: Warum Polen seine Leopard-Panzer aussortiert

von Thomas Dudek
12.01.2023 | 21:00 Uhr
Es gibt viele offene Frage bezüglich der Ankündigung Polens, der Ukraine einige seiner Leopard-Panzer zu liefern. Deutsche Kampfpanzer, auf die Polen langfristig nicht setzen wird.
Polens Präsident ist bereit, Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern. Seine Ankündigung setzt die Bundesregierung unter Druck.Quelle: dpa
Das gestrige Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodomyr Selenskyj mit Andrzej Duda und Gitanas Nauseda, seinen Amtskollegen aus Polen und Litauen, im westukrainischen Lwiw hatte sehr viel Symbolcharakter. Denn zuletzt trafen sich die drei Staatsoberhäupter im Rahmen des "Lubliner Dreiecks", einer vor drei Jahren entstandenen regionalen Initiative, ausgerechnet am 23. Februar vergangenen Jahres in Kiew. Nur Stunden, bevor Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine begann.
Doch zu dem Symbolcharakter des Treffens der drei Staatsoberhäupter kam noch eine Absichtserklärung des polnischen Präsidenten Duda hinzu, die in der Bundesregierung nach der Diskussion über das Patriot-Flugabwehrsystem vor einigen Wochen, erneut für einigen Unmut sorgen dürfte. Denn als erster ranghoher verantwortlicher Politiker eines Nato-Staates kündigte Duda die Bereitschaft zur Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine an, auch wenn er mehrmals betonte, dass dies innerhalb einer internationalen Koalition erfolgen soll.
"Wir sind zu der Entscheidung gekommen, dass solch eine Unterstützung durch die polnische Seite erfolgen wird. Im Rahmen einer entstehenden Koalition wird der Ukraine eine Kompanie übergeben. Für das Vorhaben müssen eine ganze Reihe von Formalitäten, Genehmigungen und anderen Dinge erfüllt werden", sagte Duda und stellte auch klar:
So eine Entscheidung ist in Polen schon gefallen.
Polens Staatspräsident Andrzej Duda

Panzer-Ankündigung erhöht Druck auf Bundesregierung

Es ist eine Ankündigung, die vor allem Berlin unter Druck setzt. Denn ohne eine Genehmigung der Bundesregierung darf kein Land seine in Deutschland hergestellten Leopard-Panzer an einen dritten Staat weitergeben. Spätestens vergangene Woche, nachdem das Bundeskanzleramt die Lieferung von 40 Marder-Schützenpanzern an die Ukraine angekündigt hat, wuchs auch der internationale Druck auf Berlin, sein bisheriges Nein zu den Leopard-Panzern aufzugeben.
Als besonders laut erwies sich dabei Polen. Bereits Ende vergangener Woche berichtete das "Wall Street Journal", dass Polen bereit sei, einige seiner Leopard 2-Panzer der Ukraine zu überlassen und berief sich dabei auf einen ranghohen polnischen Diplomaten.
Ministerpräsident Mateusz Morawiecki wiederum erklärte, dass Polen nicht vorhabe, diesen Schritt allein zu gehen, man aber "Gespräche führe, die zu der Entstehung einer breiten Koalition aus Staaten führen soll, die das schwere, moderne Gerät übergeben könnten". Wie Morawiecki betonte, habe er auch mit Bundeskanzler Olaf Scholz vor einigen Wochen über das Thema gesprochen.
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Viele Fragen zu Leopard-Panzern sind noch offen

Bei all den Ankündigungen ist jedoch unklar, wie viele seiner Leopard-Panzer Polen überhaupt der Ukraine zu übergeben bereit ist, auch wenn in polnischen Medien von 14 Stück die Rede ist. "In der Nato besteht eine Panzerkompanie aus 14 Panzern. In der ukrainischen Armee jedoch aus elf", erklärt Marek Świerczyński, Militärexperte des polnischen Analysezentrums Polityka Insight. "Und genaue Angaben, wie viele Leopard-Panzer man der Ukraine übergeben möchte, hat die polnische Regierung bisher nicht gemacht", so Świerczyński weiter.
Unklar ist auch, welche Leopard 2-Modelle Polen bereit ist, der Ukraine abzugeben. Denn von den 249 Stück, die nach der Übergabe von über 200 Panzern sowjetischer Bauart an die Ukraine das Rückgrat der polnischen Panzerarmee darstellen, sind 142 Leopard 2 A4-Modelle. Diese wurden in den 1980er Jahren produziert und vor 20 Jahren der polnischen Armee von der Bundeswehr übergeben.
"Im Dezember 2015 leitete das Verteidigungsministerium deren Modernisierung ein. Vor zwei Jahren hätte diese abgeschlossen sein sollen. Doch diese wurde bis 2027 verlängert. Bisher wurden schätzungsweise 49 Stück modernisiert. Genaue Zahlen fehlen aber", erläutert Świerczyński.
Daher ist es wahrscheinlich, dass man der Ukraine zuerst die unmodernisierten Fahrzeuge übergibt.
Marek Świerczyński
Sollte Polen aus Berlin grünes Licht für die Lieferung der Leopard-Panzer bekommen, würde damit die polnische Armee aber ihren Abschied von den deutschen Kampfpanzern einläuten. "Polen hat insgesamt 366 Abrams-Panzer in den USA bestellt und 180 K2-Panzer in Südkorea. Es wird zwar dauern, bis diese vollständig geliefert worden sind. Doch langfristig werden sie die Leopard 2-Panzer in der polnischen Armee ersetzen", sagt Świerczyński.
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