FAQ

: Pandemie oder Endemie - wie geht es weiter?

27.12.2022 | 16:24 Uhr
Nach fast drei Jahren Pandemie gibt es kaum noch Corona-Maßnahmen. Fallen die letzten Beschränkungen bald auch weg? Fragen und Antworten zum Ende der Pandemie.
Nach fast drei Jahren Corona geht der Streit zwischen "Team Vorsicht" und "Team Freiheit" in die vielleicht letzte Runde. Ausgangspunkt ist eine Aussage des Virologen Christian Drosten im Berliner "Tagesspiegel":
Wir erleben in diesem Winter die erste endemische Welle mit Sars-CoV-2, nach meiner Einschätzung ist damit die Pandemie vorbei.
Christian Drosten, Virologe

Warum löst Drostens Aussage so ein Echo aus?

Weil Virologe Christian Drosten am meisten mit dem Thema Corona in Verbindung gebracht wird. Der Leiter der Virologie an der Berliner Charité und sein Team entwickelten Anfang 2020 den ersten PCR-Test, Drosten wurde immer wieder als Corona-Erklärer interviewt, von der Politik als Experte zu Rate gezogen, aber auch von Kritikern angegriffen. FDP-Justizminister Marco Buschmann argumentiert nun auf Twitter: Wenn Drosten, der zu den vorsichtigsten Wissenschaftlern gehörte, die Pandemie als beendet betrachtet, sollte man die Maßnahmen aufheben.

Was unterscheidet Endemie und Pandemie?

Als endemisch wird eine Krankheit bezeichnet, wenn sie in einer Region immer wieder in gewisser Häufung auftritt. Das trifft auf viele in saisonalen Wellen auftretende Infekte zu, zum Beispiel auf die Grippe. Mit Blick auf Corona ist damit gemeint, dass Infektionswellen verglichen zur pandemischen Phase abflachen und für einen Großteil der Bevölkerung die Auswirkungen weniger gravierend sind, weil es eine breite Immunität durch Impfungen und/oder überstandene Infektionen gibt. Das Immunsystem ist nicht mehr mit einem neuartigen Erreger konfrontiert, es reagiert schneller und besser auf eine Infektion.

Bedeutet "endemisch" Entwarnung?

Es bedeutet jedenfalls nicht automatisch, dass eine Krankheit keine Probleme mehr bereitet - siehe Grippe, bei der es saisonal heftige Wellen mit Tausenden Toten geben kann. Zudem sind weitere Sprünge in der Virus-Entwicklung nicht ausgeschlossen. Über Covid-19 schreibt das RKI, dass etwa bei Älteren und Vorerkrankten auch in Zukunft mit schweren Verläufen gerechnet werden müsse - daher könnten insbesondere in diesen Gruppen wiederholte Impfungen nötig werden.

Ist es nicht Aufgabe der WHO, eine Pandemie zu beenden?

Die WHO verwendet keine wissenschaftliche Pandemie-Definition, sondern Alarmstufen. Dazu gehört als höchste Stufe die Ausrufung eines internationalen Gesundheitsnotstands. Dies gilt bei Corona seit dem 30. Januar 2020. Mit der Ausrufung will die WHO Regierungen und Öffentlichkeit wachrütteln. Ein Expertenausschuss zur Einstufung soll im Januar erneut tagen. Konkrete Folgen hätte ein Ende des Notstandes nicht. Über Schutzmaßnahmen entscheidet nie die WHO, sondern jede Regierung für sich.

Welche Corona-Maßnahmen gelten bundesweit?

Vor allem Maskenvorschriften: In Fernzügen wie ICEs, ICs oder ECs und auch Fernbussen gilt nach aktuellem Infektionsschutzgesetz noch bis 7. April eine FFP2-Maskenpflicht, für das Zugpersonal reicht eine medizinische Maske.
Außerdem müssen FFP2-Masken in Arztpraxen, Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung getragen werden. Bis auf die Arztpraxen muss überall auch ein negativer Test für den Zutritt vorgelegt werden. Auch das gilt alles bis zum 7. April.

"Noch vier Monate Abschiedstournee des Infektionsschutzgesetzes und - wenn es dann keine Mutationen gibt - wird es in die Phase der Eigenverantwortung übergehen müssen", so der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert.

27.12.2022 | 05:02 min

Und wie sieht es in den Bundesländern aus?

Die Bundesländer können ihm Regionalverkehr selbst entscheiden, ob und welchen Masken noch getragen werden müssen. Das gilt auch für die Frage, ob sich jemand mit positivem Corona-Test zwingend zu Hause isolieren muss.
Bayern und Sachsen-Anhalt haben die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln bereits abgeschafft, in Schleswig-Holstein läuft die Maskenpflicht zum Jahresende aus. Andere Bundesländer halten an der Pflicht fest oder wollen im Januar neu entscheiden. Von der Isolationspflicht haben sich Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz verabschiedet. Andere lassen mehr Vorsicht walten und wollen bis nach dem Winter warten.

Wie schnell könnten die letzten Maßnamen fallen?

Das könnte theoretisch schnell gehen, praktisch sieht es aber nicht danach aus. Denn dafür müssten sich alle drei Ampel-Parteien einig sein. SPD und Grüne sind im Gegensatz zur FDP dafür, die bundesweiten Regeln bis zum Frühjahr beizubehalten. Wäre sich die Regierung einig, könnte sie per einfacher Verordnung, ohne dass der Bundestag das Infektionsschutzgesetz noch einmal ändern muss, die Regeln außer Kraft setzen. Doch die Regierung ist sich nicht einig.  

Warum gibt es in China eine große Corona-Welle?

Nach fast drei Jahren strikter Maßnahmen hat Chinas Führung am 7. Dezember abrupt ein Ende seiner umstrittenen Null-Corona-Politik verkündet. Seit Beginn der Pandemie sah die Strategie von China vor, das Virus so gut es geht einzudämmen und selbst kleinste Ausbrüche mit Lockdowns, Massentests und Zwangsquarantänen zu bekämpfen. Doch konnten die Maßnahmen am Ende gegen die leichter übertragbare Omikron-Variante nicht mehr viel ausrichten.
Nun kommen fast alle Chinesen erstmals mit dem Virus in Kontakt. Wissenschaftler warnen, dass die gewaltige Corona-Welle neue Varianten hervorbringen könnte, die dann auch ihren Weg nach Deutschland finden würden.
Quelle: J. Ratzsch, A. Stein, G. Groß und J. Petring, dpa

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