: Bundeswehr: Pistorius legt Reformpläne vor

20.04.2023 | 13:21 Uhr
Verteidigungsminister Pistorius hat neue Anstrengungen zur Stärkung der Bundeswehr benannt - und fordert mehr Geld. Die Union betont, die Ampel habe die Zeitenwende verschlafen.
Seine Entschlossenheit zu Reformen in der Führung der Streitkräfte hat Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im Bundestag bekräftigt.
Wenn die Leute gut sind, aber die Ergebnisse sind es nicht, dann stimmen vielmehr die Strukturen und Abläufe nicht und müssen verändert werden.
Boris Pistorius, Bundesverteidigungsminister

Strukturreform im Verteidigungsministerium und bei der Bundeswehr

Wichtig - so der SPD-Politiker in einer Debatte zur Vorstellung des Jahresberichts der Wehrbeauftragten Eva Högl - sei es, dass keine zusätzliche Bürokratie geschaffen werde. Pistorius nannte als einen Ansatz dafür die von ihm eingeleiteten Strukturreformen im Verteidigungsministerium. "Und das übergeordnete Ziel dieser Neuaufstellung ist völlig klar. Ich will die Zeitenwende schneller und kraftvoller umsetzen und auch sichtbar in der Struktur unseres Hauses machen", sagte er.
Die SPD-Politikerin Högl hatte den Bericht bereits im März vorgestellt. Darin kritisiert sie ein zu langsames Tempo bei der Umsetzung der sogenannten Zeitenwende und listet Defizite auf. "Ich habe seit Amtsantritt viel gesehen, erfahren und gelernt", sagte Pistorius. Ganz egal, mit wem er gesprochen habe, in einem seien sich alle einig gewesen: "Mit Blick auf die Herausforderungen, vor denen wir stehen, müssen wir besser werden."

Vier Baustellen bei der Verteidigung

Pistorius nannte den Abgeordneten vier Hauptbaustellen, die er angehe.
  • Der erste Punkt sei die Ukraine und die Hilfe für das von Russland angegriffene Land sowie eine zügige Nachbeschaffung von abgegebenen Waffen.
  • Als zweites nannte Pistorius die Landes- und Bündnisverteidigung: "Wir müssen die Bundeswehr besser machen", sagte er. "Wir brauchen eine einsatzbereite, kampfstarke und durchhaltefähige Bundeswehr." Er verwies dabei auch auf die Zusage an die Nato, dieser ab 2025 eine komplette deutsche Division zur Verfügung zu stellen.
  • Dritte Säule sei es, dass Deutschland über Sicherheitspolitik, Bedrohungen, Bündnisse, Abschreckung und die eigene Sicherheit insgesamt anders sprechen müsse. Pistorius betonte: "Wir müssen wieder lernen, in großen sicherheitspolitischen Zusammenhängen und längeren Zeiträumen und Linien zu denken".
  • Als vierte Baustelle nannte er einen höheren Verteidigungshaushalt ("Einzelplan 14"), über das 100-Milliarden-Sondervermögen hinaus. Er sagte: "Verteidigung ist teuer und sie wird noch teurer werden." Er pochte daher auf die Einhaltung der Vorgabe, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den Wehretat einzuplanen.

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Högl lobt Leistung der Soldaten

Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) lobte zum Auftakt der Debatte die Leistungen der Soldatinnen und Soldaten, sagte aber auch: "Sie tun dies unter Rahmenbedingungen, die besser sein könnten und sein müssten." Auch sie verwies dabei auf die Zunahme der Herausforderungen durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Mit Blick auf das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr sagte Högl: "Das Geld muss jetzt zügig und spürbar bei unseren Soldatinnen und Soldaten ankommen." Es habe sich bei den Rahmenbedingungen für deren Einsatz schon "viel verbessert, aber es gibt auch noch sehr viel zu tun".

Union kritisiert, die Regierung habe "Zeitenwende" verschlafen

Kerstin Vieregge (CDU) kritisierte, dass mit dem Sondervermögen bisher wenig erreicht worden sei.
Das zweite Jahr der Zeitenwende darf nicht so verschlafen werden wie das erste.
Kerstin Vieregge, CDU
Dazu gehöre auch eine substanzielle Erhöhung des regulären Verteidigungshaushalts, der aber stattdessen von der Ampel-Regierung sogar gekürzt worden sei.
Einen "massiven Investitionsstau" räumte auch der Verteidigungsexperte der FDP, Marcus Faber ein. Er betonte jedoch, dass die Koalition dabei sei, hier vorhandene Mängel abzustellen.
Von einer "Bankrotterklärung" sprach mit Blick auf den Bericht der Wehrbeauftragten der AfD-Politiker Hannes Gnauck.
Für die Linksfraktion sagte Ali Al-Dailami, es fehle jedoch nicht am Geld, sondern dieses "versickert im Beschaffungswesen". Er verwies auf deutliche Erhöhungen des Verteidigungshaushalts in den vergangenen Jahren.
Thema der Debatte waren auch Hinweise im Bericht Högls auf interne Probleme der Bundeswehr bei der Personalgewinnung, durch rechtsextreme Vorfälle und einen Anstieg registrierter Fälle sexualisierter Gewalt vor allem gegen Frauen.
Merle Spellerberg (Grüne) mahnte Fortschritte bei der Gleichstellung in der Bundeswehr an.
Quelle: dpa, AFP

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