: Fastenmonat im Schatten des Gaza-Krieges

von Anselm Stern, Tel Aviv
14.03.2024 | 17:37 Uhr
Der muslimische Fastenmonat Ramadan wird überschattet vom Krieg im Gazastreifen. ZDF-Reporter Anselm Stern hat eine palästinensische Familie im Westjordanland besucht.

Mitten im Ramadan, dem Monat, in dem nach islamischem Glauben der Koran zu den Menschen kam, herrscht noch immer Krieg in Nahost. Wie erleben Palästinenser den Fastenmonat?

14.03.2024 | 02:03 min
Wenn es langsam Abend wird in Ramallah im Westjordanland, leeren sich die Straßen und füllen sich die Esszimmer. Fastenbrechen - die Familien kommen zusammen im Ramadan. Wir sind zu Gast bei Familie Liftawi. Die Großeltern, Eltern, Enkelkinder sind da. Sie sind froh, beieinander zu sein. Doch ihre Gedanken seien in diesem Jahr voll mit Traurigkeit und mit den schrecklichen Bildern aus Gaza, erzählt Wafaa Liftawi.
Dieser Ramadan ist in jeder Hinsicht schwierig. Wenn ich die Nachrichten sehe, weine ich. Ich verliere den Appetit - besonders wenn ich die kleinen Kinder sehe, die kein Essen, kein Brot haben.
Wafaa Liftawi
Ihr Mann Issa Liftawi fügt hinzu: "Wir denken an die Menschen in Gaza. Wir sind nicht fröhlich in diesem Jahr, gar nicht. Wir sind ein palästinensisches Volk: in Gaza und hier."

Die Auswirkungen des Krieges in Gaza beeinflussen auch den Alltag im Westjordanland. Immer wieder gibt es Tote bei Konfrontationen zwischen Siedlern und Palästinensern.

21.12.2023 | 01:33 min

Fastenbrechen nach Sonnenuntergang

Wafaa und Issa - beide über 70 Jahre alt - begehen den Ramadan zusammen seit mehr als 50 Jahren, so lange sind sie schon ein Paar. Am Nachmittag bereiten sie alles für das große Abendessen vor. Es ist etwas ganz Besonderes in dieser Zeit: im Fastenmonat wird ab dem Morgengrauen nichts mehr gegessen und getrunken - bis es wieder dunkel wird.
Es ist eine spezielle Atmosphäre während des Ramadans. Wir essen ganz früh morgens, dann beten wir, dann schlafen wir und am Nachmittag beginnen wir mit der Essenszubereitung für den Abend.
Wafaa Liftawi

Ein Hilfskonvoi mit Nahrungsmitteln hat den Norden des umkämpften Gazastreifens über eine neue Straße des israelischen Militärs erreicht. "Die israelische Armee spricht von täglich 100 Lkws, die hier durchkommen", so ZDF-Korrespondent Michael Bewerunge.

14.03.2024 | 02:41 min

Situation im Gazastreifen überschattet Ramadan

Die Rituale, die Religion sind wichtig für das Ehepaar und ihren Sohn, Muhammad Liftawi. Er nimmt uns am Nachmittag mit auf den Markt in Ramallah. Händler an vielen kleinen und großen Ständen warten dort mit Obst, Gemüse, Brot und vielem anderen. Muhammad kauft Bananen für die Nachspeise. Beim Einkaufen sagt er uns:
Ramadan ist eigentlich ein wunderschöner Monat. Dieses Jahr ist der Ramadan aber definitiv schwieriger als in den Vorjahren, denn unsere Mitmenschen in Gaza leiden unter Krieg und Zerstörung.
Muhammad Liftawi
ZDFheute Infografik
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Ramadan in Kriegszeiten

Die Krise ist allgegenwärtig, die Anschlagsgefahr enorm hoch. Die Terrororganisation Hamas hat die Palästinenser im Westjordanland dazu aufgerufen, zum Tempelberg in Jerusalem zu marschieren und die israelischen Sicherheitskräfte zu attackieren.
Am 13. März gab es am Morgen einen Messerangriff eines palästinensischen Jugendlichen auf israelische Soldaten. Bei dem Angriff wurden zwei Beamte an einem Checkpoint zwischen Bethlehem und Jerusalem verletzt. Der Angreifer wurde nach palästinensischen Angaben wohl erschossen.

Lage im Westjordanland zugespitzt

Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober und dem darauffolgenden militärischen Vorgehen Israels im Gazastreifen hat sich die Lage im gesamten Westjordanland deutlich zugespitzt. Es gab bereits viele Tote und Verletzte bei Konfrontationen zwischen Israelischen Soldaten und Palästinensern. Auch die Gewalt zwischen israelischen Siedlern und den Palästinensern hat deutlich zugenommen.

Für rund zwei Milliarden Muslime hat mit der Morgendämmerung der Fastenmonat Ramadan begonnen. Sie verzichten täglich bis zum Sonnenuntergang auf Essen, Trinken und andere Genüsse.

11.03.2024 | 00:20 min

Normalität in diesen Zeiten fast nicht möglich

Die Familie von Wafaa und Issa in Ramallah versucht zwischendrin so viel Normalität wie möglich zu leben. Etwa beim Ramadan-Abendessen - es gibt Reis mit Hühnchen. Die Enkelkinder erzählen vom Fußballtraining. Wafaa Liftawi sagt uns zum Abschied:
Ihr hättet letztes Jahr bei uns sein sollen, da war es hier sehr schön. Dieser Ramadan ist aber in jeder Hinsicht schwierig.
Wafaa Liftawi
Es ist ein trauriger Ramadan in Ramallah - und im ganzen Westjordanland.

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