FAQ

: Macht der Weltklimarat auch mal Fehler?

von Mark Hugo
03.12.2023 | 07:51 Uhr
Wenn auf der Weltklimakonferenz verhandelt wird, sind Fakten die Grundlage. Die liefert der Weltklimarat IPCC. Aber wie arbeitet er eigentlich? Und wie solide sind dessen Berichte?
Schmelzende Eisschollen in der Arktis, Dürre in Afrika, Wirbelstürme in den USA: Der Weltklimarat trägt Studien aus aller Welt zum Klimawandel zusammen.Quelle: dpa
Wenn sich der Weltklimarat - offiziell als Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) bezeichnet - alle paar Jahre mit Daten, Warnungen und Empfehlungen zum Klimawandel zu Wort meldet, lässt das aufhorchen. Seine Berichte sind Basis für politische Entscheidungen und auch für die Verhandlungen auf den Weltklimakonferenzen (COPs). So auch in diesem Jahr in Dubai.

Seit 1995 die erste UN-Klimakonferenz stattfand, geht es um nichts weniger als den Stopp des Klimawandels. Bringen Weltklimakonferenzen wirklich etwas? Oder sind sie überflüssig?

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Welche Aufgabe hat der Weltklimarat?

Er soll die Regierungen der Welt neutral über den Stand der Wissenschaft zum Klimawandel informieren und mögliche Gegenmaßnahmen empfehlen. Dazu wurde er bereits 1988 von der UN-Umweltorganisation (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) gegründet.
Dem IPCC als wissenschaftliches und zugleich zwischenstaatliches Gremium gehören 195 Staaten an, die Expertinnen und Experten entsenden. Sitz des IPCC ist Genf. Seit Sommer 2023 ist der Brite Jim Skea Vorsitzender des Rates. Er löste den Südkoreaner Hoesung Lee ab.

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Wie kommen die Berichte zustande?

Tatsächlich forscht der IPCC selbst nicht. Er wertet aber Tausende Studien aus aller Welt aus und trägt die Ergebnisse in seinen Berichten zusammen. Beteiligt sind daran Hunderte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie kommen aus der Klima- und Meeresforschung, aber auch aus den Bereichen Ökonomie, Statistik, Sozialwissenschaft und Gesundheit. Das Kernteam besteht jeweils aus 30 bis 40 Forschenden und Gutachtern.
Alle fünf bis sechs Jahre veröffentlicht der IPCC sogenannte Assessment Reports (AR), die umfassende Überblicke über den Stand der Forschung geben. 2022 und 2023 erschien in mehreren Etappen (Erkenntnisse, Folgen, Handlungsempfehlungen) der sechste AR. Daneben gibt es Sonderberichte, etwa zur Landnutzung oder zur Erreichbarkeit des 1,5-Grad-Limits von Paris.

Wie solide sind die IPCC-Fakten?

Der IPCC arbeitet akribisch und transparent und legt großen Wert auf wissenschaftliche Neutralität. Die verwendeten Studien haben in der Regel ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen - sind also von anderen Wissenschaftlern begutachtet worden. Daneben können mehrere tausend wissenschaftliche Gutachter Kommentare oder Kritik zu den Inhalten einreichen, die alle geprüft werden müssen.
Am Ende geht das IPCC-Plenum den Bericht Zeile für Zeile nochmals durch und muss ihn dann im Konsens verabschieden. Die wissenschaftliche Basis muss solide sein. Nur eine Zusammenfassung des Berichts für politische Entscheidungsträger muss zusätzlich von Regierungsvertretern der Mitgliedsstaaten abgesegnet werden. Ziel dieser Verfahren ist es nach eigener Aussage, die Ergebnisse so "robust, verständlich und ausgewogen wie möglich" zu machen.

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Gibt es trotzdem Kritik?

Natürlich. Häufig wird dem IPCC vorgeworfen, bei der Bewertung der Gefahren zu zurückhaltend zu sein - geschuldet dem Umstand, dass im Konsens verabschiedet werden muss. Da bleiben vorsichtige Formulierungen bei Unstimmigkeiten oft nicht aus.
Umgekehrt gibt es aber auch immer wieder Kritik an einzelnen Darstellungen bis hin zum Vorwurf der generellen Panikmache. Und natürlich an Fehlern, wenn sie denn passieren.

Passieren dem IPCC denn Fehler?

Ja, wenn auch selten. Für berechtigte Kritik sorgte etwa der "Himalaya-Fehler" im vierten Sachstandbericht 2007 - ausgerechnet in dem Jahr, in dem der IPCC mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Behauptet wurde, die Gletscher des Himalaya würden mit hoher Wahrscheinlichkeit schon bis 2035 oder früher verschwinden.
Die Aussage war wissenschaftlich nicht belegt und widersprach den Qualitätskriterien. Es stimmt zwar damals wie heute, dass die Gletscher weltweit auf dem Rückzug sind und sich diese Entwicklung beschleunigt. Im Himalaya aber ist die Entwicklung uneinheitlich, was eine so präzise Vorhersage verbietet. Zudem versäumte es der IPCC, schnell und angemessen darauf zu reagieren.

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Der IPCC hat sein Fehlermanagement inzwischen überarbeitet. Unter dem Strich ist bei Berichten, die rund 3.000 Seiten umfassen, die Quote nachgewiesener Fehler äußerst gering. Zentrale Aussagen mussten noch nie revidiert werden.

Was hat sich über die Jahre geändert?

Die Klimaforschung ist besser und umfangreicher geworden, was zu mehr Arbeit für den IPCC, aber natürlich auch zu belastbareren Aussagen geführt hat. Die anfangs noch diskutierte Frage, ob der Mensch den Klimawandel verursacht oder mitverursacht, ist schon länger unstrittig.
Umso mehr rückt in den letzten Jahren der Blick auf Folgen und mögliche Lösungen in den Fokus. Eine immer größere Rolle spielt die Attributionsforschung, die Ereignisse wie Fluten oder Dürren immer klarer im Kontext der Erderwärmung zuordnen kann.
Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion

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