: "Für Inszenierung zu idiotisch inszeniert"

von Torben Schröder
05.05.2023 | 00:32 Uhr
War der Drohnenangriff auf den Kreml fingiert oder nicht? Während Ex-US-General Hodges von einer Inszenierung ausgeht, bringt Grünen-Politiker Trittin die Wagner-Gruppe ins Spiel.
Weder die USA noch die ukrainische Regierung stecken hinter dem Drohnenangriff auf den Kreml. Davon ist zumindest die Runde in der ZDF-Sendung "maybrit illner" überzeugt. "Für eine Inszenierung war das zu idiotisch inszeniert", sagt Jürgen Trittin (Grüne). Er halte es eher für wahrscheinlich, "dass wir hier eine Auseinandersetzung innerhalb des Machtapparates erleben".
So beschwere sich der Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, seit Wochen über mangelnde Materiallieferungen und spreche im Zusammenhang mit der geplanten ukrainischen Frühjahrsoffensive von einer drohenden Katastrophe. Da scheine es nicht ausgeschlossen, "dass wir es hier mit Signalen zu tun haben, die innerhalb des Machtapparates gesetzt werden", sagte Trittin.

Ex-Generalleutnant geht von inszeniertem Angriff aus

Generalleutnant a.D. der US-Army, Ben Hodges, spricht hingegen von einem fingierten - und "ziemlich schwach ausgeführten" - russischen Angriff auf sich selbst: Die Reaktion war zu schnell und zu vorbereitet.
Der Kreml ist wahrscheinlich die bestgeschützte Einrichtung des Planeten.
Ben Hodges, Generalleutnant a.D.
Wer die Videos gesehen habe, wisse, "dass das kein Schlag war, der das Ziel hatte, den Kreml zu vernichten oder Präsident Putin zu töten". Das sei ein schlecht ausgeführter Versuch des Kremls gewesen, Russland als Opfer darstellen zu können.
Damit gewinne Putin die Unterstützung der Bevölkerung. Er halte auch die Möglichkeit einer Beteiligung aus dem Inneren des Kremls für möglich, sagte Hodges. Innerhalb der russischen Führungsebene gebe es "viel Inkohärenz" und Streit.
Die ZDF-Auslandsreporterin Katrin Eigendorf pflichtet bei. Die Aktion solle das Narrativ eines bedrohten Russlands und die Kriegsunterstützung in der Bevölkerung stärken.
So schätzen Militärexperten und ZDF-Korrespondenten vor Ort den Vorgang ein:

Debatte über Waffenlieferungen - Was will der Westen?

Ein weiteres Thema bei "maybrit illner": die westliche Unterstützung - und welche genauen Ziele die Staaten damit verknüpfen. Die USA und Deutschland machen, sagt Hodges, immer kurz vor dem Punkt Halt, dass die Ukraine den Krieg gewinnen soll. Mangels klarer Zieldefinition gehe es bei den Waffenlieferungen aber nur Schritt für Schritt.
Das Ergebnis sollte natürlich sein, dass die Ukraine gewinnen soll.
Generalleutnant a.D. Ben Hodges
Trittin verweist auf die rote Linie, die Ukraine in ihrer Befähigung zur Selbstverteidigung zu unterstützen, ohne selbst in eine militärische Auseinandersetzung mit Russland zu geraten. Da seien Deutschland, USA und Frankreich eng beieinander. Es gelte, die Ukraine in die Lage zu versetzen, dass ihr kein Kriegsende aufgezwungen werden kann.

ZDF-Reporterin: Integrität der Ukraine wieder herstellen

"Wir müssen eine Situation erreichen, dass wir nicht einen offenen Konflikt im Kern Europas behalten. Dann haben wir Nahost-Verhältnisse", sagt Eigendorf. Es gelte, die Integrität der Ukraine wiederherzustellen.
Ein Frieden ist auch mit Putin möglich.
Katrin Eigendorf, ZDF-Auslandsreporterin
Dem russischen Präsidenten Putin müsse die Möglichkeit eines gesichtswahrenden Auswegs gegeben werden. Mit Blick auf die Stimmung in der Bevölkerung und die begrenzte Verfügbarkeit von Soldaten stehe das ukrainische Militär unter dem Druck, den Krieg möglichst bald zu beenden.

Hodges: Befreiung der Krim würde alles ändern

Theveßen vernimmt aus den USA das Signal an die Ukraine, dass die Frühjahrsoffensive erhebliche Gewinne bringen und Druck auf den Kreml erzeugen müsse, damit der Krieg möglichst in diesem Jahr beendet werden könnte. Denn danach drohe das Szenario eines US-Präsidenten Trump, der Deals mit Putin macht.
Hodges rechnet damit, dass die Ukraine nun versuchen wird, die Krim zu isolieren, um dann mehr langstreckenfähige Präzisionswaffen einzusetzen. Das könne im Spätsommer gelingen. "Die Befreiung der Krim würde alles ändern", sagt Hodges.

Asselborn: Wenn Putin den Krieg verliert, ist er weg

"Die Essenz dieses Regimes Putin ist der Krieg. Wenn Putin den Krieg verliert, ist er weg", sagt der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. Die Gefahr bestehe, dass mit Putin kein Waffenstillstand zu machen sei. Die Ukraine dürfe den Krieg nicht verlieren. Denn:
Dann steht Putin vor Polen.
Jean Asselborn, Luxemburgs Außenminister
Die Krim gehöre unzweifelhaft zur Ukraine. Die wirksamste Sicherheit gebe das Nato-Bündnis. Auch Putin werde nicht wagen, es anzugreifen.
Zum Thema EU-Beitritt sagt Asselborn: "Wir haben der Ukraine den Kandidatenstatus angeboten und müssen zu einer Konklusion kommen. Wir können nicht 15 Jahre warten." Trittin fordert belastbare Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Wenn weiter ein hybrider Krieg drohe, werde dort niemand investieren.
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