Interview

: Westen führt "indirekt" Krieg gegen Russland

07.06.2024 | 09:41 Uhr
Der Westen befindet sich im Kampf der demokratischen Systeme gegen eine Diktatur, gegen Russland. Das sagt Militärhistoriker Sönke Neitzel im Gespräch mit dem heute journal update.

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07.06.2024 | 05:09 min
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat an den D-Day-Feiern in der Normandie teilgenommen. Der russische Präsident Wladimir Putin nicht - er war nicht eingeladen. Im Gespräch mit dem heute journal update erklärt Militärhistoriker Sönke Neitzel, was das für ein Signal an die Welt sendet.
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Im Gespräch stellt Militärhistoriker Neitzel fest, dass ...

... der Westen "indirekt" einen Krieg gegen Russland führt

"Die Differenz zu 2014 ist offensichtlich", sagt Neitzel. Damals habe Putin noch an den Feierlichkeiten zum D-Day teilgenommen, erklärt der Historiker und merkt an:
Aber wir leben zehn Jahre später in einer anderen Zeit.
Sönke Neitzel, Militärhistoriker
"Der Westen führt nicht direkt einen Krieg gegen Russland, aber indirekt", sagt Neitzel im ZDF weiter. "Und damit geht es im Kampf der demokratischen Systeme gegen eine Autokratie, gegen eine Diktatur, gegen Russland", sagt Neitzel. Deswegen sei Putin auch nicht eingeladen gewesen. Er sei, so erklärt es Neitzel, "gewissermaßen der Gegner und nicht der Partner".

... es heute Parallelen zum D-Day vor 80 Jahren gibt

Der entscheidende Punkt sei, dass die USA vor 80 Jahren "vor allen Dingen gewillt waren, während des Zweiten Weltkriegs ihre Söhne und das Geld ihrer Steuerzahler zu 'opfern', sich nicht auf das eigene Land, auf den eigenen Kontinent zurückzuziehen, um NS-Deutschland zu besiegen".

Zum Gedenken an die Landung der Alliierten in der Normandie vor 80 Jahren sind zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus aller Welt an die nordfranzösische Küste gekommen.

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Ohne die USA, so Neitzel, wäre ein Sieg nicht möglich gewesen. Die Amerikaner seien es gewesen, die die Demokratien im Kampf gegen das NS-Regime angeführt hätten. "Und darum geht es jetzt wieder", macht Historiker Neitzel deutlich. Die große Frage sei nun:
Ist der Westen gewillt, Russland entgegenzutreten in der Ukraine?
Sönke Neitzel, Militärhistoriker

... sich die Welt in einem Systemkonflikt befindet

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine erschüttert Europa nach Einschätzung Neitzels stark:
Man stelle sich vor, Putin würde in der Ukraine gewinnen. Er wäre er in der Lage mit militärischen Mitteln Grenzen zu verschieben - es gar weiter zu treiben.
Sönke Neitzel, Militärhistoriker
Der Historiker ist sich sicher, dass man sich gegenwärtig "in einem Systemkonflikt" befinde. Es gebe aktuell drei Revisionsmächte, die die westliche Ordnung angriffen:
"Das ist durchaus eine Parallele zu den 30er Jahren, wo wir Japan, Italien und Deutschland als Revisionsmächte hatten", so Neitzel. Jetzt gehe es um die Frage, welche Rolle Europa in der Weltpolitik spielen werde.
Es ginge darum, ob Europa "wirklich auch ein sicherheitspolitisches Bündnis ist, das nicht nur auf die USA schaut, sondern selbst in der Lage ist, an seiner Peripherie für Sicherheit zu sorgen".

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... der Krieg in der Ukraine nicht allein mit Diplomatie zu beenden ist

Neitzel macht hier deutlich, dass es in Kriegen in aller Regel zunächst so sei, "dass das Militär ein Ergebnis auf dem Schlachtfeld bringt". Diplomaten dagegen setzten das Ergebnis dann nur um.
Man brauche "den militärischen Sieg, den militärischen Erfolg, den militärischen Status Quo", so Neitzel. Diplomatie spiele dabei "auch eine Rolle, aber wahrscheinlich nicht die Hauptrolle".

Die Waffen-Freigabe sei wichtig. Das Problem der russischen Luftüberlegenheit könne aber nur gelöst werden, wenn Kiew Kampfjets am Boden beschießen könne, so Militäranalyst Remmel.

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Das zeige auch die Ukraine-Friedenskonferenz, die kommende Woche in der Schweiz stattfinden soll - ohne China und Russland. Neitzel hält das Treffen für den "richtigen Schritt", merkt aber an:
Ich glaube, es kann nur ein langer Schritt sein auf dem Weg zu einem Frieden.
Sönke Neitzel, Militärhistoriker
Diejenigen, die glaubten, "man könnte mit diplomatischen Mitteln diesen Krieg jetzt beenden, werden - glaube ich - leider falsch liegen", so Neitzel. "Wir müssen in Europa, neben den diplomatischen Dingen, auch alles tun, um die Ukraine auch militärisch zu stützen, damit dieser Staat diesen Krieg auch überlebt."
Das Interview führte ZDF-Moderatorin Gundula Gause. Zusammengefasst hat es ZDFheute-Redakteurin Katharina Schuster.
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