: Klimaschützer oder Öl-Lobbyist?

von Elisa Miebach
02.05.2023 | 17:43 Uhr
Beim Petersberger Klimadialog in Berlin wird die nächste Klimakonferenz Ende des Jahres in Dubai vorbereitet. Kontrovers diskutiert wird die erste Rede des neuen COP-Präsidenten.
Berlin: Sultan Ahmed al-Dschaber, Staatsminister der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), CEO der staatlichen Abu Dhabi National Oil Co. und designierter COP28-Präsident, spricht beim 14. Petersberger Klimadialog im Auswärtigen Amt.Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa
Fürs Klima findet UN-Generalsekretär Antonio Guterres immer starke Worte: Einen "Quantensprung für den Klimaschutz" forderte er und einen Stopp von allen Investments in Kohle, Öl und Gas.
Mit Spannung erwartet wurde beim Petersberger Klimadialog aber eine andere Rede: die des Chefs der nationalen Ölgesellschaft Adnoc der Vereinigten Arabischen Emirate. Sultan Ahmed al-Dschaber wird Präsident der nächsten Klimakonferenz, der COP28 in Dubai. Er ist gleichzeitig Minister für Industrie und Fortschrittstechnologien.

Was ist der Petersberger Klimadialog?

Angela Merkel hat den ersten Petersberger Klimadialog 2010 nach der gescheiterten Klimakonferenz von Kopenhagen ins Leben gerufen. Ort des ersten Treffens war der namensgebende Bonner Petersberg. Danach trafen sich jährlich die Vertreter aus rund 40 Ländern in Berlin. Das Ziel ist, die UN-Klimakonferenzen in einem informelleren Rahmen vorzubereiten.

Klimakonferenz in Dubai

Die Klimakonferenz findet in der Regel jedes Jahr auf einem anderen Kontinent statt. Die Länder der Regionalgruppen, in diesem Fall Asien, können sich als Austragungsorte bewerben. Für 2023 hatten am Ende alle Länder der Asien-Pazifik-Gruppe die Bewerbung der VAE unterstützt, die dann auch ihren COP-Präsidenten selbst bestimmen können.
In Berlin spricht al-Dschaber von großer Verantwortung und beruft sich auf den Bericht vom Weltklimarat, der die Dringlichkeit des Klimaschutzes noch einmal verdeutlich habe.

"Es ist wichtig, dass der Standort Deutschland erfolgreich ist", deshalb "müssen wir in neue Technologien investieren", so der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans.

02.05.2023 | 05:18 min
Doch auf dem Petersberger Klimadialog stellen sich viele die Frage: Wie ernst meint es al-Dschaber mit der Treibhausgasreduktion?

Ziel: Ausstieg aus den Fossilen in Dubai erreichbar?

Zur 28. Klimakonferenz Ende dieses Jahres wird im großen Stil überprüft, wie weit die Länder mit ihren Klimazielen seit dem Pariser Abkommen von 2015 gekommen sind. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock macht Druck: "Unser Anspruch für die Klimakonferenz in Dubai ist klar - das Ende des Zeitalters der fossilen Energien einzuleiten."
Doch al-Dschaber sagt:
Die Energiequellen von heute werden für die voraussehbare Zukunft weiterhin Teil des Energiemixes bleiben.
Sultan Ahmed al-Dschaber, COP28-Präsident
Trotzdem spricht er davon, das System zu dekarbonisieren: Statt Ausstieg aus den Fossilen redet er von einem Ausstieg aus den fossilen Emissionen. Um das zu erreichen, müsse die CO2-Abspaltungstechnologie, das sogenannte Carbon Capture and Storage (CCS) marktreif werden.

Norwegen macht ein verlockendes Angebot: Das Land will die gesamten CO2-Emissionen der europäischen Industrie aufnehmen und in Gesteinsschichten unter der Nordsee pumpen.

05.04.2020 | 28:52 min
CCS ist eine Technologie mit der CO2, etwa aus Kohlekraftwerken, gebunden werden soll, anstatt in die Atmosphäre zu gelangen. Es wird dann komprimiert und mithilfe verschiedener Verfahren zum Beispiel in unterirdisches Gestein gepresst.
Kritiker führen an, dass diese technisch sehr aufwändig und teuer sei – und zusätzlich energieintensiv. Effizienter, schneller und günstiger sei es direkt auf erneuerbare Energien zu setzen.
ZDFheute Infografik
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Der neue COP-Präsident konnte "die Befürchtung, dass er unter dem Deckmantel der 'kohlestoff-armen Alternativen' eine Greenwashing-Offensive für die Öl- und Gasindustrie starten möchte, nicht aus dem Weg räumen", sagte Martin Kaiser von Greenpeace:

Klimaneutralität – das will die EU bis 2050 erreichen, Deutschland bis 2045, Sønderborg schon bis 2029.

06.02.2023 | 02:17 min
Nun liegt es an Außenministerin Annalena Baerbock und Bundeskanzler Olaf Scholz, diesem Ansinnen einen Riegel vorzuschieben.
Martin Kaiser, Greenpeace

Und wenn es ums Geld geht?

Auch das Thema Klimafinanzierung hat stark an Fahrt aufgenommen, seitdem es in der vergangenen Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh eine Schlüsselrolle in der Abschlusserklärung eingenommen hat.
"Irgendwo zwischen Durchbruch und Pleite" - Ein Kommentar zur COP27:
Der COP-Präsident sagt dazu: "Die Entwicklungsländer warten auf die 100 Milliarden, die die entwickelten Länder ihnen seit 14 Jahren versprochen haben – wir fordern das Einhalten dieses Versprechens vor COP28." Baerbock zeigt sich in ihrer Rede optimistisch.
Überall fehlt es an Geld, vor allem in den schon jetzt hoch verschuldeten Ländern des globalen Südens. Für Investitionen, darunter auch in erneuerbare Energien, fallen dort so hohe Zinsen an, dass sich Projekte für Investoren viel seltener rentieren.
Außerdem fehlt Geld für Klimaanpassung, wie etwa für Deiche gegen Überschwemmungen. Und der neue Fonds zur Soforthilfe bei Schäden durch die Klimakrise will auch gefüllt werden.
Der Petersberger Klimadialog war der Auftakt für die Klimapolitik in diesem Jahr. Es gibt neue Formate, in denen auch Stimmen aus der Zivilgesellschaft stärker miteinbezogen werden.
Ob das Treffen einen Anstoß gegeben haben wird für die Lösung langjähriger Streitpunkte wie Klimafinanzierung und Treibhausgasreduktion, wird sich wohl erst auf der Klimakonferenz in Dubai zeigen.

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