: Wo alte Tabletten und Arzneimittel hingehören

von Thomas Förster
29.05.2024 | 06:32 Uhr
Ob abgelaufen oder angebrochen: Nicht mehr benötigte Arzneimittel werden oft einfach in die Toilette gekippt. Doch da gehören sie nicht hin. Was jeder zur Entsorgung wissen sollte.

Die falsche Entsorgung von Medikamenten führt zu gefährlichen Rückständen in Gewässern und bedroht die Gesundheit von Mensch und Tier. Wie man es richtig macht.

29.05.2024 | 05:00 min
Die meisten Menschen wissen nicht, was sie mit alten Tabletten machen sollen. Sie fühlen sich nicht gut über die Entsorgungswege informiert. Die Folge: Fast jeder zweite Deutsche kippt alte Medikamente ab und zu ins Waschbecken oder in die Toilette. Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe beschäftigt das. Der Umweltwissenschaftler sagt, es sei ein Riesenproblem, Medikamente aus den Abwässern zu entfernen.
Das ist ein sehr aufwendiger Prozess und sehr, sehr teuer.
Thomas Fischer, Umweltwissenschaftler, Deutsche Umwelthilfe

Gefährliche Wirkstoffe in Gewässern

Trotz großem Aufwand können nicht alle Rückstände in den Kläranlagen herausgefiltert werden. So gelangen sie zum Beispiel in Flüsse und Seen. Hier wurden schon gut 400 Wirkstoffe nachgewiesen. Einige sogar in Trinkwasserproben.

Schwere Folgen für Mensch und Tier

Die Forschung zu den Auswirkungen von Arzneirückständen in Gewässern steht erst am Anfang. Bisher weiß man, dass Rückstände aus Hormontabletten bereits in geringer Konzentration die Reproduktion von Fischen stören können. Das Schmerzmittel Diclofenac wurde schon in Forellen nachgewiesen und soll dort sogar Organschäden verursacht haben.

Inzwischen gibt es auch erste Hinweise auf Antibiotikaresistenzen bei Menschen, die durch Rückstände von Antibiotika in Gewässern hervorgerufen worden sind.

In Deutschland kommt sauberes Wasser aus dem Wasserhahn. Wenn es durch den Ausguss abfließt, ist es mit vielen Schadstoffen belastet. Eine Problemflut rollt auf die Klärwerke zu.

28.07.2022 | 19:49 min

Keine einheitlichen Regeln zur Entsorgung von Arzneimitteln

Die Arzneimittelentsorgung in Deutschland hat ein grundlegendes Problem: Es gibt kein einheitliches System. Jede Kommune regelt die Entsorgungswege für sich selbst. Thomas Fischer sieht hier dringenden Änderungsbedarf.
Die Entsorgung alter Medikamente in Deutschland ist aus unserer Perspektive absolut chaotisch organisiert und auch verbraucherunfreundlich.
Thomas Fischer, Umweltwissenschaftler, Deutsche Umwelthilfe

Wie Medikamente richtig entsorgt werden

Eine Übersicht über die kommunalen Regeln für ganz Deutschland ist auf einer Internetseite zu finden, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde.
Viele Kommunen verbrennen den Restmüll. Dann ist die Entsorgung von Arzneimittelresten über die Hausmülltonne umweltschonend. Allerdings sollte man versuchen, die Arzneimittel vor dem Zugriff von Kindern zu schützen: Blister nicht einzeln in den Müll werfen, sondern zum Beispiel in Papier einwickeln.

Für welche Arzneimittel Ausnahmen gelten

Zwei Sorten von Medikamenten dürfen nie über den Hausmüll entsorgt werden: Zum einen Sprays mit einem Druckgasbehälter, beispielsweise Asthmasprays. Sind diese nicht vollständig entleert, könnten sie explodieren. Zum anderen Zytostatika (Krebsmedikamente). Sie gelten als gefährlicher Abfall und müssen in speziell zugelassenen Abfallverbrennungseinrichtungen entsorgt werden. Nähere Informationen dazu stehen im Beipackzettel.
Zwei andere gängige Entsorgungswege sind kommunale Recyclinghöfe und Schadstoffmobile, die zu festgelegten Zeiten Sammelstellen anfahren. Häufig nehmen auch Apotheken alte Medikamente an. Allerdings ist das ein freiwilliger Service.

Als vor 130 Jahren die Industrialisierung begann, dachte keiner an Recycling. Man wollte Müll einfach nur schnell loswerden. Dabei wurde schon in der Steinzeit Müll recycelt.

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Benutzung abgelaufener Medikamente

Arzneimittel haben ein Verwendbarkeitsdatum, bis zu dem sie genutzt werden können. Studien zeigen, dass viele Präparate auch danach noch haltbar sind. Trotzdem raten Experten, abgelaufene Arzneien nicht mehr zu verwenden: Die Wirkung kann eingeschränkt sein und die Hersteller haften nur bis zum Verwendbarkeitsdatum für mögliche Schäden.
Besonders problematisch ist die Haltbarkeit bei flüssigen Arzneien wie Fieber- und Antibiotikasäften. Wird die Flasche geöffnet, gilt nicht mehr das aufgedruckte Verwendbarkeitsdatum, sondern eine Aufbrauchfrist. Das ist besonders bei Augentropfen wichtig, da sich darin schnell Keime bilden können.
Medikamente sollten entsprechend der Herstellerangaben aufbewahrt werden. Denn so wurde die Haltbarkeit auch getestet. Das bedeutet: lichtgeschützt, bei normaler Luftfeuchtigkeit und 15 bis 25 Grad Celsius. Küche oder Bad sind dafür oft zu warm und zu feucht. Das Schlafzimmer ist meist besser geeignet. Die Umverpackung kann man als zusätzlichen Lichtschutz nutzen.

Steigender Arzneimittelverbrauch erwartet

Experten wie Thomas Fischer rechnen in den nächsten Jahren mit einer Zunahme des Arzneimittelverbrauchs. Dies sei eine Folge der immer älter werdenden Gesellschaft.
Wir sehen einen deutlichen Anstieg bei Altmedikamenten, die sachgerecht entsorgt werden müssten.
Thomas Fischer, Umweltwissenschaftler, Deutsche Umwelthilfe
Damit die Umweltbelastung durch Arzneimittelrückstände in den Gewässern nicht ebenfalls steigt, wird es künftig also umso wichtiger sein, Arzneimittel richtig zu entsorgen: zuliebe der Umwelt und der Gesundheit von Mensch und Tier.

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