: Gazastreifen: Humanitäre Lage spitzt sich zu

16.10.2023 | 19:39 Uhr
Zu Hunderttausenden bringt sich die Bevölkerung des Gazastreifens vor der erwarteten Offensive Israels in Sicherheit. Die WHO warnt vor einer "Katastrophe" binnen 24 Stunden.

Aktuell wird über eine Grenzöffnung des Gazastreifens nach Ägypten verhandelt. Ca. eine Million Menschen sind aus dem Norden in den Süden der Region geflohen und hoffen auf Hilfe.

16.10.2023 | 01:41 min
Abu Ahmed ist mit seiner Familie vor drei Tagen im Rafah-Flüchtlingslager im Süden des Gazastreifens angekommen. "Die Situation ist schlecht und verschlimmert sich noch", sagte der 60-Jährige, der sonst in der Nähe von Beit Lahia im nördlichen Teil des Küstengebietes lebt.
Zwei Leute teilen sich ein Bett, und es gibt nur wenige Decken.
Abu Ahmed, Geflüchteter
Am Tag ihrer Ankunft habe das UN-Hilfswerk für Palästinensische Flüchtlinge UNRWA jedem einen Laib Brot gegeben, eine Box mit Fleisch für zwei Personen und ein Kilo Datteln für zehn Personen. Jetzt sei er auf der Suche nach Brot. Ahmed ist mit fünf seiner Kinder, deren Frauen und 17 seiner Enkel geflohen.
Der Palästinenser ist einer von rund einer Million Menschen, die laut den Vereinten Nationen dem Aufruf Israels zur Evakuierung des nördlichen Gazastreifens gefolgt sind.

Israel blockiert wohl Hilfslieferungen für den Gazastreifen und wehrt sich gegen eine Grenzöffnung nach Ägypten. Michael Bewerunge schätzt die angespannte Situation ein.

16.10.2023 | 01:41 min

Militärexperte: Israel versucht Lösung für Zivilisten zu finden

Inmitten des Nahost-Konflikts rief die Armee die Zivilbevölkerung mehrmals dazu auf, vom Norden des schmalen Küstenstreifens in den Süden zu fliehen. Ein entsprechender Fluchtkorridor werde zu bestimmten Zeiten nicht angegriffen, hieß es.
In den vergangenen Tagen hat die Hamas dagegen die palästinensische Bevölkerung offenbar zum Bleiben aufgefordert, berichtete ZDF-Reporter Michael Bewerunge. Laut Nahost-Experte Gil Yaron liegt das auch daran, dass die Terrorgruppe ein "Interesse an zivilen Opfern" habe. Sie wolle sich als Opfer und die Israelis als Aggressor darstellen, so Yaron.

Israels Militär hat Zivilisten aufgefordert, den Norden des Gazastreifens zu verlassen. Was bedeutet diese Ankündigung für eine möglicherweise bevorstehende Bodenoffensive?

13.10.2023 | 33:18 min
Der Gazastreifen steht nach dem Angriff der Hamas unter israelischem Beschuss. Israel riegelte das dicht besiedelte Küstengebiet zunächst vollständig ab, die Blockade betrifft auch die Strom- und Wasserversorgung. Inzwischen wurde die Wasserversorgung im Süden von Gaza in Abstimmung mit den USA wieder hergestellt.
Es wird erwartet, dass die israelische Armee in Kürze eine Bodenoffensive im Gazastreifen beginnen wird. Nach Meinung von Militärexperte Christian Mölling ist allerdings unklar, wann diese beginnen wird. Hintergrund sei auch, dass Israel versuche, eine Lösung zu finden, in der so wenig Zivilisten wie möglich im Gazastreifen getroffen werden.
ZDFheute Infografik
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WHO: Wasser, Strom und Treibstoff nur noch für 24 Stunden

Die Versorgung der mehr als zwei Millionen Einwohner des Küstenstreifens mit Treibstoff, Wasser, Nahrung und Medikamenten ist abgeschnitten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat vor einer "echten Katastrophe" binnen 24 Stunden gewarnt.
In dem Palästinensergebiet seien nur noch für 24 Stunden Wasser, Strom und Treibstoff vorhanden, sagte der WHO-Regionaldirektor für das östliche Mittelmeer, Ahmed al-Mandhari. Wenn im Gazastreifen keine Hilfe eintreffe, müssten Ärzte bald "Sterbeurkunden für ihre Patienten erstellen", so der WHO-Regionaldirektor. Ähnlich äußerte sich auch das Nothilfebüro der Vereinten Nationen (OCHA).
Das UNRWA teilte mit, man sehe sich nicht mehr in der Lage, die zunehmende Anzahl von Flüchtlingen im Süden des Gazastreifens ausreichend zu versorgen. Es mangele an Platz in den Unterkünften, Wasser und psychologischer Unterstützung.

Bei einer Krisensitzung haben sich die EU-Außenminister mit der Lage im Nahost befasst. Ob die EU die Menschen im Gazastreifen weiter unterstützen wird, erklärt Ulf Röller.

10.10.2023 | 01:22 min

Geflüchteter in Rafah: "Wir haben alles zurückgelassen"

Wie angespannt die Lage ist, zeigt sich auch in Rafah. Dort stehen die Menschen in langen Schlangen vor den Bäckereien und Toiletten der Hilfszentren der Vereinten Nationen sowie der Moscheen. Hunderte sitzen auf den Gehwegen der Hauptstraßen und starren auf ihre Telefone, auf der Suche nach Informationen über ihre Familien und ihre Häuser, die sie verlassen haben.
Imad Saidam und seine Familie schlafen derzeit auf dem Boden vor einer überfüllten Schule der UNRWA. Die hygienischen Bedingungen seien schlecht, berichtet Saidam. Es gebe etwa kein Wasser, um nach dem Gang zur Toilette zu spülen. "Wir haben alles zurückgelassen, das Haus und die Erinnerungen", sagt der Palästinenser.
Wir sind dem Tod entkommen, aber wo wir jetzt sind, gibt es auch kein Leben.
Imad Saidam, palästinensischer Geflüchteter

EU kündigt Luftbrücke an

Die EU kündigte am Montag Hilfe für die Bevölkerung in Gaza in Form einer humanitären Luftbrücke an. Die ersten beiden Flüge sollen in dieser Woche starten und überlebenswichtige Güter wie Notunterkünfte, Medikamente und Hygienesets des UN-Kinderhilfswerks Unicef nach Ägypten zu transportieren. Von dort sollen sie zu humanitären Organisationen nach Gaza gebracht werden.
Quelle: dpa, AFP

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