: Spahn will härtere Sanktionen bei Bürgergeld

14.01.2024 | 02:10 Uhr
Um Jobverweigerern Gelder zu streichen, fordert Jens Spahn, die Verfassung zu ändern. Pläne von Arbeitsminister Heil gehen in diese Richtung. Spahn gehen sie nicht weit genug.
Spahn ist der Ansicht, wem ein Jobangebot gemacht werde, der habe die Pflicht, dieses auch zu nutzen. Quelle: Imago Images
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) hat sich dafür ausgesprochen, für eine Streichung des Bürgergelds für Jobverweigerer das Grundgesetz zu ändern. "Menschen, die arbeiten können und ein Jobangebot erhalten, dies aber nicht annehmen, sollten im Grunde kein Bürgergeld mehr bekommen", sagte Spahn den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND).
Wenn hier eine generelle Streichung durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht gedeckt ist, sollten wir eben die Verfassung ändern.
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU)
Wem ein Angebot gemacht oder wer gefördert werde, der habe laut Spahn die Pflicht, dies auch zu nutzen. "Wer sich dann immer noch verweigert, kann sich nicht darauf verlassen, durch andere finanziert zu werden. Das lässt sich so auch in die Verfassung aufnehmen."

Heil kündigt Sanktionsmöglichkeiten an

Die jüngst von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) geplanten Sanktionsverschärfungen im Bürgergeld seien ein erster Schritt in die richtige Richtung, "aber sie reichen noch lange nicht aus", sagte Spahn.
Heil hatte angekündigt, "Sanktionsmöglichkeiten gegen Totalverweigerer" verschärfen zu wollen. Lediglich die Wohnkosten soll der Staat dann noch übernehmen, damit die Betroffenen nicht obdachlos werden.

Arbeitsminister Heil (SPD) kündigt an, mit härteren Sanktionen gegen "Totalverweigerer" vorzugehen. Das Bürgergeld sei "kein bedingungsloses Grundeinkommen", sagt er im ZDF.

07.01.2024 | 05:18 min
Das Bundeskabinett hatte am Montag grünes Licht für die geplanten Verschärfungen gegeben. So sollen Jobcenter künftig Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate komplett streichen können, wenn die Betroffenen eine Arbeitsaufnahme nachhaltig verweigern.

Was ist das Bürgergeld?

Das Bürgergeld ist die Sozialleistung, die früher als Arbeitslosengeld II oder umgangssprachlich Hartz IV bezeichnet wurde. Es ist eine Grundsicherung für Arbeitssuchende, soll also Menschen den Lebensunterhalt sichern, die arbeiten können, deren Einkommen aber nicht zum Leben reicht. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales definiert das Bürgergeld als "Leistung des Sozialstaats zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums".

Wie viel Bürgergeld gibt es monatlich?

  • Seit Anfang 2023 erhalten Alleinstehende 502 Euro pro Monat - ab Anfang 2024 sollen es 563 Euro sein.
  • Mit Partnern zusammenlebende Erwachsene erhalten bisher 451 Euro - künftig 506 Euro.
  • Für Jugendliche im 15. Lebensjahr bis unter 18 Jahre fließen 420 Euro - künftig sollen es 471 sein.
  • 348 Euro erhalten Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres - künftig sollen es 390 Euro sein.
  • Für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres fließen derzeit 318 Euro - ab 2024 dann 357 Euro.

Was ist der Unterschied zum Arbeitslosengeld?

Arbeitslosengeld I steht Menschen zu, die in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben und arbeitslos werden. Es wird maximal 24 Monate ausgezahlt - danach folgt das Bürgergeld. Anders als beim Bürgergeld ist die Höhe des Arbeitslosengelds abhängig vom vorherigen Einkommen.

Wer hat Anspruch auf Bürgergeld?

Laut Bundesagentur für Arbeit erhalten Menschen Bürgergeld, wenn sie erwerbsfähig und leistungsberechtigt sind und damit mindestens folgende Bedingungen erfüllen:

  • Sie sind mindestens 15 Jahre alt und haben die Altersgrenze für Rente noch nicht erreicht.
  • Sie wohnen in Deutschland und haben hier ihren Lebensmittelpunkt.
  • Sie können mindestens drei Stunden pro Tag arbeiten.
  • Sie oder Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft sind hilfebedürftig.

Hilfebedürftig bedeutet, dass das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft unter dem Existenzminimum liegt und sie den Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Mitteln bestreiten können. Erwerbsfähig bedeutet, dass keine Krankheit oder Behinderung sie hindert, eine Arbeit aufzunehmen. Auch wer nicht erwerbsfähig ist, kann Bürgergeld erhalten, wenn die Person mit einer erwerbsfähigen und leistungsberechtigten Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebt.

Was gilt für Menschen, die Asyl suchen?

Asylbewerber*innen und Geduldete bekommen in der ersten 18 Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland kein Bürgergeld, sondern Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Erst nach anderhalb Jahren steht ihnen Bürgergeld zu. Laut neuem Asylbeschluss soll sich das aber ändern: Künftig sollen sie erst nach 36 Monaten Anspruch auf Bürgergeld haben.

Eine Ausnahme wurde für Menschen aus der Ukraine getroffen, die vor Russlands Krieg geflüchtet sind: Sie zählen nicht als Asylbewerber und haben nach der Flucht Anspruch auf eine Grundsicherung - also auch das Bürgergeld.

"Die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme muss tatsächlich und unmittelbar bestehen und willentlich verweigert werden", heißt es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur im entsprechenden Entwurf eines Haushaltsfinanzierungsgesetzes.

Kritik an Heils Plänen

Die Grünen halten die geplante Streichung aber für voraussichtlich verfassungswidrig. "Das Bundesverfassungsgericht hat 2019 geurteilt, dass Sanktionen im Regelfall nur bis zu einer Höhe von 30 Prozent gerechtfertigt werden können", sagte Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch kürzlich der Düsseldorfer "Rheinischen Post".

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will Bürgergeldempfängern bei Arbeitsverweigerung die Leistungen weitgehend kürzen. Kritik kommt von den Sozialverbänden.

29.12.2023 | 01:25 min
Kritik an Heils Plänen kommt auch von den Gewerkschaften. IG-Metall-Chefin Christiane Benner kritisierte die Pläne als "reine Symbolpolitik". "Wir haben eine äußerst geringe Zahl radikaler Jobverweigerer", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

IG-Metall-Chefin: "Lasst doch mal die Kirche im Dorf"

Benner attackierte die Union, die eine unschöne Polarisierung betrieben habe. "Herr Merz und Herr Söder spielen Mindestlohnempfänger gegen Bürgergeldempfänger aus. Das ist unverantwortlich", sagte sie.
Lasst doch mal die Kirche im Dorf. Es geht hier um Menschen, denen es ökonomisch beschissen geht.
Christiane Benner, IG-Metall-Chefin

Als Ausgleich für die Inflation ist der Regelsatz beim Bügergeld ab Januar deutlich gestiegen.

05.01.2024 | 01:40 min
Die IG-Metall-Chefin sagte, hier werde "nach unten getreten, obwohl es schwarze Schafe häufig auf der Kapitalseite gibt - Steuerflucht, Betrug, Täuschung. Und die verursachen größeren Schaden, auch gesellschaftlich, als die wenigen Bürgergeldempfänger, auf die sich die Diskussion gerade einschießt."
Quelle: dpa, AFP

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