: Israel: Getötete Geiseln trugen weiße Fahne

16.12.2023 | 16:10 Uhr
Sie sind "versehentlich als Bedrohung identifiziert" und von israelischen Soldaten getötet worden: drei Geiseln der Hamas. Jetzt wird bekannt: Sie trugen eine weiße Fahne.

Durch einen tragischen Irrtum erschossen israelische Soldaten drei Geiseln. Der Militärchef räumt Regelverstöße ein. In Tel Aviv protestieren tausende Menschen gegen die Regierung.

16.12.2023 | 01:39 min
Das israelische Militär hat neue Details zur versehentlichen Tötung von drei Geiseln durch israelische Soldaten bekannt gegeben. Die getöteten Männer seien mehrere Dutzend Meter entfernt von den Truppen aus einem Gebäude gekommen, sagte ein Vertreter des israelischen Militärs am Samstag.
Dabei seien sie ohne Hemd gewesen, einer habe einen Stock mit einem weißen Stück Stoff in der Hand gehalten. Ein Soldat habe sich den Angaben nach bedroht gefühlt und das Feuer eröffnet. Zwei der Männer seien direkt getötet worden. Ein dritter Mann sei zurück in das Haus geflüchtet.

Nach dem Beschuss der Stadt Rafah im Gazastreifen werden Tote geborgen. Das israelische Militär meldet außerdem die versehentliche Tötung von Geiseln.

15.12.2023 | 02:38 min

Militär: Vorgehen war gegen die Einsatzregeln

Ein Kommandeur habe zwar angeordnet, das Feuer zu stoppen, doch als der dritte Mann zurück ins Freie getreten sei, sei erneut geschossen worden. Dabei sei auch dieser getötet worden.
Ich möchte sehr deutlich sagen, dass dieses Vorgehen gegen unsere Einsatzregeln war.
Israelischer Militärvertreter
Den Angaben nach war auch ein Hilferuf auf Hebräisch zu hören.

Was die weiße Flagge bedeutet

Eine weiße Flagge gilt nach der Haager Landkriegsordnung als Schutzzeichen und soll etwa die Unverletzlichkeit von Unterhändlern garantieren. Sie ist auch ein Symbol der Kapitulation. 

Quelle: Reuters

Gleichwohl machte der Militärvertreter deutlich, dass es sich bei dem Gebiet um eine aktive Kampfzone handelte. Truppen seien dort bereits in Hinterhalte gelockt worden. Zudem seien Angreifer oft in "Jeans und Sneakers" unterwegs.
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Der Vorfall ereignete sich bei Kämpfen im Gazastreifen im Bereich von Schedschaija, einem Viertel von Gaza-Stadt. Die Streitkräfte hätten die Geiseln während eines Einsatzes in der Hamas-Hochburg im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens fälschlicherweise als Bedrohung identifiziert und auf sie geschossen, teilte der Sprecher des israelischen Militärs, Daniel Hagari, am Freitagabend mit.

Netanjahu: "Unerträgliche Tragödie"

Post der israelischen Armee
"Das ist ein tragischer Vorfall, die Armee trägt die volle Verantwortung", sagte Hagari weiter. Das Militär begann demnach sofort mit der Untersuchung des Vorfalls. Hagari sprach den Familien der Geiseln sein Beileid aus. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete den Tod der drei Geiseln als "unerträgliche Tragödie".
Der gesamte Staat Israel trauert heute Abend.
Benjamin Netanjahu, Israels Ministerpräsident

Proteste in Tel Aviv

Die Leichen der drei Geiseln wurden Armeeangaben zufolge nach Israel gebracht. Die israelischen Streitkräfte identifizierten die versehentlich Getöteten als den 26-jährigen Alon Lulu Schamris und den 28-jährigen Heavy-Metal-Schlagzeuger Jotam Haim, die beide aus dem Kibbuz Kfar Asa entführt worden waren, sowie den 25-jährigen Beduinen Samer El-Talalka aus dem Kibbuz Nir Am. 
Während sich die Nachricht von der versehentlichen Tötung der drei Geiseln verbreitete, versammelten sich am Abend vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv hunderte Demonstranten. Unter ihnen waren Angehörige von Geiseln. Die Protestierenden forderten ein rasches neues Abkommen zur Freilassung der verbliebenen Geiseln.
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Mehr als 130 Geiseln weiter in Gewalt der Hamas

Die Hamas hatte am 7. Oktober Israel überfallen. Terroristen drangen in israelische Städte und Dörfer ein und verübten Gräueltaten an Zivilisten. Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1.200 Menschen getötet und rund 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Mehr als 130 von ihnen befinden sich nach israelischen Angaben weiterhin in der Gewalt der Hamas.
Als Reaktion auf den Hamas-Angriff begann die israelische Armee, Ziele im Gazastreifen zu bombardieren und startete eine Bodenoffensive. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, bislang mehr als 18.700 Menschen getötet.
Quelle: dpa, AFP, Reuters

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