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: Sinken die Preise jetzt endlich wieder?

von Robert Meyer
05.04.2023 | 09:10 Uhr
Die Inflationsrate sinkt, gerade bei Energiepreisen. Doch Entwarnung kann es noch nicht geben. Weil andere Preise weiter steigen - und ein statistischer Effekt das Bild verzerrt.
Einkaufen ist in Deutschland teuer geworden. Wann sinken die Preise wieder?Quelle: pa/dpa-Bildfunk/Sven Hoppe, ZDF
Haben wir die Preiskrise hinter uns? Die Inflation in Deutschland ist im März von 8,7 auf 7,4 Prozent gefallen. Noch beeindruckender ist die Entwicklung bei der Energie: Die Preise für Öl, Gas und Strom stiegen nur noch um 3,5 Prozent.
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Doch entwarnt werden kann noch nicht. Denn hinter den auf den ersten Blick guten Zahlen verstecken sich zwar durchaus positive Signale - aber auch statistische Effekte, die einen Teil des Problems verdecken.
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Energiepreise sinken nicht, sondern bleiben konstant hoch

Ein Grund für die niedrige Energie-Inflationsrate versteckt sich in der Berechnung. Inflationswerte vergleichen die aktuellen Preise immer mit den Werten zwölf Monate zuvor, aktuell also mit dem März 2022.
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Die Energiepreise gingen damals schon durch die Decke, weil die Ukraine-Invasion kurz zuvor begann. Somit werden die aktuellen März-Preise bei der Berechnung mit sowieso schon hohen Energiepreisen aus dem März 2022 verglichen. Die Folge: nur noch 3,5 Prozent Energie-Inflation, nachdem es im Februar noch 19,1 Prozent waren.
Das heißt: Die Energiepreise sind für die Endverbraucher*innen nicht gesunken, sondern verharren auf dem hohen Niveau von 2022.
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Damit steckt immerhin eine gute Nachricht in diesem niedrigen Wert: Die Energiepreise steigen nicht mehr so extrem wie im vergangenen Jahr. Wenn Öl, Gas und Strom heute "nur" 3,5 Prozent teurer sind als im März 2022, hat sich die Lage zumindest beruhigt.
Der Anstieg der Energiepreise kam "zuletzt fast zum Erliegen", resümiert die Deutsche Bundesbank in ihrem aktuellsten Monatsbericht. Auch dank der Maßnahmen der Bundesregierung wie die Energiepreisbremsen für Gas, Fernwärme und Strom, so das Statistische Bundesamt.

Preise für Lebensmittel steigen weiter

Aber nur weil die Energie-Inflation sinkt, gibt es noch lange keine Entwarnung bei anderen Produkten. Zum Beispiel steigen die Preise für Lebensmittel weiter. 22,3 Prozent mehr kosteten Lebensmittel im März - der höchste Wert der Krise.
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Inflations-Statistik wurde neu berechnet

Trotzdem: 7,4 Prozent Inflation klingen gerade im Vergleich zum Herbst etwas weniger dramatisch - damals waren es bis zu 10,4 Prozent.
Doch dieser Rekordwert stimmt so auch nicht mehr. Die Inflationswerte wurden zwischenzeitlich neu berechnet. Aber nicht wegen eines Fehlers. Sondern weil das alle fünf Jahre turnusmäßig passiert. So wurden nun nicht nur andere Daten zur Berechnung herangezogen, sondern auch der fiktive "Warenkorb" neu gewichtet. Der beinhaltet rund 700 Produkte und dient als Grundlage für die Berechnung der Inflation.
Mehr Details zur neuen Berechnung der Inflation gibt es hier:
So haben zum Beispiel die Energiepreise bei der Neuberechnung weniger Gewicht im Warenkorb bekommen. Das klingt erstmal unlogisch. Schließlich müssen wir alle seit einem Jahr deutlich mehr für Energie ausgeben. Die neue Gewichtung basiert aber nicht auf den hohen Preisen des Jahres 2022, sondern auf den Werten von 2019 bis 2021, als Energie noch günstiger war.
Die Folge all dieser Faktoren, von angepasstem Warenkorb bis neuer Datengrundlage: Die hohen Inflationsraten 2022 wurden nach unten korrigiert. Und mit der alten Berechnung wären auch die aktuellen Inflationsraten wohl höher ausgefallen.
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Was ist Inflation?

Inflation ist der Prozess der Geldentwertung, der sich durch allgemeine Preiserhöhungen bemerkbar macht. Mit dem verfügbaren Einkommen kann dann weniger gekauft werden. Man spricht davon, dass die Kaufkraft sinkt. Deflation beschreibt den umgekehrten Prozess: Die Preise sinken, man kann sich von seinem Einkommen mehr leisten.

Was ist der Verbraucherpreisindex?

Die Inflation wird mithilfe des Verbraucherpreisindex berechnet. Er misst die durchschnittlichen Preise von Waren und Dienstleistungen für den privaten Konsum. Von Energie über Lebensmittel bis hin zu Friseurbesuchen oder Pauschalreisen. Vergleicht man den heutigen Verbraucherpreisindex mit dem Wert zwölf Monate zuvor, erhält man die Inflationsrate.

Wie wird der Verbraucherpreisindex bestimmt?

Als Grundlage für den Verbraucherpreisindex dient ein repräsentativer Warenkorb mit rund 700 Arten von Gütern. Darin befinden sich alle möglichen Produkte und Dienstleistungen, die tagtäglich gekauft oder in Anspruch genommen werden. Jedes Produkt wird dabei unterschiedlich gewichtet, weil die Menschen anteilig zum Beispiel mehr Geld für die Miete als für Kleidung ausgeben. Wenn die Bürger*innen ein Produkt nicht mehr kaufen, fliegt es aus dem Warenkorb. Geben die Menschen anteilig mehr für bestimmte Produkte aus, bekommen sie ein höheres Gewicht im Korb und werden wichtiger bei der Berechnung der Inflation.

Zum einen gehen dann Preiserheber*innen für das Statistische Bundesamt in Geschäfte und checken die Preise. Zum anderen werden viele Preise auch online verfolgt, beispielsweise für Bücher oder Bahnreisen.

Werden die Preise bald sinken?

Aber egal ob mehr als zehn oder etwas über sieben Prozent: Die Preise sind in den vergangenen zwölf Monaten massiv gestiegen.
Es ist aber ein Ende in Sicht. Die sinkende Inflationsrate "dürfte der erste Schritt eines nachhaltigen Abwärtstrends bei den Teuerungsraten in Deutschland sein", sagt Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) gegenüber Reuters.
In den kommenden Monaten ist nun mit einem weiteren, kontinuierlichen Rückgang der Inflationsraten zu rechnen.
Sebastian Dullien, Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung
Entwarnung gibt es aber noch nicht. Eine sinkende Inflationsrate bedeutet nicht, dass die Preise sinken. Nur, dass sie langsamer steigen. Die Teuerung ist nun in der ganzen Breite der Wirtschaft angekommen. Unklar ist auch noch, wie sich die höheren Lohnabschlüsse auswirken werden.
Der Expertenrat der Bundesregierung für Wirtschaft geht aktuell von 6,6 Prozent Inflation in diesem und 3,0 Prozent im kommenden Jahr aus. Den Höhepunkt dürften wir zwar hinter uns haben. Trotzdem werden die Preise erstmal nicht deutlich sinken; wohl aber nicht mehr so stark steigen wie bisher.

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