: Pistorius verspricht in Kiew Leopard-1-Panzer

von Thomas Reichart, Kiew
07.02.2023 | 16:19 Uhr
Verteidigungsminister Pistorius kündigt in Kiew die Lieferung von über hundert Leopard-1-Panzern an - zusätzlich zu den modernen Leopard 2. Forderungen nach Kampfjets lehnt er ab.
In einem der seltenen ruhigen Momente während dieses langen Tages in Kiew steht Boris Pistorius (SPD) mit verschränkten Armen in einem leeren Konferenzsaal des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Er ist nachdenklich, sichtlich berührt von dem Treffen eben.

Pistorius spricht vor ukrainischen Soldaten

Im Saal nebenan hatte der Bundesverteidigungsminister ein paar Minuten zuvor zu Soldaten gesprochen, die gerade zurückgekehrt waren von der Front. Und die nun zur Ausbildung an Leopard-2-Kampfpanzern nach Deutschland aufbrechen sollten.
"Es ist mir eine Ehre", sagte Pistorius, "die Soldaten der Streitkräfte der Ukraine zu Gast zu haben. Die Aufgabe, vor der sie stehen, beeindruckt mich tief."
ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf berichtet vor Ort von dem Besuch:

Selfie mit Minister Pistorius

Nach der Rede wollen die Soldaten Selfie-Fotos mit dem Minister aus Deutschland. Ernste Gesichter stellen sich da in Pose, leuchten nur kurz auf für den Fotomoment. Man kann nur ahnen, was sie zuvor an Orten wie Bachmut oder anderswo gesehen und erlebt haben.
Nach zwölf Stunden Zugfahrt war Verteidigungsminister Boris Pistorius am Morgen in Kiew eingetroffen. Auf dem Weg in die Ukraine betonte Pistorius gegenüber dem ZDF, dass Deutschland in Europa neben Großbritannien der größte Unterstützer des Landes sei.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius im Zug nach KiewQuelle: ZDF
Die militärische Hilfe belaufe sich inzwischen auf rund 3,3 Milliarden Euro. Hinzu kommen die gerade erst zugesagten 14 Leopard 2A6.
Pistorius hofft, dass andere Länder in Europa ihren Versprechen nachkommen und ebenfalls Leopard-2-Panzer liefern. Das Ziel seien zwei Bataillone. Noch fehlt dafür allerdings eine ganze Reihe von Zusagen.

Pistorius: Deutsche Hilfe "ein gutes Gefühl"

Welchen Unterschied westliche Waffensysteme machen, konnte Pistorius an diesem Tag am Stadtrand von Kiew sehen. Versteckt an einem geheimen Ort hat dort ein Gepard-Panzer seine Stellung. Drei Raketen und eine Drohne, die auf die Stadt und ihre Versorgung zielten, erzählt die Besatzung habe sie in den letzten sechs Monaten schon abgeschossen.
Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow nahm an diesem Dienstag von Pistorius einen Mini-Leopard 2 entgegen:
Tweet von Verteidigungsminister Olexij Resnikow
Für Verteidigungsminister Pistorius ist es der Moment, da er der deutschen Waffenhilfe für die Ukraine am allernächsten kommt. "Wenn man hier steht und das Material aus Deutschland sieht," so Pistorius, "und sieht wie, wie schnell sie in der Lage sind, das Gerät erfolgreich zu bedienen, dann ist das ein gutes Gefühl."

Ukraine erhält auch Leopard-1-Panzer

Beim Treffen mit dem ukrainischen Verteidigungsminister Oleksij Resnikow hat Pistorius dann noch eine Überraschung parat. Er kündigt zusätzlich zu den Leopard 2 die Lieferung älterer Leopard 1 an – im Verbund mit anderen europäischen Ländern.
Ich kann Ihnen mitteilen, dass wir uns verständigt haben, mit einer Gruppe verschiedener europäischer Länder ein großes Kontingent von Leopard A1 zu liefern.
Verteidigungsminister Boris Pistorius
Die Lieferung werde in Etappen erfolgen. "Bis Sommer ca. 20, 25." Bis Anfang nächsten Jahres sollen es insgesamt über 100 Leopard 1 sein.
Die Bundesregierung genehmigt die Ausfuhr des Leopard 1 in die Ukraine. Einige Exemplare vom älteren Modell lagern in Rüstungsfirmen.
Die Ukraine wiederum wiederholt ihre Forderung nach Kampfjets. Wenn auch auf eher zurückhaltende Weise. "Wir haben nicht über Namen oder Marken gesprochen", sagt Verteidigungsminister Resnikow. "Unsere Verbündeten und Partner werden am Ende entscheiden, welche Plattform gut ist für die Ukraine."

Berlin bleibt bei Nein zu Kampfjets

Pistorius bleibt in Kiew dagegen bei seinem Nein zu Kampfjets und begründet das öffentlich vor allem so: Mit der Lieferung all der Kampfpanzer und weiterer Waffen sowie von Luftabwehrsystemen seien alle schon mehr als genug gefordert. Der Wunsch aus Kiew, so viel scheint klar, wird bleiben. Und wieder kommen.
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