement.
"Man sieht die Babys, die Mütter, die Väter in ihren Schlafzimmern und wie die Terroristen mordeten", sagt Generalmajor Itai Weruw, Veteran der israelischen Armee, der die Streitkräfte anführte, die das Kibbuz aus den Händen der Angreifer befreiten, als er zwischen den Trümmern steht.
Es ist kein Schlachtfeld. Es ist ein Massaker.
Itai Weruw, israelischer Generalmajor

Mindestes 1.200 Menschen sollen durch Angriffe der Hamas gestorben sein. Mehr als 2.700 Menschen wurden verletzt, etwa 150 entführt. Auch in Gaza wird die Lage immer schwieriger.

11.10.2023 | 01:31 min

700 Menschen lebten in dem Ort vor dem Angriff

Das israelische Militär führt eine Gruppe von Journalisten, darunter ein Reporter der Nachrichtenagentur AP, durch das Dorf - einen Tag nach der Rückeroberung. Etwa 70 Hamas-Terroristen sollen hier ihr Unwesen getrieben haben.
Das von Bauernhöfen umgebene Kfar Aza liegt nur ein paar Minuten von dem hochgerüsteten Grenzzaun entfernt, den Israel um den Gazastreifen errichtet hat. Es ist eines von mehr als 20 Dörfern und Städten, die am Samstagmorgen von palästinensischen Kämpfern angegriffen wurden.
Vor der Attacke war das Kibbuz, dessen Name sich etwa mit Gaza-Dorf übersetzen lässt, ein prosperierender Ort mit einer Schule, einer Synagoge und einer Bevölkerung von mehr als 700 Menschen.
ZDFheute Infografik
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Terroristen kamen auch aus der Luft

Am Ortsrand wurde das Tor, das die Einwohner schützen sollte, aufgesprengt. Im Inneren der Siedlung haben die militant-islamistischen Angreifer die Türen vieler Häuser mit Panzerfäusten aus den Angeln geschossen. Überall in Kfar Aza sind Mauern und ausgebrannte Autos mit Kugeln durchsiebt. Die Szenerie legt Zeugnis von der unfassbaren Gewalt ab, deren Pfad sich in den Häusern mit ihren blutgetränkten Matratzen fortsetzt, in Schutzräumen, die dem Angriff nicht standhielten, und Badezimmern, die zu Tatorten wurden.
In einem teilweise zerstörten Haus hängt ein Zitat aus einem beliebten Fernseh-Titelsong gerahmt an der Wand. Er verweist darauf, was Kfar Aza seinen Einwohnern bedeutete: "Ich werde für dich da sein, weil auch du für mich da bist", steht da geschrieben. "In diesem Haus sind wir Freunde."
Draußen liegen nicht explodierte Handgranaten auf dem Boden verstreut. Ein paar Minuten entfernt liegt im Dreck eine zusammengeknüllte Hamas-Flagge in der Nähe eines Gleitschirms, wie die Terroristen sie für Angriffe aus der Luft benutzen.

Am Gaza-Streifen formiert sich die israelische Armee für eine mögliche Bodenoffensive, Hamas-Ziele werden aus der Luft angegriffen. Die Hamas feuerte wieder Raketen auf Israel.

11.10.2023 | 02:45 min

Israelische Soldaten patrouillieren im Kibbuz

Als die Journalisten in das Kibbuz eskortiert werden, haben Rettungskräfte die meisten Leichen der Bewohner, die bei dem Angriff getötet wurden, bereits fortgebracht. Doch Reporter sehen noch, wie mehrere weitere Leichensäcke mit Opfern in einen Lastwagen verladen und dann zu einem Platz vor der Synagoge von Kfar Aza gebracht werden. Dort werden die Leichensäcke mit Namensschildern versehen.
Ein AP-Reporter sieht die Leichen von etwa 20 Angreifern, viele von ihnen stark aufgedunsen und entstellt. Hunderte israelische Soldaten mit Helmen und Panzerung patrouillieren in dem Ort, während aus der Entfernung Explosionen und Schüsse zu hören sind.
Weruw, der seit acht Jahren aus dem Militärdienst ausgeschieden war, bevor er am Samstag zum Einsatz gerufen wurde, sagt, die Szenerie in Kfar Aza sei anders als alles, was er bislang in dem Land gesehen habe, in dem Zusammenstöße mit der Hamas und anderen militanten Gruppen an der Tagesordnung sind.

Militärsprecher zieht Vergleich zu 9/11

So sieht es auch der Militärsprecher Doron Spielman. Er vergleicht die Todeszahlen in Kfar Aza und anderen Orten in der Nähe mit dem, dessen er als New Yorker nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in der US-Metropole ansichtig wurde.
"Ich erinnere mich, wie ich den 11. September erlebt habe und am nächsten Tag, in der nächsten Woche, aufgewacht bin und sich alles verändert hatte", sagte er. "Es ist wieder das Gleiche. Aber schlimmer, weil wir so ein kleines Land sind."
Quelle: AP

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